Wie es ist, darf es nicht bleiben.


BDA AGENDA 24/21 | KOMMENTAR DER WOCHE | 14. Oktober 2021

Bettina Stark-Watzinger, Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP im Deutschen Bundestag

Liebe Leserinnen und Leser,

16 Jahre Kanzlerschaft Angela Merkels neigen sich dem Ende zu. Sie hat das Land durch Krisen geführt. Aber bei langjährigen Kanzlerschaften besteht immer auch die Gefahr, dass das Feuer vergeht, sich ständig zu hinterfragen und Neues zu wagen.

Nirgendwo ist das so offensichtlich wie beim Thema Digitalisierung. Auf sämtlichen Ebenen liegt Deutschland hier zurück. Grundlegende Dinge funktionieren nicht: Mobiles Arbeiten im Zug scheitern an unstetem Internet. Während unsere Kinder im Alltag mit Tablets und Apps umgehen, stecken sie in der Schule oftmals noch in der Kreidezeit. Während wir online ein Konto in wenigen Minuten eröffnen können, müssen wir für jede Kleinigkeit persönlich auf dem Amt vorstellig werden.

Im Jahr 2021 ist das für die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt ein Armutszeugnis. Deswegen brauchen wir jetzt eine disruptive Erneuerung. Wir müssen die Verwaltung zu einer Service-Station ausbauen. Ämter müssen konsequent zu One-Stop Shops ausgebaut, Prozesse konsequent digitalisiert werden. Ein neues Unternehmen sollte man online innerhalb von Stunden gründen können. Estland macht es uns vor. In Schweden bekommt man seiner Steuererklärung vom Finanzamt bereits ausgefüllt zugeschickt. Das müssen unsere Vorbilder sein.

Ein Modernisierungs-Ruck muss auch durch die Unternehmen gehen. Rechtzeitige Anpassungen an die Herausforderungen der Digitalisierung und Dekarbonisierung entscheiden darüber, wer auch in zehn Jahren noch an der Weltspitze mitspielt. Deswegen brauchen wir eine Investitionsoffensive des Privatsektors. Dafür schlagen wir ein Superabschreibungsprogramm vor. Investitionen in Klimaschutz sollen innerhalb von zwei Jahren abgeschrieben werden können. Unbürokratisch entfesseln wird damit privates Kapital für nachhaltige Investitionen. Damit die Ausgaben für Forschung und Entwicklung verstetigt werden, muss die Innenfinanzierung der Unternehmen verbessert werden. Hier gilt es die Unternehmensteuern auf den internationalen Durchschnitt von 25 % zu senken und den Soli auch für Mittelständler endlich abzuschaffen. Entlastungen sind kein Selbstzweck, sondern Schlüssel für Innovationen.

Last, but not least: Ein Update in der Bildungspolitik. Der Bildungserfolg in Deutschland hängt immer noch stark vom Elternhaus ab. Der Pisa-Test zeigt, dass Schüler aus sozial schwachen Familien bis zu drei Schuljahre hinter Gleichaltrigen zurückliegen. Wir müssen das Aufstiegsversprechen der Sozialen Marktwirtschaft erneuern und soziale Herkunft und Bildungserfolg voneinander entkoppeln. Dafür brauchen wir gezielte Förderung, eine moderne Ausstattung der Schulen und neue Lehrpläne. Unsere Kinder sollen bestmöglich auf die Herausforderungen und Chancen einer digitalisierten Gesellschaft vorbereitet werden. Daher ist es überfällig, dass wir die Schulfächer Informatik und Wirtschaft einführen.

Wenn wir uns jetzt nicht Modernisieren, fallen wir zurück. Deswegen gilt: Besinnen wir uns auf das, was uns stark gemacht hat: Die Soziale Marktwirtschaft.