Rechtssicherheit im Urlaubsrecht schaffen

Dem Urlaub kommt eine wichtige Funktion zu. Sinn und Zweck des Urlaubs ist es nicht nur, den Beschäftigten Zeit zur eigenen Verwendung zu verschaffen. Im Fokus des gesetzlichen Anspruchs auf Urlaub steht die Erholungsfunktion. Dies unterstützt nicht nur die Gesunderhaltung der Beschäftigten, sondern erhält auch ihre Arbeitskraft. Daher muss für beide Arbeitsvertragsparteien im Urlaubsrecht Rechtssicherheit bestehen.

Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gewährleistet einen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch. Beschäftigten stehen z. B. bei Arbeit an fünf Tagen in der Woche 20 Tage Urlaub zu. Dies entspricht dem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Wird dem Beschäftigten der Urlaub gewährt, wird sein Arbeitsentgelt fortgezahlt. Was über diesen Mindesturlaubsanspruch hinausgeht, ist Verhandlungssache zwischen den Arbeits- und Tarifvertragsparteien. Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass dem Beschäftigten zusätzlich zu seinem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch weiterer Urlaub zusteht. Darüber hinaus können sie auch vereinbaren, dass der Beschäftigte ein Urlaubsgeld zusätzlich zum während des Urlaubs fortzuzahlenden Entgelt erhält.
 
Seit 2009 wurden vor allem durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zahlreiche Entscheidungen getroffen, die vielfach grundlegende Richtungswechsel im Urlaubsrecht bedeuten:
  • Der gesetzliche Mindesturlaub verfällt bei lang andauernder, ununterbrochener Erkrankung nicht vor Ablauf von 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist, wenn der Beschäftigte nicht die Möglichkeit gehabt hat, den Urlaubsanspruch geltend zu machen.
  • Einem Vollzeitbeschäftigten, der in Teilzeit wechselt und dabei die Anzahl der Wochenarbeitstage verringert, darf der Urlaubsanspruch, den er während der Vollzeitbeschäftigung erworben hat, nicht anteilig gekürzt werden, sofern es dem Beschäftigten (aufgrund von Krankheit etc.) nicht möglich war, den Urlaub während der Vollzeitbeschäftigung zu nehmen.
  • Wird die Arbeitszeit infolge Kurzarbeit reduziert, kann auch der Urlaubsanspruch – vergleichbar wie bei Teilzeitbeschäftigten – angepasst werden.
  • Eine altersabhängige Staffelung tariflicher Urlaubsansprüche kann diskriminierend sein, sofern evtl. höhere Urlaubsansprüche für ältere Beschäftigte nicht auf einem nachvollziehbar gesteigerten Erholungsbedürfnis beruhen.
  • Ein Arbeitnehmer verliert seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Kann der Arbeitgeber jedoch nachweisen, dass er den Arbeitnehmer auf einen drohenden Verfall hingewiesen hat und verzichtet der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf , seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruchs und - bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses - dem Wegfall einer finanziellen Vergütung nicht entgegen.
Im Urlaubsrecht als grundlegendem Element des Arbeitsverhältnisses muss sich für Arbeitgeber und Beschäftigte unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, was gilt. Aufgrund der umfangreichen durch die Rechtsprechung vorgenommenen Änderungen bedarf es daher einer Anpassung des Bundesurlaubsgesetzes. Dies gilt vor allem für die Fallgestaltung, dass ein Arbeitnehmer den Urlaub aufgrund lang andauernder Erkrankung nicht nehmen konnte. Im Bundesurlaubsgesetz sollte klargestellt werden, dass Urlaub auch bei lang andauernder Krankheit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.

18. November 2020

Urlaubsrecht