Can we still be friends?

 


BDA AGENDA 16/21 | KOMMENTAR DER WOCHE

Prof. Dr. Andrew Ullmann MdB, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses Globale Gesundheit und stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe USA, geboren in L.A., USA

Berlin, 22. Juli 2021.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Beziehung zu den USA ist nie rein technisch oder pragmatisch oder gar vernünftig. Sie ist immer auch emotional. Da ist es nicht verwunderlich, dass US-Außenminister Antony Blinken sagt, dass die USA keinen “besseren Freund auf der Welt als Deutschland” haben. Über die Regierung von Donald Trump hinweg sah das ganz anders aus. Entfremdung, Entzweiung, kurz vor der Scheidung im Rosenkrieg. Zum Glück hat sich Präsident Joe Biden blitzschnell wieder Europa und vor allem Deutschland zugewandt. 

Doch die Zugewandtheit sollte uns nicht übersehen lassen, dass Probleme in dieser jetzt wieder innigen und herzliche Freundschaft bestehen: Wie gehen wir mit China um? Was wird aus Nord Stream 2? Welchen Weg gehen wir gemeinsam im Klimawandel? Wann werden Reisende aus der EU wieder gleich behandelt wie Reisende aus den USA? Was ist mit den Strafzöllen? Was mit dem Nato Verteidigungsbudget? Wie agieren wir in der Frage der globalen Gesundheit? All dies sind Fragen, auf die eine zukünftige Bundesregierung – hoffentlich mit liberaler Beteiligung Antworten finden muss. 

Allerdings möchte ich den Blick auf einen positiven Aspekt richten: die Kooperation in der Gesundheitspolitik. Noch vor dem Ende der unsäglichen Präsidentschaft Donald Trumps haben die Firmen BioNTech und Pfizer gezeigt, wozu deutsch-amerikanische Partnerschaften in der Lage sind. Ohne die Unterstützung durch den Pharma-Riesen Pfizer hätte das Unternehmen von Özlem Türeci und Uğur Şahin nicht die Möglichkeit gehabt, ihre sensationelle Entwicklung in der Kürze der Zeit zu testen, zu produzieren und auch noch zu liefern. Das war ein Meisterstück.

Ein Meisterstück, das wohl ohne den Patentschutz nicht zustande gekommen wäre. Und hier zeigt sich, dass doch die wirtschaftlichen Akteure in den transatlantischen Beziehungen zurzeit noch näher aneinander sind als die politischen. Denn das gerade die Regierung von Joe Biden die Aufhebung des Patentschutzes fordert, ist nicht nachvollziehbar. Dieser Entschluss wirkt, als würde Biden zwanghaft versuchen, alles anders zu machen als Donald Trump und dabei die amerikanische Seele und ihr Selbstverständnis vergessen. Nur gut, dass Deutschland und die EU sich weigern, diesen tödlichen Schritt mitzugehen. 

Allerdings wird in Zukunft mehr denn je Gesundheitspolitik global stattfinden und gemeinsames Handeln ist unausweichlich. Weder Impfnationalismus noch internationaler Gesundheitssozialismus können dabei Lösungen sein. Um die Welt auf künftige Gesundheitskrisen vorzubereiten, brauchen wir multilaterale Zusammenarbeit und wirtschaftliche Kooperation, Forschungsaustausch und Informationstransparenz. Wir brauchen ein globales und zuverlässiges Surveillance-System, eine Stärkung der Internationalen Gesundheitsvorschriften, eine nachhaltige Finanzierung der Pandemieprävention- und reaktion sowie eine Reform der Weltgesundheitsorganisation. Wir brauchen dazu sowohl die USA als auch China. Wir können uns daher glücklich schätzen, dass die USA wieder im Boot der WHO sitzen. Nach vorne bringen wir das Boot aber nur, wenn wir es nicht bei den Freundschaftsbekundungen belassen, sondern gemeinsam in die gleiche Richtung rudern.