Hinweisgeberschutzgesetz - mehr Augenmass notwendig


 
BDA AGENDA 20/22 | Thema der Woche | 13. Oktober 2022

An dem Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes müssen in den anstehenden Beratungen substanzielle Verbesserungen erfolgen. Die Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie muss mit Augenmaß erfolgen. Weitere Belastungen für Arbeitgeber – gerade in der jetzt angespannten Situation – sind gefährlich. 

Der Bundestag hat am 29. September 2022 den Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes in erster Lesung beraten. Zu diesem Gesetzentwurf findet am 19. Oktober 2022 die öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages statt. Diese Beratungen sollten zu Anpassungen am Gesetzentwurf führen.

Der Gesetzentwurf geht an einigen Stellen über die Vorgaben der hinaus. Das betrifft Bereiche, die die Arbeitsbeziehungen betreffen. Besonders gilt das für die Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs sowie die Hierarchie der Meldekanäle.

Die generelle Ausweitung des Anwendungsbereichs auf eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Vorschriften ist abzulehnen. Bereits heute existieren im deutschen Arbeitsrecht Regelungen zum Umgang mit Hinweisgebern. Etwa müssen Beschäftigte nach dem Arbeitsschutzgesetz Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit sowie Defekte an Schutzsystemen an ihren Arbeitgeber oder den zuständigen Vorgesetzten melden. Darüber hinaus haben viele Unternehmen Verfahren zu Meldungen von Missständen innerhalb ihrer Betriebe klar und nachvollziehbar für ihre Beschäftigten geregelt, z. B. durch Betriebsvereinbarungen. Im Baugewerbe haben sich die Betriebsvertragsparteien z. B. auf ein Musterformular verständigt, mit dem der Finanzkontrolle Hinweise auf Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung mitgeteilt werden können. Auch die Rechtsprechung hat, indem sie den grundsätzlichen Vorrang einer innerbetrieblichen Meldung vorgibt, ein System entwickelt, dass die Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen angemessen berücksichtigt.

Der Gesetzentwurf sieht aktuell ein Wahlrecht vor. Der Hinweisgeber kann wählen, ob er einen verdächtigten Sachverhalt zuerst intern an eine betriebliche Stelle meldet oder sich sofort extern an eine behördliche Meldestelle außerhalb des Unternehmens wendet. Die Richtlinie sieht demgegenüber vor, dass Beschäftigte motiviert werden sollen, einen Missstand zuerst intern zu melden. Das hat sich bisher auch in Deutschland bewährt. Das Unternehmen kann selbst am besten beurteilen, wie ein Missstand schnell beseitigt werden kann und Fehler für die Zukunft vermieden werden können. Die Aufklärung und Beseitigung von Vorfällen durch Behörden nimmt in den meisten Fällen viel mehr Zeit in Anspruch. Das kann auf ein bürokratisches Vorgehen der Behörden zurückzuführen sein oder darauf, dass die Behörden erst umfassende Ermittlungen einleiten müssen. Damit sichert die vorrangige interne Meldung auch das Interesse der Beschäftigten.

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