Zukunft der Sozialversicherung

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat im Februar 2019 eine Kommission „Zukunft der Sozialversicherung: Dauerhafte Begrenzung der Beitragsbelastung“ eingesetzt*. Unter der Leitung von Professor Dr. Werding (Ruhr- Universität Bochum) hat diese Vorschläge erarbeitet, wie sich die Summe der Beitragssätze der gesetzlichen Sozialversicherungen auf Dauer unter 40 Prozent halten lassen.

Der Kommissionsbericht zeigt auf, dass die ohnehin schon hohe Belastung von Löhnen und Gehältern in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich deutlich steigen wird. Auf der Basis des derzeit geltenden Rechts sei ein Beitragssatzanstieg auf rund 50 Prozent (49,6 Prozent) bis 2040 zu erwarten. Dies erzeuge massive Risiken für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche Entwicklung im Inland, mit ungünstigen Auswirkungen auf die Beschäftigung, und gefährde auch den sozialen Zusammenhalt und den gerechten Ausgleich zwischen den beteiligten Generationen. Das politische Ziel einer Obergrenze von 40 Prozent bei den Sozialabgaben sei nicht beliebig gesetzt, sondern resultiere vielmehr aus den Erfahrungen mit der ökonomischen Entwicklung in Deutschland.
 
Der belegt, dass es zwar nicht leicht, aber sehr wohl möglich ist, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag trotz der demografischen Entwicklung wirksam auf unter 40 Prozent zu begrenzen. Dafür müsse aber ein konsequenter Reformkurs eingeleitet werden, der auch unbequeme Maßnahmen umfasse, wie z. B eine weitere Verlängerung der erwerbsaktiven Lebensphase. Diese hätte nicht nur günstige Auswirkungen  auf Beitragssatz  und  Sicherungsniveau  der Rentenversicherung, sondern könnte auch eine große Breitenwirkung für die Finanzen der anderen Sozialversicherungszweige und für die Gesamtwirtschaft entfalten.
 
Die Kommission empfiehlt insbesondere folgende Maßnahmen zur dauerhaften Begrenzung der Sozialbeiträge:
  • Aktive Lebensphase verlängern: automatische Regelbindung der Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung
  • Abschlagsfreien vorzeitigen Renteneintritt abschaffen
  • Abschläge und Zuschläge bei vorzeitigem bzw. späteren Renteneintritt erhöhen
  • Nachhaltigkeitsfaktor verstärken
  • Nicht beitragsgedeckte Leistungen voll aus dem Bundeshaushalt finanzieren
  • Strikteres Versorgungsmanagement auf Basis von Selektivverträgen der Krankenkassen mit Ärzten und Krankenhäusern ermöglichen
  • Krankenhausbedarfsplanung ändern, monistische Krankenhausfinanzierung durch die GKV einführen und Steuermittel für die erforderlichen Investitionen bereitstellen
  • GKV-Tarife mit Versorgungsmanagement als Wahltarife anbieten und für andere GKV-Tarife einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Versicherten erheben
  • Nachhaltigkeitsfaktor bei Anpassungen der Pflegeleistungen einführen
  • Charakter der Arbeitslosenversicherung als beitragsfinanzierte Risikoversicherung stärken, u. a. maximale Laufzeit der Ansprüche auf Arbeitslosengeld auf zwölf Monate begrenzen

*Die BDA-Kommission ist ein Gremium aus Wissenschaft und Wirtschaft unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Martin Werding (Ruhr-Universität Bochum), Co-Vorsitzende ist Frau Heide Franken (ehem. Geschäftsführerin bei Randstad Deutschland, ehem. BDA-Präsidiumsmitglied). Weitere Mitglieder sind: Herr Bertram Brossardt (vbw - Hauptgeschäftsführer), Frau Prof. Dr. Tabea Bucher-Koenen (ZEW und Universität Mannheim), Herr Prof. Dr. Michael Hüther (IW Köln), Herr Steffen Kampeter (BDA-Hauptgeschäftsführer), Herr Prof. em. Dr. Dr. h.c. Wolfram Richter (Technische Universität Dortmund), Herr Holger Schwannecke (ZDH-Generalsekretär) und Herr Oliver Zander (Hauptgeschäftsführer Gesamtmetall).

10. Juni 2024

Zukunft der Sozialversicherung

10. Juni 2024

Krankenversicherung

Damit die Krankenversicherung – gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung und den medizinisch-technischen Fortschritt auch in Zukunft leistungsfähig und finanzierbar bleibt, brauchen wir durchgreifende und nachhaltige Strukturreformen, die sowohl auf der Finanzierungs- als auch auf der Leistungsseite ansetzen. Die in den letzten Jahren beschlossenen gesetzlichen Änderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung haben sich regelmäßig auf Einzelbereiche beschränkt und die ohnehin steigende Kostenbelastung zum Teil sogar noch verschärft. Statt langfristiger Strukturreformen hat vor allem Kurzfristdenken die Gesundheitspolitik geprägt. Dieses Stückwerk darf nicht weiter fortgesetzt werden.