Gesetzlicher Mindestlohn
Schutz der Tarifautonomie verlangt regelgebundene Anpassungen

Sozialpartner brauchen Vertrauen in die tarifautonome Lohngestaltung

Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist geprägt durch ein erfolgreiches Tarifvertragssystem. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015, vor allem aber der Eingriff der Politik in die Arbeit der Mindestlohnkommission durch die außerordentliche gesetzliche Mindestlohnanhebung im Jahr 2022 auf 12,00 Euro pro Stunde, ist eine erhebliche Belastung dieser tarifautonomen Lohngestaltung. In beiden Fällen wurde eine Vielzahl von laufenden Tarifverträgen entwertet, die zuvor gemeinsam von Arbeitgebervertretern bzw. Unternehmen und Gewerkschaften vereinbart wurden. Deshalb war es wichtig, dass die Mindestlohnkommission nach dem politischen Eingriff wieder zur bewährten Systematik zurückkehrt und die Entscheidung nach den gesetzlich festgelegten Kriterien erfolgt.

Entscheidung 2023: Anpassung des Mindestlohns an Tarifentwicklung orientiert

Die Mindestlohnkommission hat in ihrer Sitzung im Juni 2023 entschieden, den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf 12,41 € und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 € brutto die Stunde anzuheben. Diese Entscheidung ist mit einer Mehrheit, gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite, getroffen worden. Für die Arbeitgeberseite der Mindestlohnkommission war es wichtig, dass der Mindestlohn nach dem politischen Eingriff im Oktober 2022 mit der Anhebung auf 12,00 € pro Stunde nicht innerhalb kürzester Zeit erneut außerordentlich steigt.  Die zuvor abgegebenen Vorschläge vonseiten der Gewerkschaften und der Arbeitgeber hatten jeweils keine Mehrheit gefunden, weshalb die Vorsitzende der Mindestlohnkommission einen Vermittlungsvorschlag unterbreitete. Die Arbeitgeber sind ihrer Verantwortung und Rolle in der Mindestlohnkommission nachgekommen und haben dem Vermittlungsvorschlag schlussendlich zugestimmt.  Die getroffene Anpassungsentscheidung unterstreicht dabei die Rolle des nachlaufenden Tarifindexes bei der Festlegung des Mindestlohns.

Unabhängige Mindestlohnkommission zum Schutz der Tarifautonomie

Mit der Einführung des Mindestlohngesetzes wurde eine unabhängige Mindestlohnkommission eingesetzt, die über die Höhe des Mindestlohns entscheidet. Die Kommission setzt sich paritätisch aus Vertretern von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften sowie zwei beratenden Mitgliedern aus der Wissenschaft zusammen. Sie entscheidet alle zwei Jahre über die Anpassung des Mindestlohns. Entscheidendes Kriterium ist dabei der Tarifindex des Statistischen Bundesamts. Diese tarifautonome Logik der Anpassung ist die zentrale Maßgabe zum Schutz der Tarifautonomie.

Gemäß der im Mindestlohngesetz festgeschrieben Kriterien, orientiert sich die Mindestlohnkommission bei der Festsetzung des Mindestlohns nachlaufend an der Tariflohnentwicklung. Zudem prüft sie im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. In den vergangenen Jahren hat die Mindestlohnkommission diese Aufgabe verantwortungsvoll umgesetzt. Es ist zu hoffen, dass die Arbeitnehmervertreter bei der weiteren Arbeit in die Kommission auf diesen richtigen Weg zurückfinden.