Zeitenwende auch in der Sozialpolitik unentbehrlich
BDA AGENDA 9/22 | Thema der Woche | 12. Mai 2022
Der Bundeskanzler hat in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag am 27. Februar eine Zeitenwende beschworen. Diese Zeitenwende in der Außen- und Sicherheitspolitik ist unverzichtbar. Die Zeit ist ebenso reif für eine Zeitenwende in der Sozialpolitik!
Nach acht Jahren des Vorsitzes von Reiner Hoffmann beginnt mit der Vorsitzenden Yasmin Fahimi ein neuer Abschnitt in der Arbeit des DGB. Wir Arbeitgeber hoffen auf eine vertrauensvolle, zielorientierte Zusammenarbeit, die es ermöglicht, so rasch als möglich im Arbeitsleben die Zeichen auf Beschäftigungssicherheit zu setzen.
Jenseits der Corona-Pandemie sind die vergangenen acht Jahre von Prosperität und einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum gekennzeichnet gewesen. Nach der großen Finanzkrise im Jahre 2009 und 2010 ist Deutschland schnell auf den Wachstumspfad zurückgekehrt.
Wie häufig in der Geschichte haben diese Erfolge auch Schwachstellen verdeckt. Insbesondere die Herausforderungen der Digitalisierung für unser Arbeitsleben sind in der Gesellschaft verspätet angekommen. Nach den gravierenden Folgen der pandemischen Situation in den letzten 24 Monaten ist mit dem russischen Überfall auf die Ukraine die Hoffnung auf eine voranschreitende Erholung der Gefahr neuer Risiken gewichen. Die zurzeit hohe Inflation, angespannte oder schon unterbrochene Lieferketten, die allgemeinpolitischen Gefahren machen eine Zeitenwende nicht nur in unserer Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch in unserer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik unverzichtbar.
Demographischer Wandel, Dekarbonisierung und die digitale Herausforderung sind mit einem Weiter so nicht zu meistern. Ein Belastungsmoratorium ist ebenso wie eine nachhaltige Initiative zur Bürokratieentlastung unverzichtbar. Gesetzliche Ansprüche auf mobile Arbeit, neue Verschärfungen bei der Arbeitszeit und Einschränkung flexibler oder agiler Arbeitsmethoden ist das letzte, was wir jetzt brauchen. Eingriffe in die Tarifautonomie der Sozialpartner, wie wir sie mit dem in dieser Woche begonnenen Beratungen zur verfassungsrechtlich höchst zweifelhaften gesetzlichen Anhebung des Mindestlohns erleben, sind Gift für das Vertrauen der Wirtschaft in eine solide und verlässliche Politik im Arbeitsleben. Hiervor zu warnen, ist die Verpflichtung beider – von Arbeitgeberverbänden wie Gewerkschaften.
Die Herausforderungen zu meistern, ist Aufgabe wie aber auch Chancen der Sozialpartnerschaft! Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, ohne staatliche Eingriffe und Gängelungen das Arbeitsleben zu gestalten und gemeinsam die Herausforderungen anzugehen. Nicht umsonst betont das Grundgesetz diesen Arbeitsauftrag in Art. 9 Absatz 3 – von einem Tariftreuegesetz findet sich dort z. B. nichts! Als Sozialpartner stehen die Arbeitgeberverbände für diese Gestaltungsaufgabe bereit. Das Grundgesetz überträgt uns weite notwendige Spielräume, die wir gemeinsam zum Wohle von Betrieben und Beschäftigten nutzen können, sollen und müssen! Mehr staatliche Regulierung abzuwenden und den Weg nach vorn zu richten, ist besonders jetzt unsere gemeinsame Verpflichtung.