Pflegeversicherung

Die soziale Pflege­versicherung ist stärker als alle anderen Sozial­versicherungs­zweige vom demo­gra­fischen Wandel betroffen. Daher muss sie auf der Finanzierungs- wie auf der Leistungs­seite umfassend reformiert werden, um dauerhaft leistungs­fähig und finanzier­bar zu bleiben.

Nachhaltige Strukturreformen unumgänglich
Ohne eine grundlegende und nachhaltige Strukturreform, die auch eine Weiterentwicklung der Pflegeinfrastruktur und eine bessere Nutzung der vorhandenen gesellschaftlichen Potenziale umfassen muss, droht die Belastung der Arbeitskosten durch Pflegeversicherungsbeiträge in den kommenden Jahrzehnten erheblich zu steigen. Nach aktuellen Studien ist bereits in den nächsten zehn Jahren ein Anstieg des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung auf 4,5 % und damit des Gesamtsozialversicherungsbeitragssatzes auf 49 % im Jahr 2035 wahrscheinlich. Deutschland liegt bei der Abgabenbelastung durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge im internationalen Vergleich aber bereits auf einem sehr hohen Niveau.

Mit Nachhaltigkeitsfaktor Lasten fair zwischen den Generationen verteilen

Um der demografischen Entwicklung Rechnung zu tragen und die mit ihr verbundenen Lasten fair zu verteilen, sollte in Anlehnung an den Stabilisierungsmechanismus in der gesetzlichen Rentenversicherung auch in der Sozialen Pflegeversicherung ein „Nachhaltigkeitsfaktor“ eingeführt werden.

Subsidiarität stärken

Damit sich die Soziale Pflegeversicherung auf jene Pflegefälle konzentrieren kann, die aufgrund einer langen Pflegebedürftigkeit sehr hohe Kosten tragen müssen, sollte zu Beginn der Pflegebedürftigkeit gestaffelt nach Pflegegraden kein Leistungsanspruch aus der Pflegeversicherung bestehen (Karenzzeit), der Entlastungsbetrag gestrichen und die Leistungszuschläge zur Begrenzung des Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen im Pflegeheim auf die Personengruppen mit sehr langen Aufenthalten (2 Jahre und mehr) begrenzt werden.
Kapitaldeckung ausbauen

Die Eigenverantwortung der Versicherten muss gestärkt werden – auch in Bezug auf die finanzielle Vorsorge. Der „Pflege-Bahr“ und andere Angebote leisten einen wertvollen Beitrag, etwas gegen eine drohende Finanzierungslücke im Pflegefall zu tun und helfen damit, pflegebedingte Sozialhilfeabhängigkeit zu vermeiden. Diese kapitalgedeckte private Vorsorge muss weiter ausgebaut werden. Im Umlagesystem der sozialen Pflegeversicherung drohen  sonst gravierende intergenerative Umverteilungen.

Teilkostendeckung beibehalten
Die Pflegeversicherung wurde aus guten Gründen vom Gesetzgeber nach dem Prinzip der Teilkostendeckung konzipiert: Ein staatlich organisiertes und über Zwangsabgaben finanziertes Pflegesystem muss sich auf eine Basissicherung beschränken, um allen Systembeteiligten genügend große Handlungsspielräume zu belassen.
 
Durch Übernahme versicherungsfremder Leistungen aus Steuermitteln kurzfristig finanzielle Stabilität sicherstellen

Aufgaben, die nicht der Absicherung des Pflegerisikos dienen, wie die rentenrechtliche Sicherung pflegender Angehöriger, Ausbildungskosten oder pandemiebedingte Sonderausgaben, müssen vollständig aus Steuermitteln finanziert werden. Zudem müssen die Länder vollumfänglich ihren Investitionsverpflichtungen nachkommen.

Damit würde die Soziale Pflegeversicherung einmalig um 5 Mrd. € und zusätzlich jährlich um rund 7 Mrd. € entlastet und die Eigenanteile der Pflegeheimbewohnenden um durchschnittlich rd. 630 € pro Monat gesenkt.

Hingegen wären Steuermittel nicht sachgerecht für die reine Abdeckung von Kernleistungen der Sozialen Pflegeversicherung.

Entkopplung der Pflegekostenfinanzierung vom Arbeitsverhältnis anstreben

Zentraler Reformschritt muss die Entkopplung der Pflegekostenfinanzierung vom Arbeitsverhältnis sein. Der beste Weg hierfür ist die Umstellung der Finanzierung auf einkommensunabhängige Pflegeprämien mit steuerfreier Auszahlung des Arbeitgeberanteils in den Bruttolohn und Sozialausgleich für Einkommensschwache. Die heutigen lohnorientierten Beiträge wirken wie eine Strafsteuer auf Arbeit. Sollte dies nicht politisch durchsetzbar sein, muss zumindest der Arbeitgeberbeitrag zur Pflegeversicherung gesetzlich auf dem bestehenden Niveau festgeschrieben werden. Zukünftige Ausgabensteigerungen, die über das Wachstum der Grundlohnsumme hinaus gehen, müssen dann über Zusatzbeiträge der Versicherten finanziert werden.

Neu seit 1. Juli 2023: Entlastung von Eltern mit mehreren Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in der Pflege­versiche­rung

Zum 1. Juli 2023 werden Eltern mit mehreren Kindern in der Pflege­versiche­rung entlastet. Beschäftigte mit mehreren Kindern werden ab dem 2. Kind bis zum 5. Kind in Höhe von 0,25 Beitrags­satz­punkten je Kind entlastet. Der Abschlag gilt bis zum Ende des Monats, in dem das Kind jeweils sein 25. Lebensjahr vollendet hat oder hätte. Danach entfällt der Abschlag für diese Kinder.

Für die häufigsten Fragen hat die BDA ein FAQ und Muster zu Ihrer Unterstützung erstellt:

Informationen erhalten unsere Mitglieder auch in unseren regelmäßigen BDA-Praxisseminaren:

Weitere interessante Links zum Thema: