Düsterer Konjunkturausblick: Wer knipst das Licht wieder an?
BDA AGENDA 21/22 | Thema der Woche | 27. Oktober 2022
Kaum ist die Wirtschaftsleistung von vor der Corona-Pandemie erreicht, rutscht Deutschland in die nächste Rezession. Deren Ausmaß und Dauer wird maßgeblich von der Energiepreisentwicklung bestimmt.
Eindeutige Herbstprognosen: Es gibt keine Pause vom Krisenmodus
Nach dem ersten Halbjahr 2022 war das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung von vor der Corona-Pandemie 2019 erreicht, die Wirtschaft profitierte von Nachholeffekten. Die in den letzten Wochen veröffentlichten Herbstprognosen machen deutlich – es geht wieder Bergab: Für das dritte und vierte Quartal 2022 wird eine Rezession prognostiziert, ebenso für das gesamte Jahr 2023. Wie tief diese ausfallen wird, wird zu einem großen Teil von der Energiepreisentwicklung abhängen. Die Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, massive Verwerfungen auf den Energiemärkten und anhaltende Lieferkettenprobleme durch die Corona-Pandemie belasten die wirtschaftliche Tätigkeit und Geschäftserwartungen stark. Eine erneute Erreichung des Wachstumspfades dürfte erst im Jahr 2024 erfolgen (siehe Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute; Herbstprojektion der Bundesregierung; IWF World Economic Outlook).
Hohe Energiepreissteigerungen sind extreme Belastung
Ganz Europa ist betroffen, Deutschland durch seine hohe Abhängigkeit von russischen Energielieferungen jedoch in besonders großem Ausmaß. Verbraucherpreise sind im Vergleich zum Vorjahresmonat im September um 10 % gestiegen, Erzeugerpreise um 45,8 % (siehe Destatis). Für 2022 wird mit einer Verbraucherpreisinflation von rund 8 %, 2023 von rund 6 % gerechnet. Der private Konsum wird die Konjunktur nicht wie in vergangenen Krisen stützen. Stattdessen wird die Sparneigung zunehmen, bei kleinen und mittleren Einkommen wird Erspartes abgeschmolzen.
Bundesregierung muss angemessen reagieren und langfristige Strategie entwickeln
Die Entlastungspakete der Bundesregierung von insgesamt 200 Milliarden Euro und die Konzertierte Aktion setzen an der Inflationsentwicklung an. Privathaushalte werden entlastet, prozentual stärker je geringer ihr Einkommen (siehe IW Köln). Unklar bleibt jedoch, ob die besonders betroffenen Betriebe in ausreichendem Umfang und schnell genug unterstützt werden. Die schnellstmögliche Umsetzung einer Gas- und Strompreisbremse mit kurzfristigen Übergangslösungen sind daher essenziell. Daten der Bundesnetzagentur zeigen, dass die Industrie deutlich weniger Gas verbraucht als im Vorjahreszeitraum. Der BDI wies darauf hin, dass dies oftmals auf dramatische Produktionsrückgänge, statt auf Effizienzgewinne zurückzuführen sei.
Zusätzlich muss die Energieversorgungssicherheit auch nach diesem Winter gewährleistet bleiben, wenn die Gasspeicher nicht mehr gefüllt sind. Die Erhöhung des Energieangebots beispielsweise durch den Ausbau von Flüssigerdgasterminals und die Erhöhung des Ausbaus von Transportkapazität bei den Stromnetzen muss von der Bundesregierung klar priorisiert werden.
Bisher mangelt es an langfristigen Strategien, wie mit der veränderten geopolitischen Situation und dem Verlust unserer Wettbewerbsfähigkeit umgegangen werden kann. Die Kosten für Energie werden längerfristig hoch bleiben. Energieintensive Betriebe, die ihren Betrieb nicht umstellen können, werden abwandern. Auf diesen Strukturwandel erwarten wir eine politische Antwort, zur Erhaltung und Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze in Deutschland.