Pflegeassistenzausbildung sachgerecht finanzieren und Ausbildungspotenziale heben
Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes über die Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegeassistenzausbildung (Pflegeassistenzeinführungsgesetz - PflAssEinfG)
5. August 2024
Zusammenfassung
Für die Bewältigung der Personalsituation in der Pflege ist ein Personalmix aus Beschäftigten unterschiedlicher Qualifikationsstufen unabdingbar. Daher ist es grundsätzlich richtig, neben den Pflegefachpersonen auch die Ausbildungssituation der Pflegehilfe und Pflegeassistenz in den Blick zu nehmen. Allerdings dürfen insbesondere bei den Pflegehilfskräften keine Hürden aufgebaut werden, die das Arbeitsangebot in der Pflege verringern.
Vor dem Hintergrund des bestehenden Fach- und Arbeitskräftemangels, auch im Pflegebereich, müssen alle Potenziale gehoben werden. Daher muss die Verknappung von Ausbildungskapazitäten durch die vorgesehenen hohen Mindestanforderungen an die Pflegeschulen und Praxisanleitung vermieden, die Anerkennung von Pflegeberufen vereinfacht und der Zugang zur Ausbildung auch für Personen ohne (nachweisbaren) Schulabschluss grundsätzlich offengehalten werden.
Insbesondere falsch ist die vorgesehene Finanzierung der Ausbildungskosten aus Mitteln der Kranken- und Pflegeversicherung. Dies ist wie schon bei der Pflegeausbildung so auch bei der Pflegehelferausbildung ordnungspolitisch falsch und muss unterbleiben. Vielmehr muss die Finanzierung sachgerecht und vollumfänglich durch die Bundesländer erfolgen.
Im Einzelnen
Sachgerechte Finanzierung sicherstellen
Die geplante Neuregelung zur Finanzierungsverantwortung der Pflegeassistenzausbildung schreibt die bisherige Unterfinanzierung der Pflegeausbildung durch die Länder zu Lasten der Beitragszahlenden in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung fort. Die vorgesehene Verlagerung der Finanzierungsverantwortung der Länder für die primär schulische Ausbildung auf die soziale Pflegeversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung ist ordnungspolitisch falsch und muss unterbleiben. Stattdessen müssen die Kosten der Pflegeassistenzausbildung vollumfänglich von den Bundesländern getragen werden.
Das duale Berufsbildungssystem regelt klar, dass den Ländern die Finanzierung der primär schulischen Ausbildung und der primär hochschulischen Ausbildung obliegt. Lediglich im Gesundheitsbereich entziehen sich die Länder dieser Verantwortung zu Lasten der Beitragszahlenden und beteiligen sich bereits heute nicht in ausreichendem Maße an den Kosten der (hoch-)schulischen Ausbildung. Durch die im Referentenentwurf vorgesehene Finanzierungssystematik wird dieser Zustand fortgeführt und die im Entwurf bezifferten Kosten von 219,2 Mio. € werden auf Dritte abgewälzt.
Anstatt Finanzierungslasten zu verschieben, muss die Politik endlich ihre Hausaufgaben machen und eine zukunftssichere Finanzierung der Pflegeversicherung sicherstellen. Dazu gehört auch, dass der Kranken- und Pflegeversicherung keine Lasten für die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen aufgebürdet werden. Stattdessen müssen versicherungsfremde Leistungen der Finanzierungsverantwortung des jeweils zuständigen Systems zugeordnet werden, sonst ist die finanzielle Stabilität und die Nachhaltigkeit der sozialen Pflegeversicherung gefährdet. Dies gilt ganz besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Streichung des Bundeszuschusses zur Pflegeversicherung und der aktuellen finanziellen Entwicklung. Denn trotz der deutlichen Anhebung des Pflegebeitragssatzes auf 3,4 % zum 1. Juli 2023 kommt die Pflegeversicherung mit ihren Einnahmen nicht mehr aus und die Reserven der Pflegeversicherung sind auch bereits wieder aufgebraucht.
Höhe der Ausbildungsvergütung nicht vorgeben
Ebenfalls entfallen muss die Nennung einer Erwartungshaltung der mit 11.590 € im Jahr hoch angesetzten Ausbildungsvergütung durch den Gesetzgeber. Ihre Festlegung muss den Tarifparteien des öffentlichen Dienstes überlassen werden. Ergänzend könnte die Geltung der in § 17ff. BBiG getroffenen Regelungen zur Mindestausbildungsvergütung (7.788 € im Jahr 2024) auch auf den Pflegesektor erstreckt werden.
Verknappung von Ausbildungskapazitäten vermeiden
Die vorgesehenen hohen Mindestanforderungen an die Pflegeschulen drohen zur weiteren Verknappung von Ausbildungskapazitäten zu führen. Im Sinne der Ressourcenorientierung muss vorgesehen werden, dass auch Lehrkräfte mit pflegepädagogischem Abschluss auf Bachelor-Niveau den theoretischen Unterricht durchführen können, nicht nur solche mit Master-Abschluss. Auch weitere pflegerelevante Studienabschlüsse wie z. B. Pflegemanagement und weitere Bezugswissenschaften wie z. B. Medizin, Gesundheitswissenschaft, Psychologie und Biologie müssen zum theoretischen Unterricht zugelassen werden.
Im Sinne der Nutzung vorhandener Ausbildungskapazitäten muss weiterhin sichergestellt werden, dass die Praxisanleitung und -begleitung der Auszubildenden im Rahmen der praktischen Ausbildung durch jede examinierte Pflegefachperson übernommen werden kann. Eine berufspädagogische Fortbildung im Umfang von 300 Stunden darf nicht zum limitierenden Faktor für die Praxisanleitung von Pflegeassistenten werden.
Alternativ niedrigschwelligen Zugang ohne Hauptschulabschluss zur Pflegeassistenzausbildung offenhalten
Alternativ zum Zugang zur Ausbildung für Interessenten mit Hauptschulabschluss muss auch der aktuell in vielen Bundesländern bestehende Zugang ohne (nachweisbaren) Schulabschluss grundsätzlich offengehalten und ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen werden. Hier soll die Ermessensentscheidung der Pflegeschule (ggf. auf Basis einer Eignungsfeststellung) gelten. So werden weitere Zielgruppen gehoben und Ausbildungschancen gesichert für Menschen mit Affinität zur und ggf. vorhandener Berufserfahrung in der Pflege. Sie gewinnen ihrerseits Zugang zu einer qualifizierten beruflichen Laufbahn mit Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.
Anerkennung für Pflegeberufe vereinfachen
Die mit Abstand meisten Anträge für die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen werden für Pflegeberufe gestellt. Der Fachkräftebedarf ist im Bereich der Pflege enorm.
Es ist dringend notwendig, dass die Möglichkeit, zentrale Anerkennungsstellen einzurichten (§ 25 Abs. 5), von den Ländern auch genutzt wird. So werden Kompetenzen gebündelt und die richtige Anerkennungsstelle ist für Antragstellende leicht zu finden (vgl. BDA-Position zur Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen).
Um das Anerkennungsverfahren schlanker zu gestalten und unnötige Doppelprüfungen zu vermeiden sollten die Mustergutachten der Gutachtenstelle für Gesundheitsfachberufe (GfG) als verbindliche Grundlage für die Länder bei der Bewertung ausländischer Qualifikationen herangezogen werden. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, die Mustergutachten der GfG öffentlich zugänglich zu machen, damit sowohl Arbeitgeber in der Pflege bei Bewerbungen aus dem Ausland als auch Vermittlungsagenturen nachvollziehen können, ob der Abschluss des Bewerbers/der Bewerberin aus dem Ausland nach deutschem Recht anerkennungsfähig wäre.
Ansprechpartnerin:
BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Abteilung Soziale Sicherung
T +49 30 2033-1600
soziale.sicherung@arbeitgeber.de
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