Tarifzwang und Bürokratie schwächen
Tarifautonomie
Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der
Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe
öffentlicher Aufträge des Bundes vom 22. Juli 2025
25. Juli 2025
Zusammenfassung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ignoriert mit dem Gesetzgebungsvorhaben die aktuelle wirtschaftliche Lage, die sich durch die anhaltende Schwächephase und zunehmende außenpolitische Risiken gegenüber dem letzten Jahr weiter verschärft hat. Es ist deshalb verfehlt, an der gesetzlichen Vorgabe einer sogenannten Tariftreue festzuhalten. Der Gesetzentwurf widerspricht dem klaren Bekenntnis der Koalitionspartner zu einem nachhaltigen Bürokratieabbau. Damit wird der Referentenentwurf dem im Koalitionsvertrag selbst gesteckten Zielen nicht gerecht. Dort heißt es – neben dem allgemeinen Versprechen, Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 Prozent (rund 16 Milliarden Euro) zu reduzieren und den Erfüllungsaufwand, um mindestens zehn Milliarden Euro zu senken – zum Bundestariftreuegesetz: „Bürokratie, Nachweispflichten und Kontrollen werden wir auf ein absolutes Minimum begrenzen.“
Was als Tariftreue bezeichnet wird, bleibt ein hoch bürokratisches Tarifzwangsgesetz, das Wirtschaft und Tarifautonomie unnötig belastet. Konstitutive Tariftreueregelungen sind unvereinbar mit der vom Grundgesetz geschützten Tarifautonomie und der Koalitions- und Arbeitsvertragsfreiheit. Das sog. Tariftreueversprechen bedeutet einen verfassungsrechtlich fragwürdigen Tarifzwang. Dabei garantieren das Mindestlohngesetz, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz bereits angemessene Mindestentgelte für Beschäftigte. Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) widersprechen konstitutive Tariftreuehürden als wettbewerbsfeindliche und protektionistische Maßnahmen der Nationalstaaten der Dienstleistungsfreiheit im Recht der Europäischen Union.
Die an einem Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen werden durch die Bundestariftreuregelung gezwungen, die vom Staat festgelegten tariflichen Entgelte und weiteren Arbeitsbedingungen zu zahlen. Sie müssen unter Umständen fremde Tarifverträge anwenden, wenn sie einen öffentlichen Auftrag erhalten wollen. Auf der Grundlage des Referentenentwurfs werden bestehende Tarifverträge verdrängt und Tarifverträge entwertet. Damit werden die Anreize für eine Tarifbindung noch gesenkt. Kein Unternehmen wird deswegen in einen Tarifvertrag, kein Arbeitnehmer in eine Gewerkschaft eintreten.
Durch Tariftreuevorgaben entstehen vor allem bürokratische Hürden und Kosten für Unternehmen und die öffentliche Auftragsseite. Der Nachweis-, Prüfungs- und Kontrollaufwand nimmt unverhältnismäßig zu. Das wirkt sich negativ auf die Zahl und die Vielfalt bei den Bietern aus und geht vor allem zu Lasten kleiner und mittlerer Unternehmen. Schon jetzt gibt es nach der Vergabestatistik des Statistischen Bundesamts bei öffentlichen Aufträgen des Bundes in rund 30 % der Ausschreibungen nur einen Bewerber. Die Haushaltsausgaben werden steigen und an anderer Stelle Mittel für dringende Investitionen fehlen.
Die vollständige Stellungnahme steht Ihnen in der rechten Marginalie zum Download zur Verfügung.
Ansprechpartnerin:
BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Abteilung Arbeitsrecht und Tarifpolitik
T +49 30 2033-1200
arbeitsrecht@arbeitgeber.de
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