Der europäische Soziale Dialog hat sich als praxisorientiertes und zielgerichtetes Instrument erwiesen und kann einen erheblichen Beitrag zur Integration in der EU leisten. Das gilt sowohl für die soziale Dimension des Europäischen Binnenmarkts als auch der Wirtschafts- und Währungsunion. Denn: Im Sinne einer guten Sozialpartnerschaft führt der europäische Soziale Dialog zu konkreten Ergebnissen, die für die Unternehmen und Beschäftigten einen Mehrwert auf betrieblicher Ebene bringen und Lösungen aufzeigen, anstatt sie zusätzlicher einengender Regulierung zu unterwerfen.
Die Arbeitgeber fordern, dass die Sozialpartner sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene angemessen in die Verfahren zur wirtschaftspolitischen Koordinierung („Economic Governance“) im Rahmen des Europäischen Semesters eingebunden werden. Dies gilt insbesondere auch für den im Zuge der Covid-19-Pandemie vereinbarten Aufbaufonds und die damit verbundene Umsetzung der nationalen Resilienz- und Aufbaupläne (RRF). Eine enge Einbindung und Abstimmung politischer Maßnahmen mit nationalen und europäischen Sozialpartnern ist hier von grundlegender Bedeutung. Sie gewährleistet nicht nur die zielgerichtete und praxisorientierte Ausgestaltung von Reformen und Hilfsmaßnahmen, sondern stärkt darüber hinaus deren gesellschaftliche Akzeptanz.
Geist der EU-Verträge bewahren – Autonomie der Sozialpartner respektieren
Die Autonomie der europäischen Sozialpartner muss respektiert werden. Die Europäische Kommission hat mit vielen gesetzgeberischen Initiativen im sozialpolitischen Bereich, für den sie gemäß den Verträgen eigentlich nur unterstützende Zuständigkeiten besitzt, den Status der Sozialpartner in den letzten Jahren untergraben. Es gilt, diesem Trend entgegenzuwirken.
Ein neuer Aufbruch für den europäischen Sozialen Dialog
Die Europäische Kommission, der Rat und das Europäische Parlament haben dem europäischen Sozialen Dialog zuletzt neue Impulse verliehen.
Die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Stärkung des Sozialen Dialogs in der Europäischen Union: Ausschöpfung seines Potenzials für die Bewältigung fairer Übergänge“ enthält eine Reihe konkreter Maßnahmen zur Stärkung des Sozialen Dialogs auf EU-Ebene. Die Kommission hat sich u. a. vorgenommen, die Strukturen des Sozialen Dialogs zu modernisieren, das Instrument der Sozialpartnervereinbarung zu fördern und die Sozialpartner stärker in die europäische Politikgestaltung einzubeziehen.
Der Rat hat eine Empfehlung „zur Stärkung des Sozialen Dialogs in der Europäischen Union“ angenommen mit Vorschlägen, wie die Mitgliedstaaten die Strukturen des zwei- und dreigliedrigen Sozialen Dialogs stärken, die Einbindung der Sozialpartner in regulatorische Prozesse verbessern und die Tarifabdeckung erhöhen können.
Mit der Entschließung „zur Stärkung des Sozialen Dialogs“ hat das Europäische Parlament die Kommissionsmitteilung sowie die Ratsempfehlung aufgegriffen und seine Unterstützung für die Vorhaben signalisiert, insbesondere für eine stärkere Einbindung der Sozialpartner in die Politikgestaltung.
Diese Initiativen können bei ernsthafter und richtiger Ausgestaltung einen wichtigen Beitrag leisten, um dem europäischen Sozialen Dialog neuen Schwung zu verleihen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten sich vor allem darauf konzentrieren, funktionierende Strukturen für den Sozialen Dialog auf EU- und nationaler Ebene zu schaffen und die Kapazitäten der Sozialpartner zu stärken.
EU-Regulierung sozialpartnerschaftlich ausgestalten
Mit dem Ziel, geplante EU-Regulierung sozialpartnerschaftlich auszugestalten, haben die Arbeitgeber bereits mehrfach die Möglichkeit des europäischen Sozialen Dialogs nach Art. 155 AEUV aufgegriffen, Rechtssetzungsvorhaben der EU-Kommission gemeinsam mit den Gewerkschaften selbst inhaltlich auszuhandeln. Auf diese Weise haben die europäischen Sozialpartnerorganisationen BusinessEurope, SMEunited, SGI Europe und der EGB in Form von Rahmenabkommen den Inhalt der Richtlinien zum Elternurlaub, zur Teilzeitarbeit und zu befristeten Arbeitsverträgen in eigener Verantwortung ausgearbeitet. Dabei ist es den Arbeitgebern gelungen, trotz sehr unterschiedlicher nationaler Ansätze in diesen Themengebieten Regelungen zu vereinbaren, die bei der nationalen Umsetzung hinreichend viel Raum für die Berücksichtigung von nationalen Besonderheiten lassen und auch die Anliegen von kleinen und mittleren Unternehmen besonders berücksichtigen. Um diesem Instrument zukünftig zu noch mehr Durchschlagskraft zu verhelfen, braucht es allerdings klare und transparente Kriterien für die Umsetzung von entsprechenden Übereinkommen in EU-Recht.
Das Arbeitsprogramm des europäischen Sozialen Dialogs 2022 – 2024 nimmt diese Vorlagen auf. Die europäischen Sozialpartnerorganisationen BusinessEurope, SMEunited, SGI Europe und der EGB machen mit dem Arbeitsprogramm den Gestaltungsanspruch deutlich, der ihnen im institutionellen Gefüge ohnehin zuerkannt wird. Die sozial- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen des Wiederaufbaus nach der Covid-19-Pandemie sowie Herausforderungen der Digitalisierung stehen dabei besonders im Mittelpunkt.
Rahmenvereinbarungen der europäischen Sozialpartner
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