Zukunftskompetenzen heute starten
10 Punkte zu Future Skills im Bildungssystem
11. Oktober 2024
Die Arbeitswelt der Zukunft bietet Unternehmen und ihren Beschäftigten viele Chancen, stellt sie aber auch stetig vor neue Herausforderungen. Der aktuelle Transformationsprozess durch Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und Deglobalisierung bedeutet einen tiefgreifenden Strukturwandel für die deutsche Wirtschaft. Politische und gesellschaftliche Veränderungen kommen als Rahmenbedingungen hinzu.
Neue Entwicklungen, zuletzt durch Künstliche Intelligenz und Arbeiten 4.0, stellen dabei auch veränderte Anforderungen an die Bildung – sei es die frühkindliche Bildung, Schulbildung, Hochschulbildung, berufliche Ausbildung oder Weiterbildung. Die digitale und ökologische Transformation verändert Tätigkeitsprofile. Veränderungsbereitschaft wird zentral, um Qualifikationen und Kompetenzen auf dem aktuellen Stand zu halten. In Zeiten des steten Wandels werden ein offenes Mindset und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen immer dringlicher. Dasselbe gilt für Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsfähigkeit im Team, kritisches und vernetztes Denken sowie Kreativität. Ein respektvolles und aufmerksames Miteinander und die Bereitschaft zu Engagement und Verantwortungsübernahme sind gefragter denn je.
Digitale Kompetenzen, zunehmend auch Erfahrungen mit KI-Anwendungen, rücken mit der fortschreitenden Technisierung und Vernetzung unserer Wirtschafts- und Arbeitswelt in den Mittelpunkt des Arbeitens – unabhängig von Branche, Tätigkeit oder Stellung im Unternehmen. Daher sollten alle Bildungsbereiche über die gesamte Bildungskette hinweg neben dem sicheren Erwerb von Grundkompetenzen auch diese Future Skills bei allen Lernenden stärken und entwickeln. Die Zukunft gestalten und gewinnen wir mit MINT-Kompetenzen und indem wir neue Technologien für mehr Nachhaltigkeit entwickeln und anwenden.
Unternehmen sind in Aus- und Weiterbildung mit Blick auf Zukunftsszenarien gefordert und engagiert. Sie wollen darüber hinaus bereits dem Nachwuchs in Schule, Ausbildung und Hochschule Einblicke in die Praxis des Strukturwandels geben und die Kooperation mit Hochschulen als wichtigen Innovationstreibern ausbauen.
Für die nachhaltige Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts braucht es jetzt einen neuen Fokus auf Zukunftskompetenzen in allen Bildungseinrichtungen. Die folgenden Weichenstellungen sind entscheidend:
- Deutlich mehr junge Menschen als zuletzt müssen die Bildungsstandards in den Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen erreichen. Auch Englisch sollte sicher beherrscht werden. Alle müssen in der Schule gefördert und gefordert werden. Die Bildungspolitik in den Ländern muss Schulqualität und Bildungsgerechtigkeit mit einem datenbasierten System der Schulentwicklung sichern. Die allgemeinen Basiskompetenzen bleiben absolut notwendige Grundlage für alles Weitere. Dass viele Schüler und Schülerinnen diese Ziele verfehlen, darf nicht länger hingenommen werden. Tatsächlich erreicht ein Viertel der Schülerinnen und Schüler die Mindeststandards nicht, zu wenige übertreffen sie und erreichen die Spitzengruppe. Aber auch nach der Schule muss es möglich sein, im Erwachsenenalter Basiskompetenzen zu fördern und zu verbessern, um Beschäftigungsfähigkeit und gesellschaftliche Teilhabe zu stärken.
- Die digitalen Grundkompetenzen müssen selbstverständlicher Teil der Allgemeinbildung sein – das Anwenden, Verstehen, Gestalten und Reflektieren digitaler Technologien. Der Digitalpakt 2.0 für Schulen muss kommen, die Mittel müssen die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen zügig und unbürokratisch erreichen. Digitale Bildung entsteht vor allem, indem Schülerinnen und Schüler mit und über digitale Medien lernen und auch indem sie sich mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen und sie nutzen. Hinzukommen muss informatorische Grundbildung als technologische Kompetenz. Dies muss sich in der Stundentafel und Fächersystematik verpflichtend niederschlagen. Auch Informationen zu recherchieren, zu filtern und zu bewerten – zumal in Social Media – ist ein entscheidendes Bildungsziel. Best practice aus einzelnen Bundesländern kann von anderen weiter übernommen werden.
- MINT-Kompetenzen sind mit einem handlungsorientierten und motivierenden Unterricht und auch mit Innovationswerkstätten zu fördern. Außerschulische Lernorte im Unterricht stärken zusätzlich diese und andere Kompetenzen. Bei MINT-Programmen insbesondere für Mädchen und junge Frauen sollten die Konzepte evaluiert und gute Modelle in die Breite getragen werden. MINT ist entscheidend, um neue Technologien entwickeln und anwenden zu können: Nachhaltigkeit wird nur mit und nicht gegen eine innovative Technik und starke Wirtschaft erreicht werden.
- Schlüsselkompetenzen sollen in der Bildungskette eine deutlich größere Rolle spielen. Es geht um Leistungsbereitschaft, Resilienz, Zuverlässigkeit und Eigenverantwortung ebenso wie um Empathie, Werteorientierung und Mitverantwortung. Dies gilt z.B. auch zunehmend für den Bereich Gesundheit, Bewegung und Ernährung. Verhaltenskompetenzen, wie z. B. mit anderen Personen umgehen zu können, auch eine Dienstleistungs- und Kundenorientierung sowie Engagement und Einsatzbereitschaft im jeweiligen Berufsbild sind ebenso unverzichtbar. Mitverantwortung muss insbesondere auch für unsere freiheitliche Demokratie vermittelt und übernommen werden. Für soziale und personale Kompetenzen ist auch die Familie ein entscheidender Lernort.
- Eine grundsätzliche Offenheit für Neues muss sich als Lernziel durch die gesamte Bildungskette hindurchziehen. Neugier, Flexibilität, Prozessdenken und Veränderungsbereitschaft als Mindset machen angesichts der Veränderungsdynamik die maßgeblichen Transformationskompetenzen aus. Lernen ist eine Metakompetenz für den gesamten Lebenslauf. Zur Offenheit zählen unabdingbar auch interkulturelle Kompetenzen.
- Kreativität und Problemlösekompetenz sind gefragter denn je. Dazu gehört es, die unterschiedlichen Perspektiven auf ein Thema wahrzunehmen und aufzugreifen und sich ebenso engagiert wie kritisch für ein Anliegen einzusetzen. Handlungsorientierung sowie ein ganzheitliches, vernetztes und wirtschaftliches Denken tragen zu umfassenden Lösungen bei. Dieser Ansatz muss das Bildungssystem viel stärker prägen und für alle Bereiche und Fächer gelten. Innovationen entstehen nicht entlang festgefahrener Bahnen, sondern durch „Out of the Box“ Denken.
- In allen Bildungsbereichen sollten Lernziele und Curricula sowie Didaktik und Methodik grundlegend mit Blick auf Zukunftskompetenzen überarbeitet werden. Dabei gilt es, durchgehend Praxisnähe und Lebensweltbezüge zu sichern sowie Bildung und Beschäftigung zusammenzudenken. Berufsorientierung sollte ganzheitlich ausgerichtet sein. Bildungsakteure müssen die Lernziele vorleben, d.h. sich vernetzen, Lernorte verzahnen, Lernzeitpunkte flexibilisieren. Sie müssen selbstverständlich und systematisch Feedback geben und nehmen,
Prüfungen handlungs- und kompetenzorientiert verändern und eine Auffangkultur der zweiten Chance hinterlegen. Entsprechend sollte auch die Aus- und Fortbildung der Lehrenden aufgestellt werden. Damit wird das Bildungssystem weit mehr als bisher auf die notwendige Kompetenzorientierung abzielen und flexibel bleiben. - Die Sozialpartner müssen entlang der Zukunftskompetenzen die Berufsbilder bedarfsgerecht und in attraktiven Profilen weiterentwickeln sowie Weiterbildungsstrategien systematisch unterstützen. Unternehmen investieren bereits intensiv in Aus- und Weiterbildung mit Blick auf Zukunftsszenarien und daraus folgende Zukunftskompetenzen. Primärer Lernort für die Beschäftigten ist das Unternehmen als Zukunftsgestalter. Lernen geschieht vor allem am Arbeitsplatz. Betriebe setzen pro Jahr 27 Mrd. € in der Ausbildung ein und 46 Mrd. € – mehr denn je – in der Weiterbildung. Innovation gehört zu Kultur und Leitbild von zukunftsfähigen Unternehmen.
- Eine ausgesprochene Zukunftskompetenz ist das unternehmerische Denken – mit seiner Innovationsfähigkeit, Problemlösekompetenz, Zielorientierung, Eigeninitiative und Verantwortungsübernahme. Unternehmen sollen den jungen Menschen praktische Erfahrungen mit Zukunftskompetenzen ermöglichen. Dazu ist es wichtig, dass sie mit Schulen kooperieren, auch in Projekten ohne direkte Berufsorientierung. Praktika für Lehrkräfte vermitteln diesen als Multiplikatoren einen Einblick in die aktuelle Transformation der Wirtschafts- und Arbeitswelt.
- Gemeinsam sind Wissenschaft und Wirtschaft die maßgeblichen Innovationstreiber und Impulsgeber für die Zukunft. Die Kooperation von Hochschulen mit Unternehmen in Forschung, Entwicklung und Wissenstransfer muss daher intensiviert werden. Darauf aufbauend sollten Hochschulen mehr wissenschaftliche Weiterbildung anbieten. Dafür ist eine bundeseinheitliche Auslegung des EU-Beihilferechts notwendig.
Die BDA engagiert sich aktiv beim Thema Zukunftskompetenzen mit der jährlichen Futurework. Der Arbeitgeberpreis für Bildung zeichnet 2024 Bildungseinrichtungen mit Zukunftskompetenzen aus. Positionierungen z.B. zu Green Skills und Nachhaltigkeit kommen hinzu. Über das bundesweite Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT wird Schulen kostenfrei die Future Skills Box angeboten und werden Unternehmenspraktika sowie das Programm Digital insights durchgeführt. Das Engagement der Arbeitgeberverbände und ihrer Partner unterstützt eine zukunftsfähige Bildung und die Qualifizierung im Strukturwandel entlang der Bildungskette. Dazu trägt auch die Mitwirkung im Stifterverband und der Zukunftsmission Bildung bei.
Ansprechpartnerin:
BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Abteilung Bildung
T +49 30 2033-1500
bildung@arbeitgeber.de
Die BDA organisiert als Spitzenverband die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der gesamten deutschen Wirtschaft. Wir bündeln die Interessen von einer Million Betrieben mit rund 30,5 Millionen Beschäftigten. Diese Betriebe sind der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden verbunden.