EU-Wertschöpfungskettenregulierung: Viel Verbesserungsbedarf


BDA AGENDA 20/23 | THEMA DER WOCHE | 21. September 2023

Die europäischen Ko-Gesetzgeber verhandeln derzeit die Regulierung von Wertschöpfungsketten. Wie kann eine realistische und handhabbare Richtlinie aussehen? Wie kann sie die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen sicherstellen? Wie einem Rückzug aus bestimmten Weltregionen entgegenwirken? Der aktuelle Verbesserungsbedarf am Gesetzestext ist groß.

Die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Directive on Corporate Sustainability Due Diligence – CSDDD) wird in Brüssel intensiv verhandelt. Für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Deutschland ist insbesondere durch die Erfahrungen des bereits bestehenden deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) klar, dass die EU-Richtlinie in der Praxis handhabbar sein muss. Keinesfalls darf sie zum Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen auf den Weltmärkten werden.

Deutsche Unternehmen arbeiten bereits jetzt daran, die Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen und die Nachhaltigkeit in Lieferketten zu fördern. Dennoch gibt es deutliche Bedenken zu den unterschiedlichen von Kommission, Rat und Europäischem Parlament vorgeschlagenen Entwürfe zu dieser Richtlinie. Unternehmen befürchten eine erhebliche Bürokratiezunahme, Rechtsunsicherheit sowie den möglichen Rückzug aus gewissen Gebieten, was die Diversifizierung der Lieferketten beeinträchtigen kann.

Die deutsche Wirtschaft plädiert daher für eine ausgewogene Richtlinie, die europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb unterstützt und gleichzeitig den Schutz von Menschenrechten und der Umwelt fördert. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Unternehmen nicht unbegrenzt Einfluss auf diese Bereiche nehmen können, praktische Grenzen müssen anerkannt werden.

Folgende sechs Punkte sind aus BDA-Sicht entscheidend:

Harmonisierung: Die Gesetzgebung sollte auf höchstmögliche Harmonisierung abzielen, um zu verhindern, dass es im EU-Binnenmarkt zu Fragmentierung und unterschiedlichen nationalen Umsetzungen der Richtlinie kommt.

Begrenzung der Pflichten auf den tatsächlichen Einflussbereich: Die Einhaltung von Sorgfaltspflichten sollte sich auf den Bereich der Lieferkette beschränken, in dem ein Unternehmen auch tatsächlich Einfluss ausüben kann.

Schwellenwerte: Der Anwendungsbereich der Richtlinie muss so ausgestaltet werden, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen nicht belastet werden. Dies gilt auch mit Blick auf die Weitergabe von Sorgfaltspflichten innerhalb der Lieferkette.

Reduktion der Sorgfaltspflichten: Die Liste der einzelnen Sorgfaltspflichten im Annex der Richtlinie sollte gekürzt und vereinfacht werden, um die Umsetzung für Unternehmen praktikabler zu gestalten.

Zivilrechtliche Haftung: Eine zusätzliche zivilrechtliche Haftung, die über die Haftung des allgemeinen Deliktsrechts aus dem BGB hinausgeht, sollte aus dem Richtlinienentwurf gestrichen werden, um die Rechtssicherheit für Unternehmen zu gewährleisten.

Unterstützung und „Safe Harbour“: Unternehmen benötigen klare Leitlinien und Unterstützungsmaßnahmen und die Erfüllung von Sorgfaltspflichten auf Gruppenebene und durch eigene Industrieinitiativen.

Für eine zielgerichtete Richtlinie müssen diese Vorschläge und Bedenken in den laufenden Trilog-Verhandlungen aber auch in der späteren Umsetzung einbezogen und berücksichtigt werden.