Die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte des Europarates mitgestalten
Der Europarat ist eine am 5. Mai 1949 gegründete europäische internationale Organisation, deren Gründung durch die Verabschiedung der Satzung des Europarates in London erfolgte. Er ist damit die älteste originär politische Organisation europäischer Staaten und ist institutionell nicht mit der Europäischen Union verbunden. Dem Europarat gehören derzeit 46 Staaten aus Europa und Zentralasien mit insgesamt 676 Millionen Bürgern an. Ziel des Europarats ist die Förderung der Zusammenarbeit seiner Mitglieder auf politischer, sozialer, kultureller und wissenschaftlicher Ebene.
Bislang gibt es mehr als 200 Übereinkommen und Protokolle des Europarats. Das wichtigste Übereinkommen ist die Europäische Konvention für Menschenrechte (EMRK). Der Europarat hat für alle Mitgliedsstaaten einen weltweit einmaligen Schutzmechanismus für Menschenrechte geschaffen. Wer sich in seinen Menschenrechten verletzt sieht, kann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Klage erheben. Die Mitgliedsstaaten sind an die Urteile des Gerichts gebunden.
Wichtig für die Arbeitgeber ist insbesondere die Rechtsprechung des EGMR im Bereich der Koalitionsfreiheit (Art. 11 EMRK). In der grundlegenden Entscheidung Demir und Baykara v. Türkei hat der EGMR entschieden, dass die in den 70er-Jahren gegebene enge Auslegung der von Art 11 EMRK geschützten Koalitionsfreiheit nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Die inhaltliche Ausgestaltung des Garantiegehalts von Art 11 Abs 1 EMRK hat damit von dem Recht, Gewerkschaften zu bilden und sich ihnen anzuschließen und dem Recht der Gewerkschaften, für ihre Mitglieder zu sprechen, ihre Interessen zu vertreten und damit gehört zu werden bis hin zu einer Anerkennung des Rechts auf Tarifverhandlungen und des Streikrechts geführt. In einer Vielzahl von Fällen wurden Beschränkungen des Streikrechts für konventionswidrig erklärt.
Das wichtigste Instrument des Europarats für den Bereich der wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte ist die Europäische Sozialcharta, die am 18. Oktober 1961 in Turin verabschiedet wurde. Wichtige Inhalte sind unter anderen das Recht auf Arbeit, das Recht auf Kollektivverhandlungen, Kündigungsschutz und Arbeitslosenunterstützung sowie das Recht auf soziale Sicherung. Durch die revidierte Fassung ist die Europäische Sozialcharta im Jahr 1996 erweitert und modernisiert worden. Die revidierte Fassung der Europäischen Sozialcharta ergänzt die bisherigen Sozialen Rechte des Europarats unter anderem um das Recht auf Arbeitslosenunterstützung, Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und anderen Formen der Belästigung, Chancengleichheit und Gleichbehandlung. Außerdem beinhaltet sie ein umfassendes Diskriminierungsverbot. Deutschland hat die revidierte Europäische Sozialcharta 2021 ratifiziert und diese trat am 1. Mai 2021 für Deutschland in Kraft.
Zur Umsetzung der Prinzipien aus der Europäischen Sozialcharte müssen die Mitgliedstaaten einen jährlichen thematischen Bericht erstellen, der darstellt, wie sie die Charta in Recht und Praxis implementieren. Ein Sachverständigenausschuss, der so genannte "Europäische Ausschuss für Soziale Rechte" prüft die Berichte und legt dem Ministerkomitee des Europarates Berichte mit Empfehlungen vor. Das Ministerkomitee als Entscheidungsorgan des Europarats kann darauf basierend Empfehlungen an die betroffenen Regierungen richten. Diese haben eine wichtige rechtspolitische Bedeutung, für die Mitgliedstaten, die aufgerufen sind, ihre Regulierung im Bereich der Arbeits- und Beschäftigungspolitik den Empfehlungen anzupassen.
Die BDA bringt die Positionen der Arbeitgeberverbände gegenüber dem Europarat durch die Internationale Arbeitgeberorganisation ein. Die IOE hat einen beratenden Status innerhalb des Europarates, der es ihr ermöglicht, eine aktive Rolle bei der Vermittlung der Unternehmensperspektive zu spielen.