Bürokratieabbau muss in den Unternehmen ankommen

Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung sind wichtige Standortfaktoren und essenziell für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die digitale Abwicklung von Verwaltungsleistungen sowie eine Rechtsetzung, die Unternehmen von unnötigen Dokumentationspflichten befreit, wirkt wie ein Konjunkturpaket und fördert das Wirtschaftswachstum.

Wie wird Bürokratieabbau gemessen?

Die Belastungen, die ein Gesetz für die Wirtschaft verursacht wird durch den laufenden (jährlich) Erfüllungsaufwand und den einmaligen Erfüllungsaufwand abgebildet. Die Reduzierung des Erfüllungsaufwandes muss für einen wirksamen Bürokratieabbau oberste Priorität haben.

Diesem Anspruch sind die Bürokratieentlastungsgesetze I, II und III nicht gerecht geworden. Das dritte Bürokratieentlastungsgesetz hat zwar in den Jahren 2019 und 2020 den laufenden Erfüllungsaufwand um 1,168 Milliarden € reduziert, im gleichen Zeitraum ist aber ein einmaliger Erfüllungsaufwand von 2,583 Milliarden € angefallen. Somit verfehlt es sein Ziel, spürbare Entlastungen für die Unternehmen zu erreichen. Der einmalige Erfüllungsaufwand belastet die Unternehmen besonders, da sie die hierfür erforderlichen Mittel sofort aufbringen müssen, ohne dass diesen Investitionen von Beginn an entsprechende Erlöse gegenüberstehen. Diese einmaligen Kosten dürfen nicht länger unberücksichtigt bleiben. Bürokratieabbau muss zeitnah und unmittelbar bei den Unternehmen ankommen.
 
Das geplante Bürokratieentlastungsgesetz IV muss dem Anspruch gerecht werden, spürbare Entlastungen für die Wirtschaft zu schaffen. Die BDA appelliert an die Bundesregierung, die Vorschläge aus der Wirtschaft, wie z.B. die Reduzierung von Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten für Unternehmen nach dem Mindestlohngesetz, umzusetzen, um den Bürokratieabbau entschlossener und ambitionierter voranzutreiben.
 
Verhinderung neuer Bürokratie
Der beste Beitrag zu einem nachhaltigen Bürokratieabbau ist ein Belastungsmoratorium. Neue Belastungen wie ein Rechtsanspruch auf “Home-Office”, eine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung oder die Einführung einer Haftung für Unternehmen durch das “Lieferkettengesetz” müssen unterbleiben. Stattdessen sollte das Arbeitszeitrecht flexibler gestaltet und Befristungsmöglichkeiten ausgeweitet werden. Ebenfalls muss das Onlinezugangsgesetz umgesetzt und das Unternehmenskonto zur digitalen Abwicklung von Verwaltungsleistungen eingeführt werden. Der Verzicht auf neue belastende Regelungen für Unternehmen ist vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie unabdingbar.
 
„One in, one out"-Grundsatz konsequent und umfassend umsetzen
Das Bekenntnis von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat zum Grundsatz „One in, one out" legt einen Grundstein für den Bürokratieabbau. Demnach muss für jede neu eingeführte Belastung eine bisher bestehende Belastung reduziert oder abgebaut werden. Die Einhaltung dieses Grundsatzes wird vom Staatssekretärsausschuss für Bürokratieabbau und vom Nationalen Normenkontrollrat (NKR) kontrolliert. Es wäre folgerichtig gewesen, dass der NKR auch die Gesetzentwürfe vom Bundestag und Bundesrat auf Bürokratiezuwachs initiativ prüfen kann.
 
Der „One in, one out“-Beschluss muss konsequent umgesetzt werden. Die stringente Durchsetzung dieses Grundsatzes braucht klare Definitionen. Ein Verzicht auf Durchsetzung zugunsten „politisch gewollter Maßnahmen" ist darunter nicht zu verstehen. Notwendig ist es dazu. , auch die Belastungen, die durch die Umsetzung von EU-Recht entstehen, in seinen Anwendungsbereich einzubeziehen. Für Arbeitgeber und Unternehmer macht es keinen Unterschied, ob bürokratische Belastungen ihren Ursprung in EU- oder nationaler Regulierung haben. Letztlich muss der Erfüllungsaufwand durch eine neue Rechtsverordnung ebenfalls im Sinne des „One in, one out"-Grundsatzes kompensiert werden.
 
Die Agenda „Better Regulation" der EU-Kommission kann besser werden
Wir begrüßen die Stärkung des Ausschusses für Regulierungskontrolle „Regulatory Scrutiny Board" im Verfahren der Folgenabschätzung. Viele positive Aspekte vom deutschen Nationalen Normenkontrollrat finden sich hier wieder. Aus unserer Sicht sollte ferner das Prinzip der Diskontinuität auf der EU-Ebene eingeführt werden. Findet ein Vorschlag der EU-Kommission binnen einer Amtsperiode keine Unterstützung von Rat und Parlament, sollte er sich damit auch erledigt haben. Zur Vermeidung von neuen Belastungen ist es zudem richtig, dass wichtige wirtschaftliche Belange durch frühzeitige Einbindung im Konsultationsverfahren berücksichtigt werden. Ebenso begrüßen wir, dass sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die Einführung des One in One out Grundsatzes auf EU-Ebene ausgesprochen hat. Es ist ein wichtiges Zeichen dafür, dass der Bürokratieabbau auch auf europäischer Ebene entschieden vorangetrieben werden soll.