Deutschlands Zukunft braucht ein starkes Unternehmertum

BDA AGENDA 25/25 | KOMMENTAR DER WOCHE | 11. Dezember 2025

Von Sandra Stein MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Familienunternehmerin

Gestaltung eines inklusiven Wirtschaftswachstums: Politikdialog auf dem Weltgipfel für soziale Entwicklung

Über 99 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind kleine und mittlere Betriebe. Diese Unternehmen haben nicht nur wesentlich zur wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte Deutschlands beigetragen. Sie übernehmen auf vielfältige Weise Verantwortung, indem sie junge Menschen ausbilden, Zugewanderte integrieren oder Sportstätten fördern. Sie schaffen wohnortnah Arbeitsplätze, zahlen Steuern und Sozialabgaben und garantieren den Erhalt unseres sozialen Sicherungsnetzes. Nicht zuletzt erfüllen sie eine gesellschaftliche Funktion, indem sie unter einem Dach Menschen mit unterschiedlichen Bildungshintergründen, politischen Überzeugungen oder Nationalitäten zusammenbringen. Wer Wirtschaft, Gesellschaft und sozialen Zusammenhalt in Deutschland stärken will, muss Unternehmertum stärken. Pauschale Unternehmerkritik hilft uns nicht. Im Gegenteil: Wir müssen unsere Unternehmen fördern und weniger mit Bürokratie belasten.

Die Herausforderungen sind enorm

Ein erster Schritt auf diesem Weg ist die Erkenntnis, dass viele Unternehmen in Deutschland unter riesigem Druck stehen. Der Stellenabbau bei großen Unternehmen wie Bosch oder ZF ist nur die Spitze des Eisberges. Der Rückgang der Beschäftigung im Mittelstand passiert viel leiser, aber kontinuierlich und in den letzten Monaten deutlich schneller als in der Gesamtwirtschaft. Die Umsätze der KMU sind seit 2022 um mehr als zehn Prozent gesunken. Die Zahl der Selbständigen nimmt konstant ab. Ungeklärt bleibt auch die Zukunft von bis zu 250.000 Unternehmen, die in den kommenden zehn Jahren vor der Betriebsnachfolge stehen.

All diese Entwicklungen sind eine Gefahr für unsere globale Wettbewerbsfähigkeit und den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Dort, wo die Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes zunimmt, steigt die Gefahr, dass politische Extreme an Macht gewinnen.

Große Aufgaben gemeinsam anpacken

Die schwierige wirtschaftliche Lage deutscher Unternehmen hat dabei viele Gründe: steigende Energie- und Arbeitskosten, zunehmende Belastungen durch Bürokratie sowie geopolitische Spannungen wie der Zollkonflikt mit den USA und der wachsende Wettbewerbsdruck insbesondere durch China. Umso wichtiger ist eine entschlossene Wirtschaftspolitik, die Unternehmertum in Deutschland stärkt und die Weichen für einen zukunftsfähigen und innovativen Wirtschaftsstandort stellt. Wir brauchen eine Politik, die nicht auf Misstrauen gegenüber Unternehmerinnen und Unternehmern setzt, sondern auf Partnerschaft und Vertrauen.  Ich fordere dafür verbindliche Praxischecks für alle Gesetze, die deren Umsetzbarkeit gerade in Mittelstand und Handwerk prüfen. Es braucht einen Digitalisierungsschub im Land, eine Stromsteuersenkung für alle Betriebe und echte Reformen der Sozialsysteme, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer entlasten. Das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität muss konsequent für zusätzliche Investitionen genutzt werden.

Die Aufgaben sind riesig. Sie erfolgreich anzugehen, gelingt nur im Schulterschluss mit den Arbeitgebern. Wenn wir die großen Herausforderungen unserer Zeit lösen wollen, von der Zukunftsfähigkeit unseres Standortes über die Bewältigung des Klimawandels bis hin zur Verteidigung unserer Freiheit in Deutschland und Europa, brauchen wir starkes Unternehmertum – und zwar hier bei uns.