ARBEITGEBERVORSCHLÄGE
ZUR KONFERENZ ZUR ZUKUNFT EUROPAS
Wir alle sind aufgerufen, in der Konferenz zur Zukunft Europas die künftigen Herausforderungen und Prioritäten Europas zu erörtern und unsere Vision für die Zukunft der Europäischen Union zu artikulieren.
Mit unserem Positionspapier zur Zukunft Europas werden wir uns in den kommenden Monaten intensiv in die Diskussion einbringen. Allen Ideen ist ein Ziel gemein: Mit einer „Wirtschaftsagenda 2030“ sollte Europa die Weichen stellen, um auch in Zukunft ein starker, wettbewerbsfähiger Standort zu sein. Dafür müssen wir den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern das Leben leichter machen: Abbau von Hindernissen im gemeinsamen Binnenmarkt, Förderung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, Bürokratieentlastung und „one in, one out“, flexible Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gestaltungsspielräume und Unterstützung für die Sozialpartner in den Mitgliedstaaten, Investitionen in Bildung und Innovationsfähigkeit – und über allem das viel zitierte Credo „groß in großen, klein in kleinen Fragen“.
Sie können die Publikation hier downloaden auf Deutsch und
hier auf Englisch downloaden .
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EUROPÄISCHE INTEGRATION
Geltende Verträge
mit Leben füllen
- Die deutschen Arbeitgeber bekennen sich zur europäischen Integration und zu den Werten der Union (Art. 2 EUV), sie sind aktueller denn je
- Wir Arbeitgeber wollen die Ziele der EU (Art. 3 EUV) voranbringen: den Binnenmarkt und eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, Vollbeschäftigung, soziale Gerechtigkeit sowie den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt
- Jedes Tätigwerden der EU muss richtigerweise das Subsidiaritätsprinzip und die Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Abs. 3 und 4 EUV) respektieren: Entscheidungen sollen auf möglichst unterer Ebene und bürgernah getroffen werden und nicht über das unbedingt Erforderliche hinausgehen
- Deshalb muss der Fokus auf Kernaufgaben liegen: Die EU soll künftig nur dort tätig werden, wo sie einen Mehrwert bringt – sie soll „groß in großen, klein in kleinen Fragen“ sein
- Die EU soll stärker mit einer Stimme sprechen, wo dies nötig ist: In der Außen- und Sicherheitspolitik sollte sie zu Mehrheitsentscheidungen befähigt werden. Wenn die EU international wahrgenommen werden möchte, muss sie als ein Akteur auftreten. Jeder Mitgliedstaat – auch die großen – ist für sich genommen zu klein, weltpolitische Fragen auf Augenhöhe mit anderen Akteuren lösen zu können
SOZIALPARTNER
Sozialer Dialog als treibende Kraft
der Sozialen Marktwirtschaft
- Die Sozialpartner haben laut den EU-Verträgen eine besondere Rolle: Sie müssen bei neuer Gesetzgebung in der EU-Sozialpolitik gemäß Art. 154 AEUV angehört werden und können Sozialpartnervereinbarungen nach Art. 155 AEUV abschließen
- Der Europäische Soziale Dialog ist ein wirkungsvolles Instrument, um die EU-Sozialpolitik aktiv mitzugestalten und einen Beitrag zur EU-Integration zu leisten; die EU und die Mitgliedstaaten können den Sozialen Dialog und die Sozialpartnerschaft europaweit noch weiter stärken
- Für eine starke soziale Dimension Europas braucht es keine neue Regulierung: Die Sozialpartner wissen selbst, was für Beschäftigte und Unternehmen am besten ist. Das Ziel hoher Beschäftigung und Qualifikation eint sie
- Eine funktionierende Sozialpartnerschaft braucht Raum zur Gestaltung der Arbeitswelt, um praxisnahe und zielgerichtete Ergebnisse mit Mehrwert zu schaffen; sie darf nicht durch Vorlage politischer Gesetzgebung ausgebremst werden, wie mit der Vorlage der Mindestlöhne-Richtlinie
- Die Pflichten der Kommission bei der Umsetzung von Sozialpartnervereinbarungen müssen nach dem EuGH-Urteil klargestellt und wenn nötig rechtlich festgelegt werden, damit die Sozialpartner nicht vorab davon abgehalten werden, Sozialpartnervereinbarungen abzuschließen
SOZIALPOLITIK
Kompetenzen bei Mitgliedstaaten
und Sozialpartnern belassen
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- Die Debatte um eine neue Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten muss ehrlich geführt werden: In welchen Bereichen wollen wir mehr Europa?
- Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik in den Mitgliedstaaten ist höchst unterschiedlich und den nationalen Gegebenheiten entsprechend gewachsen. Das Ziel starker Arbeitsmärkte eint Europa – die Wege dorthin dürfen und können nicht zentral vorgegeben werden
- Deshalb liegt die Sozialpolitik laut Art. 153 Abs. 1 AEUV Union ausdrücklich in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten: Die EU „unterstützt und ergänzt“ lediglich in genau festgelegten Bereichen
- Richtigerweise werden einige Kernbereiche, wie die Grundprinzipien und das finanzielle Gleichgewicht der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit, vor Vergemeinschaftung geschützt – und dies soll künftig so bleiben
- Die konkreten Gesetzgebungsvorschläge zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte drohen die wohl ausgewogene Balance zwischen den Kompetenzen der EU und der Mitgliedstaaten zu kippen: Viele Prinzipien der Säule verwischen, wer konkret zuständig ist und wo die EU laut den Verträgen Kompetenzen hat
- Pläne, die Europäische Säule sozialer Rechte in ein neues „soziales Regelwerk“ zu überführen, sind falsch – einheitliche Lösungen in einem so unterschiedlich gestalteten Bereich führen selten zu befriedigenden und für alle akzeptablen Ergebnissen
- Statt gesetzlicher Vorgaben sollten wir flexible und praxisnahe Maßnahmen voranbringen, um die gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen: flexible Lösungen in den Betrieben zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie klischeefreie Berufsorientierung und der Ausbau der Kinderbetreuungs- und Ganztagsschulangebote
- Wegen der primären nationalen Zuständigkeit darf die Europäische Säule sozialer Rechte nicht in die Verträge integriert werden oder gar ein Protokoll über den sozialen Fortschritt entwickelt werden
- Einige Bereiche der EU-Sozialpolitik benötigen richtigerweise Einstimmigkeit im Rat – das dient dem Schutz der nationalen Kernaufgaben. Mehrheitsentscheidungen dürfen nicht auf diese Bereiche ausgeweitet werden
- Es muss für die Zukunft umso klarer gelten: Subsidiarität achten, nationale Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik respektieren und Kompetenzabgrenzung eindeutig einhalten
BINNENMARKT
Auf dem Weg zum attraktivsten
Wirtschaftsraum weltweit
- In der gegenwärtigen Diskussion um die EU-Sozialpolitik steht nicht im Mittelpunkt, dass eine prosperierende Wirtschaft die Grundlage für ein sozial starkes Europa ist
- Ziel muss es sein, den europäischen Binnenmarkt zum attraktivsten Wirtschaftsraum weltweit zu machen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken
- Sowohl Arbeitnehmer als auch Unternehmen profitieren davon, Teil des Binnenmarktes zu sein und dessen Möglichkeiten ausschöpfen zu können. Ein funktionierender Binnenmarkt mit den vier Grundfreiheiten ist das Fundament für Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit in Europa
- Der Binnenmarkt hilft Unternehmen, ihre Produkte zu verkaufen, Arbeitsplätze zu schaffen und zu investieren und somit ihre Verantwortung in der europäischen Gesellschaft wahrzunehmen
- Nationale Alleingänge, die zur Fragmentierung und zum Protektionismus führen, beschädigen den gemeinsamen Binnenmarkt; bestehende Hindernisse sollen abgebaut und die Einhaltung gemeinsamer Regeln kontrolliert werden
- Ein Beispiel: Die Entsenderegeln müssen langfristig durch einheitliche, unbürokratische und digitale Regelungen EU-weit vereinfacht werden – um Informationen bereit zu stellen, kann auch die EU-Arbeitsbehörde (ELA) eine Rolle spielen; die Ausnahmetatbestände sollen zeitgemäß ausgestaltet und die arbeits- und sozialrechtlichen Entsendevorgaben besser verzahnt werden
- Neue EU-Gesetzgebung muss stärker auch die wirtschaftliche Entfesselung und Stärkung des Binnenmarktes umfassen; die letzten Arbeitsprogramme der EU-Kommission haben kaum wirtschaftspolitische Maßnahmen beinhaltet
- Wir müssen nach der Covid-19-Pandemie daran arbeiten, mehr wirtschaftliche Dynamik, unternehmerische Freiheit und Raum für Innovationen zu schaffen; zum Beispiel der ganzheitliche Ansatz der neuen Industriestrategie und deren Fokus auf einen Abbau aller Binnenmarkt-Hindernisse muss in weiteren wirtschaftspolitischen Bereichen etabliert werden
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- Im Schengenraum muss die potenzielle Einführung der Grenzkontrollen besser koordiniert werden; der gemeinsame Schutz der Außengrenzen soll weiter gestärkt werden
- Der Stabilitäts- und Wachstumspakt verfolgt das Ziel einer ausgeglichenen Haushaltspolitik und hat sich durch geltende Ausnahmeregeln auch in der Covid-19-Krise bewährt; auch wenn die Komplexität des Gesamtpakets reduziert werden kann, dürfen die Grundprinzipien nicht in Frage gestellt werden
ARBEITSMOBILITÄT
Freizügigkeit europaweit erleichtern,
Talente für die EU gewinnen
- Arbeitnehmerfreizügigkeit bietet den Bürgern in der EU viele Chancen. Um diese für Arbeitskräfte und Arbeitgeber zu realisieren, muss die Binnenmobilität gestärkt, Hindernisse abgebaut und einfach zugängliche Informationen zur Verfügung gestellt werden
- Ein digital gestützter EU-Sozialversicherungspass kann die grenzüberschreitende Mobilität gezielt erleichtern – die EU-Kommission soll einen konkreten Vorschlag machen und ihn intensiv mit Sozialpartnern und Mitgliedstaaten diskutieren
- Aufgrund des demografischen Wandels sowie des zunehmend spürbaren Fachkräftemangels soll die EU die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten weiter fördern und gezielt erleichtern
- Die neue „Blue Card“, als europäische Variante der US-„Green Card“, soll mit ihren vielen Erleichterungen für Antragstellende, Arbeitgeber und Behörden nun ihr gesamtes Potenzial entfalten
BILDUNG
Digitale Transformation durch
Kompetenzentwicklung meistern
- Der Erfolg der europäischen Wirtschaft hängt von richtiger Bildungspolitik ab: von qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie von ihren Ideen und Innovationen
- Europa braucht Fähigkeiten für die Arbeitswelt der Zukunft: Digitale und fachübergreifende Kompetenzen sollen ausgebaut und der Unternehmergeist gefördert werden
- Die vielfältigen europäischen Weiterbildungsangebote und die Investitionen in lebenslanges Lernen müssen voll ausgeschöpft werden, um Arbeitnehmer im Wandel der Arbeitswelt zu unterstützen: etwa durch Stärkung des Vertrauens in Micro-Credentials durch EU-Standards
- Zukunftsstrategien zur Weiterbildung müssen Angebotsverbesserung und Teilnahmeerhöhung in den Fokus stellen – nicht Fragen der Finanzierung. Individuelle Lernkonten etwa sind nur einer von vielen möglichen Wegen, Weiterbildung zu finanzieren
- Europäische Zusammenarbeit soll in der allgemeinen und beruflichen Bildung kontinuierlich gefördert und weiterentwickelt werden; auch die europaweite Mobilität im Bereich der Bildung soll weiterhin gestärkt und ausgebaut werden
INNOVATION UND DIGITALISIERUNG
"Made in Europe" als Marke etablieren
- Für Unternehmen wie Beschäftigte eröffnet die Digitalisierung zahlreiche Chancen. Wir können den digitalen Wandel in Europa aktiv und zum Wohle aller gestalten
- Neue Ideen lassen sich schlecht in alten, abgezäunten Grenzen entwickeln: Sie brauchen Freiraum und wo nötig auch die richtige Unterstützung; konkret heißt das, die Unternehmen brauchen vor allem flexible und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen
- Wichtig ist: Flächendeckende und leistungsfähige digitale Infrastruktur in ganz Europa schaffen; bessere Bedingungen für Gründungen und Innovationen etablieren; mehr Investitionen in digitale Spitzenforschung durch die EU tätigen; im KI-Gesetz Risikoprävention und innovationshemmende Belastungen besser ausgleichen; Förderung vor Vorschriften
- Wir wollen eine nachhaltige Transformation sicherstellen: Der Green Deal soll eine Wachstumsstrategie werden, die sowohl internationale Wettbewerbsfähigkeit garantiert als auch Arbeitsplätze und Wohlstand schafft
DEMOGRAFIE
Generationengerecht
Wohlstand sicherstellen
- Wir sollen generationsübergreifende Solidarität sicherstellen und die Kostendynamik der nationalen Sozialsicherungssysteme offenlegen, um zukunftssichere Lösungen zu ermöglichen; die EU soll regelmäßig einen Bericht dazu vorlegen, ob die nationale Alters-, Gesundheits- und Pflegeversorgung ausreichend finanziert ist und welche Lasten in der Zukunft zu tragen sind
- Die Verlängerung des Arbeitslebens muss erleichtert werden, Austausch und gegenseitiges Lernen mittels innovativer Politikmaßnahmen der Mitgliedstaaten gefördert werden
- Das Beste aus dem Arbeitsleben machen: Eine lange und zufriedenstellende berufliche Laufbahn basiert auf der richtigen Bildungswahl in jungen Jahren, der Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen und der Bereitschaft, sich bei Bedarf weiterzubilden und umzuschulen
INSTITUTIONELLES
Transparente Prozesse für eine
vertrauenswürdige Rechtsetzung
- Die Transparenz der Gesetzgebung muss dringend verbessert werden: Die Rahmenbedingungen der sog. Triloge, interinstitutionelle Verhandlungen, müssen kodifiziert und Arbeitsdokumente zügiger veröffentlicht werden, auch die Diskussionen in den EU-Institutionen sollen möglichst öffentlich stattfinden
- Fristen für Subsidiaritätsrügen durch nationale Parlamente sollen verlängert werden; oft haben die nationalen Parlamente nicht genügend Zeit, den Inhalt und die Rechtsgrundlage des neuen Gesetzgebungsvorschlages zu prüfen
- Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollen eine bessere Um- und Durchsetzung des bestehenden Rechtsstandes sicherstellen, beispielsweise durch Erarbeitung von Leitlinien und verstärkten Einsatz von Implementierungs- und Expertengruppen
- Rechtsstaatlichkeit muss europaweit garantiert werden: Evaluierungsmechanismus für alle Mitgliedstaaten etablieren, Leitlinien für Konditionalitätsmechanismus der EU-Fördergelder zügig erarbeiten
- Die EU-Kommission muss die Konsultationen ergebnisoffen und neutral durchführen, Fragen dürfen nicht gemäß gewünschten Ergebnissen formuliert werden; zudem brauchen wir einen transparenteren und schlankeren Konsultationsprozess mit klaren Kriterien für die Bewertung der Ergebnissen
- Wir brauchen klare Kriterien für die Auswahl der Rechtsgrundlage: Falls die EUVerträge keine klaren Kompetenzen für eine spezifische Gesetzgebung beinhalten, darf die Rechtsgrundlage der anderen Politikbereiche nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen
BÜROKRATIEABBAU
Mutige Entfesselungsoffensive
voranbringen
- Das “One in, one out”-Prinzip kann sicherstellen, dass Bürger und Wirtschaft nicht immer stärker durch Bürokratie belastet werden: Wenn durch neue Regulierung neue Belastungen eingeführt werden, sind die an anderer Stelle abzubauen
- Die Bürokratiebremse muss für alle EU-Politikbereiche verankert werden – inklusive der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik; Ausnahmen von „One in, one out“ sollen möglichst eng gefasst werden
- Die EU und die Mitgliedstaaten sollen darauf achten, dass es bei der nationalen Umsetzung der Richtlinien nicht zu gravierenden Unterschieden und somit zu bürokratischem Mehraufwand für Unternehmen und Beschäftige kommt