Tarifautonomie schützen!


BDA AGENDA 17/23 | THEMA DER WOCHE | 10. August 2023

Tarifautonomie bedeutet, dass Tarifpartner gemeinsam in Tarifverträgen die Arbeitsbedingungen für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen regeln. Die Tarifpartner handeln dabei autonom – also ohne staatlichen Einfluss. Dieses Recht ist ihnen durch das Grundgesetz garantiert.

Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten war die Tarifautonomie in der Vergangenheit ein Erfolgsrezept für eine rasche Stabilisierung der deutschen Wirtschaft. Die Tarifautonomie ist eine tragende Säule unserer sozialen Marktwirtschaft. Denn mithilfe von Tarifverträgen suchen die Sozialpartner freiwillig und gemeinsam nach der besten Lösung für die jeweilige Branche. Das Ziel dieser Tarifverträge muss die Sicherung von Unternehmen und damit Arbeitsplätzen mit attraktiven Beschäftigungsbedingungen sein. Die Tarifpartner haben dem Staat gegenüber dabei einen entscheidenden Vorteil: Sie besitzen die nötige Sachkunde sowie Problemnähe und wissen somit am besten, welche Lösung passgenau ist. Die über 80.000 derzeit geltenden Tarifverträge zeigen nicht nur, dass die Tarifpartner die Mehrzahl der Arbeitsbeziehungen in Deutschland maßgeblich gestalten, sondern auch, dass Tarifautonomie funktioniert.

Als Teil der Koalitionsfreiheit ist die Tarifautonomie durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt. Sie ist Ausdruck der Privatautonomie und spiegelt die Eigenverantwortung als Grundsatz unserer Wirtschaftsordnung wider. Die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband oder einer Gewerkschaft ist daher freiwillig und damit auch die Entscheidung für die Bindung an Tarifverträge. Staatliche Eingriffe gefährden diese Tarifautonomie immer öfter.

Das geplante Bundestariftreuegesetz ist ein aktuelles Beispiel dafür, wie der Staat unter dem Deckmantel „Stärkung der Tarifbindung“ versucht, die negative Koalitionsfreiheit auszuhebeln und Unternehmen zur Tarifanwendung zu zwingen. Aufgrund des indirekten Tarifzwangs sind gesetzliche Tariftreueregelungen ein schwerwiegender Eingriff in die Tarifautonomie. Zudem verkomplizieren, bürokratisieren und verteuern Tariftreuevorgaben Vergabeverfahren, und schränken die unternehmerische Freiheit ein. Zusätzlich senken solche Vorgaben die Anreize für eine Tarifbindung, weil Tarifverträge ggf. vollständig ausgehebelt werden. Zum Schutz der Tarifautonomie müssen staatliche Eingriffe, wie das Bundestariftreuegesetz, verhindert werden!

Für eine stabile Tarifautonomie und eine gelebte Sozialpartnerschaft sollten statt Zwangsmaßnahmen andere Stellschrauben in den Blick genommen werden. Um gemeinsam optimale, branchendifferenzierte Lösungen bei Tarifverträgen zu erlangen, braucht es gut aufgestellte Sozialpartner. Für attraktive Tarifverträge notwendig sind starke Arbeitgeberverbände und starke Gewerkschaften. Dafür müssen Tarifverträge wieder attraktiver werden. Hierzu können in erster Linie die Tarifvertragsparteien selbst beitragen. Gefordert sind mehr tarifliche Öffnungsklauseln, um Arbeitgebern und Betriebsräten Gestaltungsspielräume zu eröffnen. Eine modulare Tarifpolitik kann gerade für jüngere Unternehmen Anreize setzen, sich der Tarifbindung zu unterwerfen. Das alles ist Aufgabe der Sozialpartner, nicht des Staates! Der Staat muss die Tarifautonomie achten und die Gestaltung der tarifpolitischen Spielräume wieder vermehrt den Sozialpartnern überlassen.