Mobile Arbeit fördern, nicht überregulieren


 
BDA AGENDA 4/22 | Thema der Woche | 24. Februar 2022

Unternehmen und Beschäftigte kommen kaum dazu, sich auf das Ende des pandemiebedingten Zwangs-Homeoffice zu freuen, schon häufen sich Forderungen zu neuer Regulierung der mobilen Arbeit. Das ist der falsche Weg!

Der Ruf nach einem Rechtsrahmen für die mobile Arbeit verursacht das Zerrbild, diese bewege sich im rechtsfreien Raum. Damit wird nicht nur ignoriert, dass selbstverständlich alle arbeitsrechtrechtlichen Regelungen gelten, dass eine sog. Entgrenzung durch das Arbeitszeitgesetz ausgeschlossen ist, dass mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit geregelt wird und dass der Arbeitsschutz selbstverständlich die mobile Arbeit umfasst. Er ist auch ein Affront gegenüber den Sozialpartnern, die vielfältige Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen abgeschlossen haben und die in der Pandemie immer wieder bewiesen haben, dass sie rundum verantwortungsvoll – auch zum Schutz vor Infektionsrisiken – mit dem Instrument des Homeoffice als mobiler Arbeitsform umgehen.

Mobile Arbeit wird fester Bestandteil des Arbeitslebens bleiben, dazu bedarf es keiner bürokratischen Anspruchsregelungen. Angesichts der bereits sehr weiten Verbreitung der mobilen Arbeit ist ein Erörterungsanspruch nicht erforderlich. Rund zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland boten bereits vor der Pandemie ihren Beschäftigten die Option zum mobilen Arbeiten an, bei den großen Unternehmen betrug der Anteil sogar 94 Prozent (Destatis 2019), 34 Prozent aller Unternehmen wollen die Anzahl der Beschäftigten, denen Homeoffice ermöglicht wird, gegenüber dem Status quo vor der Covid-19-Krise sogar noch erhöhen (IW-Personalpanel 2020).

Anspruchsregelungen können sogar zu einer gefährlichen Spaltung der Belegschaft führen: mehr als die Hälfte aller Tätigkeiten können nicht mobil ausgeführt werden. Mobile Arbeit würde durch Anspruchsregelungen zum staatlich geförderten Privileg von Beschäftigten, die gegenüber Pflegekräften, LKW-Fahrern und Servicepersonal in der Gastronomie ohnehin als privilegiert empfunden werden. Genau aus diesem Grund ist es so wichtig, dass auch die nötige Balance der verschiedenen Beschäftigtengruppen von den Sozialpartnern und den Betriebspartnern vor Ort durch passgenaue Vereinbarungen gewährleistet wird. Deshalb ist ein Vorrang tarifvertraglicher und betrieblicher Regelungen vor gesetzlichen Regelungen unbedingt erforderlich.

In Zeiten des aktuellen Fachkräftemangels gehört – dort, wo dies möglich ist - das Angebot mobiler Arbeit zum Gesamtpaket, das attraktive Arbeitgeber ihren Beschäftigten unterbreiten, um diese zu gewinnen und zu halten. Will der Gesetzgeber die mobile Arbeit zusätzlich fördern, so muss dafür gesorgt werden, dass der Breitbandausbau vorangetrieben wird. Das Arbeitszeitrecht muss im Einklang mit den europäischen Vorgaben flexibilisiert werden: durch eine Umstellung der täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit und durch eine Flexibilisierung der Ruhezeiten. Zudem muss die Arbeitszeitaufzeichnung flexibler und rechtssicher zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten geregelt werden können. Mobile Arbeit sowie Homeoffice als Form mobiler Arbeit muss weiterhin klar von der Telearbeit abgegrenzt bleiben.