Fachkräfte dringend gesucht – was die Arbeitsmarktpolitik jetzt leisten muss


BDA AGENDA 19/21 | Thema der Woche | 2. September 2021

Mit dem ersten „Triell“ hat die heiße Wahlkampfphase begonnen. Woher die für die zukünftigen Herausforderungen dringend benötigten Fachkräfte kommen sollen, war kein Thema. Dabei ist das eine der zentralen Herausforderungen.

Wir steuern auf einen eklatanten Fachkräftemangel zu. Jeder kann es schon jetzt im Alltag spüren. Deswegen müssen wir alle im Land vorhandenen Potenziale nutzen. Zusätzlich brauchen wir Zuwanderung. BA-Chef Scheele hat hierauf zu Recht hingewiesen. Was gilt es jetzt konkret zu tun?

Zunächst muss die Arbeitslosenversicherung wieder auf eigene Beine gestellt werden. Kurzarbeit hat größere Erschütterungen am Arbeitsmarkt verhindert. Gleichzeitig sprengen die Ausgaben alles jemals Dagewesene. Ein Bundeszuschuss muss das Defizit der Arbeitslosenversicherung ausgleichen. Eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung im Aufschwung darf es nicht geben. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrages muss bei unter 40 % stabilisiert werden.

Wenn Fachkräfte fehlen, muss für Fachkräftenachwuchs gesorgt werden. Die Betriebe haben hier eine besondere Verantwortung und nehmen diese trotz Pandemie wahr. Doch sie brauchen auch Unterstützung. Junge Menschen müssen durch die Arbeitsagenturen frühzeitig beim Übergang in den Beruf durch eine gute Berufsberatung und -orientierung unterstützt werden. Soweit es notwendig ist, können die Arbeitsagenturen mit Förderinstrumenten unterstützen.

Menschen zügig auf offene Stellen zu vermitteln und wo nötig zu Fachkräften zu qualifizieren bleibt weiterhin die zentrale Aufgabe der Arbeitsmarkpolitik. Hier liegt die besondere Herausforderung bei Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). In den letzten Jahren ist es gelungen die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich abzubauen und Menschen in Beschäftigung zu bringen. Das war ein großer Erfolg. Seit Beginn der Coronakrise ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen wieder gestiegen. Zwei Drittel der Leistungsbeziehenden im SGB II verfügen über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Was ist also zu tun? Die Jobcenter müssen noch stärker auf Teilqualifizierungen setzen, um Menschen gut und mit schnellen Erfolgserlebnissen für Bildung zu motivieren. Zukünftig muss eine sinnvolle Qualifizierung attraktiver als die Aufnahme einer Helfertätigkeit sein und sich das Herausarbeiten aus dem Leistungsbezug mehr lohnen als eine Aufstockung der Grundsicherung. Eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik bleibt das Gebot der Stunde.

Der Strukturwandel der deutschen Wirtschaft wird zu Veränderungen beim Anforderungsniveau und innerhalb bestimmter Branchen führen. Beschäftigte müssen zu Fachkräften von morgen um- bzw. weiterqualifiziert werden. Betriebliche Weiterbildung von Beschäftigten muss Aufgabe von Arbeitgebern und Beschäftigten bleiben. Denn die Betriebe wissen, welche Fähigkeiten Beschäftigte brauchen, um gut für eine Stelle und künftige Entwicklungen qualifiziert zu sein. Die Bundesagentur für Arbeit kann die Qualifizierung Beschäftigter gezielt unterstützen. Die vorhandenen Förderinstrumente müssen nicht weiter ausgebaut, aber flexibler und transparenter gemacht werden.

Fachkräfte aus dem Ausland stehen bei uns nicht Schlange. Dabei ist unstreitig, dass wir ohne Fachkräfte aus dem Ausland nicht auskommen werden. Wir brauchen deswegen aktive Ansprache im Ausland wie es z. B. die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen von Partnerschaftsvereinbarungen tut. Wichtig sind endlich schnellere und einfachere Verfahren bei den beteiligten Behörden statt Verfahren im Schneckentempo. Die Zeitarbeit ist wegen ihrer besonderen Kompetenzen und Erfahrung bei Rekrutierung ausländischer Fachkräfte aus der EU sowie deren Qualifizierung und Vorbereitung besonders geeignet, kleine und mittlere Unternehmen beim Recruiting ausländischer Fachkräfte zu unterstützen. Dafür müssen wir uns allerdings von unzeitgemäßen Relikten im Aufenthaltsgesetz trennen.