Omid Nouripour MdB, Bundesvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen - Die Energierevolution: Transformation als Friedensprojekt


BDA AGENDA 10/22 | KOMMENTAR DER WOCHE | 25. Mai 2022

Die Energierevolution: Transformation als Friedensprojekt

Die letzten sieben Jahre waren mit ihren Durchschnittstemperaturen die wärmste Periode der Menschheitsgeschichte. Das geht aus einem jüngst erschienenen UN-Klimabericht hervor. Für die deutsche und europäische Industrie ist die Überwindung der Abhängigkeit von Kohle und Öl, von Gas und Uran daher die entscheidende Zukunftsfrage. Sie zu beantworten, ist angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine dringlicher denn je.

Im Kern bedeutet die aktuelle geopolitische Lage, dass wir die Transformation zur klimaneutralen Produktion mit noch größerem Handlungsdruck und mit noch schnellerem Tempo vorantreiben müssen. Es gilt: Wer die Transformation bremst, beschleunigt die Krise. Umgekehrt werden auf dem Weg zur Klimaneutralität in den kommenden Jahren hunderttausende neue Green Jobs entstehen – sei es im Handwerk und in der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie oder in neuen Dienstleistungsfeldern.

Um gestärkt zu sein für die kommenden Jahre, werden wir in der Krise die strukturellen Veränderungen angehen: Mit dem Abbau von Hürden bei der Nutzung von selbst erzeugtem erneuerbarem Strom und einem zunehmenden Einsatz von grünem Wasserstoff treiben wir die Dekarbonisierung der Prozesse voran. Klimaschutzverträge sorgen für Investitionssicherheit. Sie federn das Investitionsrisiko für die Unternehmen ab und regen sie an, Milliarden in Klimaneutralität zu investieren. In der Ampel-Koalition geben wir den Unternehmen durch die Erhöhung der Haushaltsmittel für diese Klimaverträge nun endlich die politische und finanzielle Verbindlichkeit, die lange fehlte – und deren Abwesenheit privatwirtschaftliche Investitionen ausgebremst hat.

Die Sicherheit der Energieversorgung steht dabei über allem. Der wichtigste Schlüssel dazu ist der schnellere Ausbau der Erneuerbaren Energien, das Ende unserer Abhängigkeit von russischen Energiequellen und der Komplettausstieg aus fossilen Energieträgern. Wir wollen bis 2035 zu 100% Erneuerbare Energien. Nur so kann die Importabhängigkeit von fossilen Rohstoffen überwunden und Energiesicherheit erreicht werden. Wir haben in der Bundesregierung mit dem Osterpaket ein Ausbauprogramm für die Erneuerbaren Energien inklusive der Beschleunigung von Planungsprozessen auf den Weg gebracht, das es seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 so noch nicht gegeben hat.

Neben dem massiven Ausbau ist der günstigste und effizienteste Beitrag zu mehr Unabhängigkeit aber, Energie einzusparen. Den Energieverbrauch zu senken ist ein gemeinsames, nationales Projekt, an dem Politik, Industrie, Mittelstand und Verbraucherinnern und Verbraucher mitwirken können und sollen. Beides zusammen – Ausbau und Einsparungen –  hilft auch, den Kostendruck für private Haushalte und Wirtschaft zu mindern.

Ob energetische Sanierung, mehr Wärmepumpen, mehr Erneuerbare in Wärmenetzen, Grüner Wasserstoff oder Solar auf den Dächern: Mit dem vom Wirtschaftsministerium vorgestellten Arbeitsplan Energieeffizienz bringen wir mehr Tempo und Konsequenz in die nachhaltige Senkung des Energiebedarfs.

Wenn wir es gemeinsam anpacken und die Politik den richtigen regulatorischen Rahmen und wirksame ökonomischen Anreize setzt, kann die Transformation zu Erneuerbaren Energien zum wichtigsten Friedensprojekt unserer Zeit werden.