Prüfung der Beschäftigungsbedingungen modernisieren, Schutzniveau erhalten
Positionspapier zur Weiterentwicklung der Arbeitsmarktzulassung der Bundesagentur für Arbeit
18. Juni 2025
Zusammenfassung
Für mehr Zuwanderung in Beschäftigung und Ausbildung braucht es gut funktionierende und zielgenaue Verfahren. Als Teil des Verfahrens prüft die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Rahmen der Arbeitsmarktzulassung die Beschäftigungsbedingungen. Demnach dürfen Drittstaatsangehörige nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen beschäftigt werden als vergleichbare inländische Beschäftigte. Das konkrete Verfahren ist im Rahmen der fachlichen Weisungen der BA untergesetzlich geregelt und kann mit Zustimmung des Bundesarbeitsministeriums angepasst werden. Es ist richtig, eine solche Prüfung durchzuführen, um Missbrauch frühzeitig zu erkennen und wirksam zu unterbinden. Die aktuelle Form der Prüfung ist aber nicht mehr zeitgemäß und wenig zielgenau. Sie sollte weiterentwickelt und transparenter gestaltet werden. Zum einen sollten anstelle des „ortsüblichen Lohns“ andere Beschäftigte im gleichen Betrieb als Vergleichsmaßstab bei der Prüfung herangezogen werden. Zum anderen sollte die Prüfung ab einer gewissen Gehaltshöhe und bei Personen mit inländischem Hochschul- oder Berufsabschluss generell entfallen. Hierfür bedarf es allerdings zusätzlich einer Änderung des Aufenthaltsgesetzes.
Im Einzelnen
Prüfung der Beschäftigungsbedingungen bleibt wichtig für Akzeptanz von Erwerbsmigration
Die Prüfung der Beschäftigungsbedingungen ist ein wichtiger Bestandteil des Verfahrens zur Einreise von ausländischen Arbeitskräften. Sie gewährleistet, dass ausländische Beschäftigte nicht unter ungünstigeren Bedingungen arbeiten müssen als ihre inländischen Kolleginnen und Kollegen. Die Prüfung leistet damit einen wichtigen Beitrag, um Missbrauch zu erkennen und die gesellschaftliche Akzeptanz von Erwerbsmigration zu erhöhen. Sie darf jedoch nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Zuwanderung in Beschäftigung verhindert.
Infobox: Wie prüft die BA aktuell die Beschäftigungsbedingungen?
Die BA darf einer Beschäftigung von ausländischen Beschäftigten (gilt auch für Asylbewerberinnen bzw. Asylbewerber sowie Geduldete) laut § 39 AufenthG nur zustimmen, wenn diese nicht zu ungünstigeren Bedingungen als inländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden. Die Prüfung umfasst die wesentlichen Arbeitsbedingungen wie Arbeitsentgelt und Arbeitszeit.
Für tarifgebundene Arbeitgeber gelten laut fachlichen Weisungen der BA die tariflichen Arbeits- und Lohnbedingungen als Prüfungsgrundlage. Greift kein Tarifvertrag, wird im nächsten Prüfschritt ermittelt, ob für die konkrete Tätigkeit ein Branchenmindestlohn gilt. Ist auch das nicht der Fall, wird der Prüfung der ortsübliche Lohn für vergleichbare Tätigkeiten zugrunde gelegt. Bei der Ermittlung des ortsüblichen Lohns wird laut BA auf repräsentative und belastbare Quellen (z. B. der Entgeltatlas der BA) abgestellt.
rüfung der Beschäftigungsbedingungen an neue Realitäten anpassen
Der Arbeitsmarkt ist anders als früher von Fach- und Arbeitskräftemangel geprägt. Arbeitskräfte können sich immer häufiger den Arbeitgeber aussuchen. Deshalb sollte die Prüfung der Beschäftigungsbedingungen durch die BA generell ab einer gewissen Gehaltshöhe entfallen oder ohne detaillierte Prüfung als erteilt gelten. Dies könnte z. B. ab der Gehaltsgrenze der Blauen Karte EU[1] gelten, die bereits ohne Zustimmung der BA erteilt wird. Ebenfalls verzichtbar ist die Prüfung der Beschäftigungsbedingungen im Anschluss an ein inländisches Studium oder eine inländische Berufsausbildung, insbesondere bei direkter Übernahme durch den ausbildenden Betrieb. Die bisher notwendige Prüfung verzögert häufig die direkte Arbeitsaufnahme. Diese Regelungen entlasten die BA und sind sachgerecht, da für diese Personengruppen kein erhöhter Schutzbedarf besteht.
Gleichzeitig ist es an der Zeit, das Prüfverfahren weiterzuentwickeln und die Transparenz für ausländische Arbeitskräfte und inländische Arbeitgeber zu erhöhen. Das gilt insbesondere dann, wenn das Unternehmen, das die ausländische Arbeitskraft beschäftigen möchte, nicht tarifgebunden ist und in der jeweiligen Branche kein Branchenmindestlohn besteht. In solchen Fällen wird der „ortsübliche Lohn“ als Vergleichsgröße angewendet. Dessen Ermittlung durch die Arbeitsmarktzulassungsteams in Zusammenarbeit mit den örtlichen Arbeitgeberservices ist jedoch aufwändig und von außen oftmals intransparent, da eine Gesamtschau verschiedener Quellen als Grundlage der Ermittlung des „ortsüblichen Lohns“ genutzt wird. In der Praxis kommt es deshalb immer wieder zu der Situation, dass der von der BA geforderte „ortsübliche Lohn“ über dem Lohn liegt, den der Arbeitgeber an inländische Beschäftigte mit gleicher Tätigkeit bezahlt. Ausländische Arbeitskräfte würden dadurch gegenüber inländischen Arbeitskräften bessergestellt. Das kann z. B. der Fall sein, wenn ein sehr großes Unternehmen den ortsüblichen Lohn einer Branche regional so „verzerrt“, dass der ortsübliche Lohn oberhalb des Lohnniveaus der örtlichen Betriebe liegt. Hier braucht es ein zielgenaueres System, das weiterhin ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet, aber Zuwanderung nicht verhindert. Die zunehmende Digitalisierung und Weiterentwicklungen im Bereich Technik/KI führt außerdem immer stärker zu neuen, zum Teil unüblichen Tätigkeiten, für die es (noch) keinen vergleichbaren ortsüblichen Lohn gibt. Die Orientierung am betriebsüblichen Lohn könnte die notwendige Flexibilität schaffen, um auf neue Tätigkeiten zu reagieren.
Beschäftigte im gleichen Betrieb als Vergleichsmaßstab verwenden
Sinnvoller ist ein Prüfverfahren, das die Beschäftigungsbedingungen vergleichbarer inländischer Beschäftigter im selben Betrieb für die Prüfung zugrunde legt („Betriebsüblichkeit“). Ein solches Verfahren schließt eine Ungleichbehandlung zwischen inländischen und ausländischen Beschäftigten weiterhin aus. Zugleich setzt der Mindestlohn bereits eine allgemeine Lohnuntergrenze fest. Zudem wird so der Prüfaufwand für die BA vereinfacht. Nachweisbar sind die vergleichbaren Arbeitsbedingungen durch eine arbeitgeberseitige Erklärung (z. B. mit Verweis auf Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen). Der Nachweis über eine solche Erklärung ist z. B. im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zwischen Verleiher und Entleiher bereits bewährte Praxis bei der Umsetzung des Equal-Pay-Prinzips (vgl. § 8 AÜG).
Fußnoten:
[1] Die Blaue Karte EU (§ 18g Abs.1 AufenthG) hatte im Jahr 2025 eine Gehaltsgrenze von 48.300 Euro.
Das vollständige Positionspapier steht Ihnen in der rechten Marginalie zum Download zur Verfügung.
Ansprechpartner:
BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Abteilung Arbeitsmarkt
T +49 30 2033-1400
arbeitsmarkt@arbeitgeber.de
Die BDA organisiert als Spitzenverband die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der gesamten deutschen Wirtschaft. Wir bündeln die Interessen von einer Million Betrieben mit rund 30,5 Millionen Beschäftigten. Diese Betriebe sind der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden verbunden.