Rentenpaket II: Den Preis für den fehlenden politischen Mut zahlen die Jungen
BDA AGENDA 17/2024 | THEMA DER WOCHE | 29. August 2024
Von der geplanten Rentenreform profitieren vor allem die derzeitigen Rentenbeziehenden sowie die rentennahen Jahrgänge. Bezahlen müssen die Zeche dafür die jüngeren und kommenden Generationen. Das ist ungerecht und verspielt Vertrauen.
Mit dem Rentenpaket II will die Bundesregierung das Mindestrentenniveau von 48% dauerhaft fortschreiben. Den Preis für das Versprechen bezahlen die jüngeren und nachfolgenden Generationen. Vor den Folgen des teuersten Sozialgesetzes des Jahrhunderts hatten die Arbeitgeber bereits frühzeitig gewarnt.
Aktuelle Berechnungen des ifo-Instituts belegen, dass von der geplanten Reform insbesondere die derzeitigen Rentenbeziehenden und die rentennahen Jahrgänge profitieren. Die jüngeren Generationen hingegen erleiden unter dem Strich einen deutlichen Verlust. Denn die höheren Rentenansprüche bezahlen sie teuer mit noch höheren Beiträgen.
Die Festschreibung des Rentenniveaus führt damit im Vergleich zum Status quo zu einer Umverteilung von Einkommen von der erwerbsfähigen Generation zu den Rentenbeziehenden. Damit gibt die Ampelregierung den langjährigen politischen Konsens auf, wonach die Kosten der Alterung zwischen Beitragszahlenden und Rentenbeziehenden aufgeteilt werden. Am Ende zahlen die Zeche die jüngeren und die kommenden Generationen. Das ist ungerecht und verspielt Vertrauen.
Das sog. Generationenkapital – also am Kapitalmarkt angelegtes Geld als zusätzliche Einnahmequelle für das Rentensystem – wird nicht für mehr Gerechtigkeit bei der Finanzierung sorgen. Erst Mitte der 2030er-Jahre wird diese Kapitalanlage wirksam. Die Rentenbeiträge werden dann womöglich um gerade mal 0,3 Prozentpunkte sinken - falls sich eine Rendite in der notwendigen Höhe wirklich einstellt.
Das Rentenpaket II bedeutet damit eine milliardenschwere Zusatzbelastung für die Beitragszahlenden, denn der absehbar starke Anstieg der Rentenausgaben wird den Beitragssatz immer schneller und weiter in die Höhe treiben. Die Gesamtbelastung durch Sozialbeiträge droht so bis Ende des kommenden Jahrzehnts auf rund 50% zu steigen. Das verteuert den Faktor Arbeit, mindert Arbeitsanreize, beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit inländischer Unternehmen und gefährdet damit insgesamt den Standort Deutschland. Das ist das Gegenteil von nachhaltiger Sozialpolitik.
Was wir stattdessen brauchen, sind strukturelle Reformen des Rentensystems. Die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte (sog. Rente ab 63) muss schnellstmöglich abgeschafft werden. Mit der Abschaffung dieser Frühverrentungsanreize würden nicht nur enorme Kosten eingespart werden, sondern auch Entlastungseffekte in Bezug auf den Fachkräftemangel erzielt.
Zudem muss rechtzeitig über eine Anhebung des Renteneintrittsalters entschieden werden, um die Kosten aus der zunehmenden Alterung der Gesellschaft generationengerecht zu verteilen.
Letztlich muss der Nachhaltigkeitsfaktor, durch den Veränderungen im zahlenmäßigen Verhältnis von Rentenbeziehern zu Beitragszahlern berücksichtigt werden, wieder aktiviert werden, um die demografischen Lasten, die durch die stark steigende Anzahl an Rentnern in den kommenden Jahren zunehmen werden, zu reduzieren.
Für all diese Maßnahmen baucht es Mut und Entschlossenheit. Aber das eigentlich schon jetzt erforderliche Rentenpaket III ist in weiter Ferne. Stattdessen schiebt diese Koalition ein milliardenschweres Problem weiter, an die kommende Regierung. Sollen die doch diese ungeliebte Aufgabe lösen.