BAföG muss eine bedarfsgerechte Sozialleistung bleiben!


 

BDA AGENDA 7/22 | Thema der Woche | 7. April 2022



Die Ampelkoalition möchte die Zielgruppe des BAföG deutlich ausweiten und zukünftig auch Personen bis 45 Jahre und einem Vermögen bis 45.000 Euro fördern. Dies ist der falsche Weg.

Das Kabinett hat gestern die Novellierung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes („BAföG“) beschlossen. Der Gesetzesentwurf ist kritisch zu sehen. Insbesondere die geplanten Erhöhungen der Vermögensfreibeträge von 8.200 € auf 45.000 € und der Altersgrenze für den Beginn eines Bachelor-Studiums von 30 Jahren auf 45 Jahre bedeuten nichts weniger als eine Abkehr vom bisherigen Charakter des BAföG.

Nach § 68 SGB I gilt das BAföG als besonderer Teil des Sozialgesetzbuches. Die Ausbildungsförderung ist eine Sozialleistung, die dort, wo es eigene Ressourcen bzw. das Elternhaus nicht ermöglichen können, eine erste Ausbildung unterstützen soll. Der Gesetzesentwurf zielt hingegen darauf, das BAföG „für deutlich breitere Schichten der Bevölkerung“ zu öffnen, um einer „sinkenden Förderquote“ entgegenzuwirken. Dies ist der falsche Ansatz. Niemand würde bspw. beim Arbeitslosengeld I mit einer anzustrebenden Förderquote argumentieren.

Auch wenn eine Erhöhung der Bedarfssätze, der Wohngeldzuschüsse und des Elternfreibetrags auch vor dem Hintergrund der Inflation nachvollziehbar erscheint, wäre es wünschenswert, dass dies auf Grundlage einer Evaluation der letzten Novelle von 2019 geschieht, die bereits zu einer deutlichen Erhöhung der Bedarfssätze geführt hat. Eine solche Evaluation liegt bislang jedoch nicht vor.

Die bisherigen Altersgrenzen von 30 Jahren für die Aufnahme eines Bachelorstudium und 35 Jahre für die eines Masters sind keine unzulässige Härte, zumal das BAföG im Einzelfall Ausnahmen vorsieht. Eine Notwendigkeit, Personen im Alter von bis zu 45 Jahren ein Vollzeitstudium aus Steuergeldern mitzufinanzieren, besteht nicht. Sinnvoller ist es, hier auf berufsbegleitende Studien- und Qualifizierungsangebote zu setzen. Auch sollten Instrumente wie z. B. die Bildungsprämie überprüft und bedarfsgerecht angepasst werden.

Auch die Erhöhung des Vermögensfreibetrags auf 45.000 Euro ist abzulehnen. Die staatliche Förderung einer Zielgruppe, die über ein beträchtliches eigenes Vermögen verfügt, ist sozial ungerecht, da z. B. auch Geringverdienende über ihre Steuerleistung das BAföG mitfinanzieren. Um Verschuldungsängsten entgegenzuwirken, halten die Arbeitgeber eine Erhöhung des Vermögensfreibetrags auf ca. 15.000 Euro für angemessen.

Die geplante Novellierung geht mit erheblichen Mehrbelastungen des Haushalts (500-600 Mio. € pro Jahr) und der Arbeitslosenversicherung (130 Mio. € pro Jahr) einher. Dies ist auch mit Blick auf die aktuelle fiskalische Situation sozialpolitisch kaum zu vermitteln. Sinnvoller wäre es, die Beantragung und Bewilligung des BAföG gezielt zu entbürokratisieren und konsequent medienbruchlos zu digitalisieren. Hierfür enthält der Gesetzesentwurf durch die Abschaffung des Schriftformerfordernisses einen guten Ansatz.