Licht und Schatten beim Gesetzentwurf zu zahlreichen sozialrechtlichen Themen
Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Anpassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
28. Oktober 2025
Zusammenfassung
Der Entwurf enthält viele inhaltlich nicht zusammenhängende Rechtsänderungen im Bereich der Sozialen Sicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitsmarktpolitik. Im Bereich der Digitalisierung, Rechtsvereinfachung und zum Bürokratieabbau im Sozialversicherungsrecht sind einige sinnvolle Ansätze enthalten. Die geplanten Änderungen greifen aktuelle Herausforderungen auf, insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung, der Rentenfeststellung und der Schnittstellen zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Dennoch bestehen in einzelnen Punkten fachliche und rechtliche Bedenken, z. B. beim Betriebsstättenverzeichnis.
- Die Einführung eines Fallmanagements bei Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ist grundsätzlich sinnvoll, insbesondere auch die Ausgestaltung als Ermessensregelung, denn damit ist ein zielgenauer Einsatz möglich. Das neue Fallmanagement darf aber nicht zu Doppelstrukturen neben dem bereits bestehenden Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) führen. Beide Verfahren müssen klar voneinander abgegrenzt und zugleich sinnvoll verzahnt werden.
- Es ist systemwidrig und inhaltlich nicht sinnvoll, die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu übertragen. Zuständig für die Beratung und Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen sind die Länder und Kammern. Die BA verfügt nicht über die notwendige Fachkompetenz und kann bestenfalls Lotsen- bzw. Verweisberatung durchführen. Eine Entscheidung zur Verstetigung der Beratungsangebote ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. Notwendig ist ein Gesamtkonzept zur Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung sowie zur Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) im Kontext der sog. Work-and-Stay-Agentur. Die ZSBA künftig ebenfalls aus Beitragsmitteln zu finanzieren, ist eine zweckwidrige Verwendung von Beiträgen aus der Arbeitslosenversicherung. Aufgaben und Beratungsangebote, die sich an Personen im Ausland richten, die damit keine Beitragszahlerinnen oder -zahler sind, müssen aus Steuermitteln und nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden.
- Die Entwicklung und Betrieb eines IT-Systems zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit der BA mit den zugelassenen kommunalen Trägern bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung und Rehabilitation für Bürgergeldbeziehende darf nicht allein durch Beitragsmittel erfolgen. Von dem IT-System profitieren die zugelassenen kommunalen Träger auch. Deshalb ist zumindest eine anteilige Finanzierung aus Haushaltsmitteln des Bundes bzw. eine Erstattung zwingend, weil sonst Beitragsmittel zweckwidrig verwendet werden. Zudem muss die Nutzung für zugelassene kommunale Träger verpflichtend geregelt werden. Es kann nicht sein, dass Beitrags- und Steuermittel in ein System fließen, das nur optional genutzt wird und ansonsten nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Die Arbeiten an dem IT-System sind eng mit den Aktivitäten der Bundesregierung bei der Registermodernisierung (NOOTS etc.) zu verzahnen, um Doppelarbeiten zu vermeiden.
- Die Haftungs-, Prüf- und Auskunftspflichten für Arbeitgeber im Zusammenhang mit aufenthaltsrechtlichen Vorgaben und mit der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen auszuweiten, führt zu Mehraufwand und Rechtsunsicherheit in den Unternehmen.
- Die zahlreichen Änderungen im Beitrags- und Melderecht werden insgesamt zu Mehrbelastungen bei den Arbeitgebern führen. Die im Gesetzentwurf errechnete Entlastung der Wirtschaft in Höhe von 1,667 Mio. € ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr führt der Aufbau des Betriebsstättenverzeichnisses bei den Unternehmen und Betrieben zu einer deutlichen Mehrbelastung. Ebenso wie die Neuregelung in § 28a SGB IV, da die Arbeitgeber verpflichtet werden, zusätzlich die Geburtsdaten ihrer Beschäftigten mitzuteilen und im Entgeltabrechnungsprogramm zu erfassen, sowie Abfrage-Meldeläufe durchzuführen und die Ergebnisse zu kontrollieren. In der Praxis wirkt sich dies als direkte Verschiebung der Krankenkassenentlastungen auf die Arbeitgeberseite aus, wobei die Kosten auf Arbeitgeberseite sogar bei jeder Neueinstellung – nicht nur bei den ausgewiesenen 270.000 Fällen – anfallen. Es ist von einer Zusatzbelastung auf Arbeitgeberseite von bis zu 10 Minuten pro Neueinstellung auszugehen.
- Die Höchstgrenze der kurzfristigen Beschäftigung auf 90 Arbeitstage ist sinnvoll, sollte aber auf alle Branchen ausgeweitet werden. Das Kriterium der fehlenden Berufsmäßigkeit als Voraussetzung einer kurzfristigen Beschäftigung sollte gestrichen werden bzw. es müssen Maßnahmen geschaffen werden, die dieses in der Praxis sehr schwierige Kriterium befriedigend handhabbar machen können.
Die vollständige Stellungnahme steht Ihnen in der rechten Marginalie zum Download zur Verfügung.
Ansprechpartnerin:
BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Abteilung Soziale Sicherung
T +49 30 2033-1600
soziale.sicherung@arbeitgeber.de
Die BDA organisiert als Spitzenverband die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der gesamten deutschen Wirtschaft. Wir bündeln die Interessen von einer Million Betrieben mit rund 30,5 Millionen Beschäftigten. Diese Betriebe sind der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden verbunden.
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