Psychische Gesundheit

Es ist ein zentrales Anliegen der Arbeitgeber, dass Beschäftigte motiviert und gesund in ihrem Job tätig sein können. Deshalb engagieren sich die Unternehmen, um Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie sowohl körperlichen als auch psychischen Erkrankungen vorbeugen und die Gesundheit erhalten.
Die Psyche erfährt mehr Akzeptanz

Über die psychische Gesundheit zu sprechen ist zwar noch längst nicht so „normal“ wie über unsere körperliche Verfassung zu sprechen. Allerdings entsteht mehr Verständnis, dass Körper und Geist zusammengehören und beides zu pflegen ist. Als Konsequenz werden Erkrankungen bei Betroffenen früher, besser und häufiger erkannt und behandelt.

Besonders der letzte Punkt erfährt unglücklicherweise noch mehr Aufmerksamkeit als das Thema Psyche selbst: Der Anstieg der Diagnosen von psychischen Erkrankungen in den Statistiken der Kranken- und Rentenversicherungen. Er führt zu der Annahme, dass psychische Erkrankungen nahezu explosionsartig auf dem Vormarsch seien und zwar überall auf der Welt. Dem ist zum Glück nicht so.

Viele Studien zeigen, u.a. vom Robert-Koch-Institut, dass psychische Erkrankungen in der Gesellschaft nicht zunehmen (u.a. Knieps & Pfaff, 2020). Es steigen jedoch die Diagnosen und nähern sich der Zahl derer, die tatsächlich psychisch erkrankt sind. Der Wandel der Arbeit ist demnach nicht gesundheitsgefährdend – allerdings bringt er neue bzw. andere Belastungsfaktoren mit sich, z. B. andere Arbeitsstrukturen und neue Arbeitsmittel.

 
Psychische Erkrankungen können vielfältige Ursachen haben
Eine psychische Erkrankung (bzw. Störung) ist eine krankheitsbedingte Veränderung im Erleben und Verhalten mit Auswirkung auf Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Selbstwahrnehmung. Die Erkrankung muss klinisch diagnostiziert werden und ist meist verbunden mit Leiden und Behinderung des sozialen sowie beruflichen Lebens (siehe die Klassifikationssysteme für Krankheiten ICD-10 bzw. psychischer Störungen DSM-5). Arbeit ist niemals alleinige Ursache für eine psychische Erkrankung (Windemuth, 2014). Psychische Erkrankungen entstehen z. B. aus einem Zusammenspiel unserer Biologie wie unserer Veranlagung, sozialen Faktoren wie unser privates Umfeld und unseren Bewältigungsstrategien bei Konflikten. Typische Erkrankungen sind Depressionen, Angststörungen oder auch Alkoholabhängigkeit. Burnout ist keine psychische Erkrankung (auch nicht nach ICD-11), sondern ein Faktor, der die Entwicklung psychischer Erkrankungen beeinflussen kann.
Welche Rolle spielt nun die Arbeit bei psychischen Erkrankungen?

Grundsätzlich hat Arbeit einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und persönliche Entwicklung. Über die Sicherung des Lebensunterhalts hinaus kann gute Arbeit eine Quelle von Lebenssinn, Selbstvertrauen oder Zufriedenheit sein. Zudem strukturiert Arbeit über weite Teile des Lebens den Ablauf des Alltags, ermöglicht soziale Kontakt und Anerkennung (Enste & Ewers, 2014). Zahlreiche Fachgesellschaften sowie Patientenorganisationen, wie die Stiftung Deutsche Depressionshilfe, unterstützen die Aussage, dass Arbeit z. B. die Genesung von Depressionen unterstützt und vor einer Erkrankung schützen kann. Allerdings können Fehlbelastungen bei der Arbeit (wie permanenter, hoher Zeitdruck, ständige Arbeitsunterbrechungen oder Konflikte) Gesundheitsprobleme mitverursachen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, psychische Störungen zu entwickeln.

Die Arbeitgeber nehmen die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten ernst

Für Unternehmen ist die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten zentral. Denn neben dem Wunsch nach motivierten und zufriedenen Beschäftigten ist klar, dass psychische Erkrankungen zu weniger Leistung, Unfallgefahren und Fehlzeiten führen. Daher ist es auch gesetzliche Aufgabe und Ziel der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Gefährdungen durch psychische Belastung zu reduzieren: Seit 2005 nehmen gefährdende, psychische Belastungsfaktoren wie hohes Arbeitstempo sowie Termin- und Leistungsdruck weiter ab. Im europäischen Vergleich sind die psychischen Anforderungen durchweg geringer als der EU-Durchschnitt. Ein Großteil der Erwerbstätigen in Deutschland (87 %) haben zudem immer oder meistens das Gefühl, sinnvolle Arbeit zu verrichten (Eurofound, 2015). 

Die Sozialpartner engagieren sich zudem in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA), die Praxistipps und Umsetzungsempfehlungen u.a. zu psychischen Belastungsfaktoren bei der Arbeit herausgibt. Ebenso sind sie im Projekt „Mitdenken 4.0“ der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft aktiv, wo sie Informationen und Hilfen z. B. zu Homeoffice und Erreichbarkeit erarbeiten. Zudem ermöglicht die BDA Netzwerke und Plattformen, in denen sich Arbeitgeber(verbände) regelmäßig zu Fragen der psychischen Gesundheit und guten Arbeitsgestaltung austauschen und den Kontakt zu Forschern und Experten pflegen.

"Die öffentliche Aufmerksamkeit für psychische Erkrankungen hat vor allem in den letzten Jahren einen enormen Zuwachs erfahren. Zum einen zeigen sich positive Auswirkungen dahingehend, dass es durch die breite öffentliche Diskussion zu einer stärkeren Sensibilisierung für das Thema kommt (…). Zum anderen verleitet dieser Zuwachs in den Kennzahlen der gesundheitlichen Versorgung aber leicht zu der Annahme, dass psychische und Verhaltensstörungen mittlerweile pandemische Ausmaße angenommen haben. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern konnten allerdings zahlreiche Studien zeigen, dass der Anteil der von psychischen Störungen Betroffenen seit mehr als einem Jahrzehnt stagniert bzw. teilweise sogar leicht rückläufig ist."

Prof. Knieps, Leiter der BKK (Vorwort BKK Gesundheitsreport, 2019)

Zahlen und Fakten

Mit Arbeitslosigkeit gehen deutlich höhere Fehlzeiten aufgrund psychischer Störungen einher im Vergleich zur Berufstätigkeit. Arbeitslose im ALG-I-Bezug weisen im Mittel circa das 8-Fache der Fehltage für psychische Störungen der Beschäftigten auf. Quelle: BKK Gesundheitsreport 2019: Psychische Gesundheit und Arbeit.