Mobile Arbeit erleichtern und nicht bürokratisieren
BDA AGENDA 5/23 | Extra der Woche | 9. März 2023
Mobile Arbeit ist flexibel und vielfältig. Um sie als Chance zu nutzen, braucht es daher einen flexiblen Rahmen, Vertrauen und Verantwortung
Beschäftigte wünschen sich mobile Arbeit und Betriebe kommen diesen Wünschen – wo dies möglich und sinnvoll ist – in vielfältiger Weise nach. Arbeitgeber und Beschäftigte sowie die Betriebs- und Tarifpartner brauchen weite Spielräume, um mobile Arbeit gestalten zu können. Einen gesetzlichen Anspruch oder Erörterungsanspruch auf mobiles Arbeiten darf es daher nicht geben. Damit würde reguliert und bürokratisiert, was sich vor Ort viel besser regeln lässt und längst „Praxis“ ist. Das gilt schon deshalb, weil mobiles Arbeiten von Branche zu Branche, Be-trieb zu Betrieb und auch je nach individueller Tätigkeit unter ganz anderen Voraussetzungen möglich und sinnvoll ist.
Mobile Arbeit unterliegt grundsätzlich den gleichen Vorgaben des deutschen Arbeitsschutz-rechts wie die Beschäftigung in einer Arbeitsstätte. Damit ist schon heute ein hohes Schutzniveau gegeben. Richtig ist aber, dass die Beschäftigten bei mobiler Arbeit stärker gefordert sind, selbst für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Arbeitgeber können die Beschäftigten bei der Entwicklung ihrer persönlichen Arbeitsgestaltungskompetenz mit entsprechenden Unterweisungen und Trainings unterstützen. Sie können jedoch nicht die zahlreichen und ihnen oftmals unbekannten Arbeitsorte ihrer Beschäftigten kontrollieren. Das ist nicht nur vom Aufwand her unmöglich, sondern auch, weil ihnen der Zugang zu privaten Wohnungen rechtlich verwehrt ist.
In einigen Bereichen kann dennoch auch der Staat dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für mobile Arbeit zu verbessern:
- Das Tempo beim Ausbau der Datennetze muss beschleunigt werden, damit mobiles Arbeiten flächendeckend möglich ist. Gerade bei komplexen Anwendungen sind schnelle Internetverbindungen in Gigabitgeschwindigkeit notwendig, nur der Fokus auf Breitbandausbau reicht dafür schon lange nicht mehr. Vor allem beim Glasfaserausbau liegt Deutschland international zurück.
- Mit Blick auf das mobile Arbeiten aus dem Ausland besteht dringender Handlungsbedarf im Sozialversicherungsrecht, gerade vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl von Fällen, in denen sog. Grenzgänger, die bislang zur täglichen Arbeit nach Deutschland eingependelt sind, heute von ihrer Wohnung und damit aus dem Ausland ihre Arbeit verrichten. Dies darf sozialversicherungsrechtlich jedoch keinen Unterschied machen, was im Rahmen der EU-Verordnung 883/2004 und Durchführungsverordnung 987/2009 geklärt werden sollte, am besten durch eine eigenständige Koordinierungsregel für das grenzüberschreitende mobile Arbeiten.
- Verbesserungsbedürftig sind insbesondere die steuerlichen Bedingungen für das mobile Arbeiten im Ausland. In Fällen, in denen sich Beschäftigte für längere Zeit im Ausland auf-halten und von dort für ihren deutschen Arbeitgeber tätig sind, besteht die Gefahr, dass dieser Sachverhalt dem Arbeitgeber steuerrechtlich wie die Gründung einer Betriebsstätte im Ausland zugerechnet wird, was regelmäßig zu einer beschränkten Steuerpflicht des deutschen Unternehmens nach ausländischem Recht mit umfangreichen Registrierungs- und Deklarationspflichten im Ausland sowie Gewinnabgrenzungserfordernissen führt. Zu-dem erwachsen im Ausland lohnsteuerliche Verpflichtungen des deutschen Arbeitgebers (unter Umständen auch für den Arbeitnehmer). Um im Steuerrecht Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu erlangen und den Wünschen der Beschäftigten nach mobiler Arbeit auch im Ausland entgegen kommen zu können, sind dauerhafte, rechtssichere international abge-stimmte Regelungen erforderlich.