Bürokratieaufwand in der Lohnabrechnung reduzieren

Wenn schon die Arbeitgeber Aufgaben der Sozial­versicherung übernehmen, dann muss und kann dies nur zwingend zur Folge haben, dass die Aufgaben­erfüllung ohne aufwendige Bürokratie möglich ist. Genau das ist heute aber nicht der Fall. Das Dickicht an sozial­versicherungs­rechtlichen Vorschriften geht mit erheblichen Haftungs­risiken einher und verursacht bei den Unternehmen enorme Verwaltungs­kosten. Probleme bereiten insbesondere die komplizierte Berechnung der Sozial­versicherungs­beiträge, das ausufernde Melde- und Bescheinigungs­wesen sowie die Unterschiede zwischen Sozial­versicherungs- und Steuerrecht.

Bürokratieabbau lässt sich u. a. auch durch eine Reform der Ausgleichsverfahren für Arbeitgeber (U1- und U2-Verfahren) erreichen. Diese Verfahren haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2019 einen Erfüllungsaufwand von 131 Mio. € bei den Arbeitgebern verursacht. Zudem weisen die für ein bloßes Aufwands-Umlageverfahren extrem hohen Verwaltungskosten der Krankenkassen (367 Mio. € im Jahr 2022) auf ein erhebliches Potenzial zur Kostenreduzierung hin. In der aktuellen Situation ergibt sich insbesondere bei einer unterjährigen Anpassung der Umlagesätze für das U1-Verfahren als auch bei der Einstellung neuer Beschäftigter zusätzlicher Verwaltungsaufwand seitens der Unternehmen. Hier bestünde u. a. durch die Anwendung einheitlicher Umlagesätze ein Einsparpotenzial von 2 bis 5 Minuten pro Fall entsprechend dem Leitfaden der Bundesregierung und des Normenkontrollrates.
 
Zu den unseren Vorschlägen zur Vereinfachung des Beitrags- und Melderechts zählen u.a. folgende Punkte:
 
Umlageverfahren entbürokratisieren bzw. mittelfristig abschaffen
Die Umlageverfahren dienen dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, der finanziellen Belastungen aus dem Mutterschutz der Arbeitgeber und der Lohnfortzahlung bei Insolvenz des Arbeitgebers von der jeweiligen Krankenkasse des Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin. Finanziert werden die Umlageverfahren durch eine entsprechende Arbeitgeberumlage. Der größte Kostenfaktor liegt beim U1-Verfahren von Kleinbetriebe (Arbeitgeber mit bis zu 30 Arbeitnehmern). Der einzelne Arbeitgeber muss das Umlageverfahren mit jeder Krankenkasse durchführen, bei der einer seiner Beschäftigten versichert ist. Dementsprechend sind – je nach Satzung der Krankenkasse – jeweils unterschiedliche Erstattungssätze (derzeit 96) und damit auch unterschiedliche Umlagesätze zugrunde zu legen und vom Arbeitgeber zu berücksichtigen.
 
Der wirksamste Bürokratieabbau würde dadurch erreicht, dass die Pflicht zur Teilnahme am Umlageverfahren gestrichen wird. Zumal die Finanzierung der Versorgung von Müttern während der Mutterschutzfristen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist (Art. 6 Abs. 4 GG) und folgerichtig von der Allgemeinheit zu tragen ist. Allerdings lässt sich auch bei Beibehaltung des Verfahrens eine deutliche Entlastung von Bürokratieaufwand erreichen, indem Arbeitgebern ermöglicht wird, sich eine Krankenkasse auszuwählen, bei der sie das Umlageverfahren durchführen. Die Unternehmen hätten somit einen Ansprechpartner für alle Abwicklungsfälle, einheitliche Beitrags- bzw. Erstattungssätze sowie einheitliche Erstattungsregeln.
Künstlersozialabgabeverfahren zumindest vereinfachen
Als einziges Land in Europa leistet sich Deutschland ein Sondersozialversicherungssystem für Künstler. Die zu dessen Finanzierung geschaffene Abgabepflicht der Unternehmen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) belastet diese – über die Kostenbelastung durch die Künstlersozialabgabe selbst – mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand. Zum Bürokratieaufwand tragen insbesondere die zahlreichen Unschärfen der rechtlichen Regelungen und die umfangreichen Aufzeichnungs-, Dokumentations- und Meldepflichten bei.
 
Die Bürokratiekosten für die Erhebung der KSA stehe dabei in keinem Verhältnis zu den Einnahmen, kritisiert jetzt die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (vhu) in einem Positionspapier von 12. August 2016. Die Aufwendungen der Verwerter zur Meldung und Zahlung der Künstlersozialabgabe sowie die Prüfungskosten der Rentenversicherung seien unverhältnismäßig. Vor allem kleineren bis mittleren Unternehmen verursache dies hohe Bürokratiekosten. Einer Untersuchung der IW Köln Consult GmbH zufolge müssten kleinere Unternehmen in etwa genauso viel für die Feststellung der Künstlersozialabgabe aufbringen wie sie an Beträgen zu leisten haben. Der vhu verweist als Beleg auf eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln aus dem Jahr 2008, die 2009 bereits den BDA zu einem Positionspapier gegen die KSA veranlasst hatte. Es kam zum Ergebnis, dass auf jeden Euro Abgabe, der eingenommen wurde, 78 Cent Bürokratiekosten anfallen. (Quelle: VGSD 2016).
 
Mit dem Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes wurde das Missverhältnis zwischen Abgabe und damit verbundenem Bürokratieaufwand noch einmal dramatisch verschärft. Durch das Gesetz wurde eine umfangreiche Kontrolle der Abführung der Künstlersozialabgabe während der Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung bei den Arbeitgebern eingeführt. Dadurch entstehen weitere Kosten sowohl bei den Trägern der Rentenversicherung als auch bei den Arbeitgebern, ohne dass sich an der Höhe der aufzubringenden Abgabe etwas ändert. Ein solch eklatantes Missverhältnis zwischen Kosten und Nutzen zeigt die Dringlichkeit, umgehend Vereinfachungen herbeizuführen.

Neu ab 4. Oktober 2023 das SV-Meldeportal

Die Sozialversicherungsträger sind gemäß §95a des SGB IV gesetzlich verpflichtet eine Ausfüllhilfe zum elektronischen Austausch von Meldungen, Beitragsnachweisen, Bescheinigungen und Anträgen zur Verfügung zu stellen. Am 4. Oktober 2023 wird das neue SV-Meldeportal freigeschaltet. In einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2023 kann das Vorläuferprodukt sv.net uneingeschränkt auch weiterhin genutzt werden.

Für die häufigsten Fragen hat die BDA ein FAQ zu Ihrer Unterstützung erstellt.

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