Den Demografischen Wandel gestalten.
Die Sozialsysteme sichern.


BDA AGENDA 3/22 | KOMMENTAR DER WOCHE | 10. Februar 2022

Christian Dürr MdB, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion und
Mitglied im Bundesvorstand der Freien Demokraten

Liebe Leserinnen und Leser,

unsere Gesellschaft wird immer älter, das ist nichts Neues. Es ist zunächst ein Zeichen des Fortschritts, dass wir immer länger leben. Da wir jedoch gleichzeitig im Schnitt weniger Kinder bekommen als früher, haben wir ein Problem: Die Einnahmen des Staates aus der Erwerbstätigkeit der Menschen reichen bald nicht mehr aus, um die Renten und unser Sozialsystem zu finanzieren.

Seit Jahren wird bereits ein Großteil des Bundeshaushalts – aktuell über 100 Milliarden Euro – dafür verwendet, die Rentenleistungen zu unterstützen. Das unterstreicht die demografische Schieflage und bedeutet, dass das Rentensystem mittelfristig nicht finanzierbar sein wird, ohne die Schuldenbremse auszuhebeln. Das wollen wir unbedingt vermeiden, weshalb der Reformbedarf dringend ist.

Was wir brauchen, sind einerseits mehr erwerbstätige Menschen, die in die Sozialsysteme einzahlen und andererseits ein Update im System.  Unser Einwanderungsrecht muss dringend weiterentwickelt werden und es ist ein Durchbruch, dass dies nach jahrelangem Stillstand nun im Koalitionsvertrag verankert werden konnte. Wir haben uns unter anderem darauf geeinigt, bewährte Ansätze wie die Westbalkanregelung zu entfristen. Zusätzlich sollen die Hürden bei der Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland abgesenkt, Bürokratie abgebaut und entsprechende Verfahren beschleunigt werden. Fakt ist: Laut dem Chef der Bundesagentur für Arbeit müssen jährlich 400.000 Arbeitskräfte nach Deutschland einwandern, um unsere Systeme zu sichern. Gleichzeitig muss die Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weiter gestärkt werden.

Die Probleme in der Rente betreffen alle Generationen gleichermaßen. Weder dürfen sie auf den Schultern der derzeitigen Rentnerinnen und Rentnern ausgetragen werden, noch auf denen der aktuellen oder nächsten Generation von Erwerbstätigen. Rentenkürzungen oder Beitragssteigerungen wollen alle vermeiden. Dafür wird es notwendig sein, die Sozialsysteme neu zu denken.  Als Freie Demokraten haben wir im letzten Jahr die Idee der „Gesetzlichen Aktienrente“ entwickelt: Zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz werden wir in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen. Dafür soll ein Fonds angelegt werden, der von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet wird – als ersten Schritt planen wir, der Deutschen Rentenversicherung dafür bereits 2022 zehn Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln als Kapitalstock zuzuführen. Die Versicherten sollen von den Renditen der internationalen Kapitalmärkte profitieren und der Bundeshaushalt langfristig entlastet werden.

Es ist noch nicht zu spät für ein umfassendes Update unserer Sozialsysteme, doch wir müssen es entschlossen angehen. Die erforderlichen Reformen liegen bereit. Packen wir’s gemeinsam an!

Herzlichst,
Ihr Christian Dürr