Wir müssen mehr Arbeiten – wie das gelingen kann


BDA AGENDA 09/2025 | THEMA DER WOCHE | 5. Mai 2025

Die Koalitionsanwärter wollen die Begrenzung der zulässigen Arbeitszeit vom Tag auf die Woche umstellen und Maßnahmen zur Anhebung des Arbeitszeitvolumens umsetzen. Die demografische Entwicklung lässt uns keine Wahl. Wenn wir nicht mehr arbeiten, gefährden wir unseren Wohlstand und unser soziales Sicherungssystem.

Es ist richtig: Wir müssen mehr und flexibler arbeiten. Das ist Voraussetzung dafür, den Wohlstand zu halten und Menschen eine Perspektive zu geben. Ebenso richtig ist: Länge und Dauer der Arbeitszeit bestimmen die Tarifvertrags- oder die Arbeitsvertragsparteien. Sie sind die Herren des Arbeitszeitvolumens. Aber: Der Staat kann helfen, er kann Anreize geben und einen gesetzlichen Rahmen setzen, Dauer und Lage der Arbeitszeit besser und flexibler zu gestalten. Das steht schon lange auf der Agenda.

Betriebe wie Beschäftigte wünschen sich seit langem mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit. Sie ist nicht nur zentral für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Sie schafft auch Möglichkeiten des Einzelnen, die Arbeitszeit nach eigenen Wünschen anzuheben, indem der Spielraum für gute Lösungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausgedehnt wird. Das ist wichtig. Denn der Arbeitskräftemangel wird nicht allein mit der Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland aufgefangen werden können.

Flexible Arbeitszeiten haben das Potenzial, Arbeitnehmer in größerem Umfang oder neu für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Denn sie können Beschäftigten helfen, Lösungen für familiäre Herausforderungen zu finden, wie die Betreuung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen, ein Bereich, für den es immer schwieriger wird, externe Hilfe zu finden, weil auch hier zunehmend Fachkräfte fehlen. Da die Bedürfnisse der Beschäftigten je nach eigener Situation und Grad der Unterstützungsbedürftigkeit Angehöriger höchst unterschiedlich sind, kann es keine starre gesetzliche Lösung geben. Der Spielraum für unterschiedliche und angemessene Lösungen muss vielmehr wachsen.

Dafür ist es richtig, die Grenze der Höchstarbeit an die Woche, nicht an den Tag zu koppeln, wie es auch die europäische Arbeitszeitrichtlinie vorsieht. Zusätzlich sollten Ruhezeiten flexibler gestaltbar werden. Auch das lässt das europäische Recht zu Die Tarifvertragsparteien sollten generell das Recht bekommen, eigene, branchengerechte Vereinbarungen zu erzielen. Solche Vereinbarungen hätten die Gewähr, ausgewogen und interessengerecht die Interessen von Unternehmen wie Beschäftigten zu wahren.

Schon heute leistet die Vertrauensarbeitszeit einen zentralen Beitrag zu mehr Flexibilität und damit einer besseren Vereinbarkeit. Das Instrument darf nicht durch neue Bürokratie und Aufzeichnungspflichten gefährdet werden. Der Arbeitsschutz würde durch keines der Maßnahmen angetastet. Vertragliche Vereinbarungen über die individuell getroffene Arbeitszeit blieben unverändert erhalten. Die Arbeitszeit könnte aber besser entsprechend der Bedürfnisse der Vertragsparteien verteilt werden, was uns dem Ziel einen Riesenschritt näherbringen kann, mehr zu arbeiten.