Tolle Fachkräfte auf dem Silbertablett

BDA AGENDA 12/25 | KOMMENTAR DER WOCHE | 12. Juni 2025

Prof. Dr. Enzo WeberForschungsbereichsleiter - Bereich Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen (MAKRO), Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Die Trump-Regierung setzt Visa für Studierende aus. Und meint, sich das leisten zu können. Deutschland hat sehr viel höhere Anteile internationaler Studierender als die USA. Und braucht sie auch: Die Schulabgangskohorten schrumpfen, Kompetenzen und Innovationen von Talenten aus aller Welt sind entscheidend. Ausländische Erstimmatrikulierte machen mittlerweile 30% aus.

Selbst wenn die US-Maßnahme wieder relativiert wird, der Zustrom von Studierenden in die USA dürfte um zehn- oder hunderttausende sinken. Deutschland tut gut daran, diese Lücke zu füllen – sowohl mit Blick auf eigene Bedarfe als auch auf eine freie internationale Wissenschaft.

Unser Standortvorteil: freies Studium in angesehenen Universitäten und eine weltweit gerühmte duale Ausbildung. Darüber sollten wir Zuwanderung organisieren – und die Menschen nach dem Abschluss auch halten!

Die deutsche Qualifikationssystematik trifft häufig auf Probleme, weil andere Bildungshintergründe oft nur schwer kompatibel sind und Sprachschwierigkeiten eine Hürde darstellen. Die Folge, viele Zugewanderte arbeiten unter ihren Möglichkeiten.

Dagegen sprechen viele ausländische Absolventen Deutsch, sind integriert, verfügen über einen hochqualifizierten deutschen Abschluss und sind überdurchschnittlich im MINT-Bereich tätig. Tolle Fachkräfte auf dem Silbertablett! Die Hochschulen sind der Königsweg der Zuwanderung.

Das heißt: Intensive Werbung, Studienplätze, enge Begleitung zu Spracherwerb, Aufenthaltsrecht, Arbeitsmarktzugang und Firmenkontakten, eine über 18 Monate verlängerbare Aufenthaltserlaubnis bei Gründungsaktivitäten, schnelle und digitale Prozesse bei Visa & Co.

Was den Universitäten droht, ist in der dualen Ausbildung Realität: Nachwuchsmangel. Zuwanderung in die Hochschulen ist deshalb zugleich eine Blaupause für die betriebliche Ausbildung. Praxiserfahrung ist hier schon vorhanden, aber eine systematische Unterstützung des Engagements der Betriebe gerade bei der Sprachförderung ist zentral. Und weltweite Werbung sowie gebündeltes Matching auf Ausbildungsstellen.

Internationale Studierende stärken Migrationsnetzwerke, in denen Wissen, Erfahrungen und Sprache weitergegeben werden. Damit entstehen Kanäle, über die weitere junge Menschen auch für die deutsche Ausbildung gewonnen werden können. Für eine solche Netzwerkbildung sollten Aufenthaltstitel nach Verlassen des Landes länger als nur sechs Monate gültig bleiben.

Und die Kosten? Sind es wert. Hochschulen als Drehscheibe für Talente aus aller Welt – das hilft dem Wirtschafts- und dem Wissenschaftsstandort Deutschland genau wie den öffentlichen Haushalten: Gegen die fiskalischen Gewinne durch die Integration von ausländischen Absolventen sind die Kosten des Studiums Peanuts.

„Wir wollen, dass Absolventinnen und Absolventen aus Drittstaaten, die in Deutschland eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben, bei uns bleiben und arbeiten“, sagt der Koalitionsvertrag. Machen wir daraus einen großen Aufschlag!