Deutschland im Strukturwandel: Brauchen wir ein neues „Geschäftsmodell Deutschland?“


 
BDA AGENDA 23/22 | Thema der Woche | 24. November 2022

Die BDA hat ein neues Papier veröffentlicht, welches wichtige arbeitsmarkt- und sozialpolitische Impulse zum Thema „Brauchen wir ein neues Geschäftsmodell Deutschland“ liefert.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat tiefgreifende Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. Grundlegende Faktoren, die unseren Unternehmen eine gute Position im internationalen Wettbewerb gegeben haben, haben sich verschoben. Lieferketten, Wertschöpfung und Geschäftsmodelle müssen überdacht und angepasst werden. Richtig ist, dass sich bereits in den vergangenen Jahren die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland verschlechtert hat. Jetzt kommt aber eine neue Geschwindigkeit und Überlappung von Krisen und langfristigen Trends – wie Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und De-Globalisierung - ins Spiel, die für die Unternehmen eine große Herausforderung darstellen. Notwendige Anpassungen wurden von der Politik verschleppt, was uns jetzt auf die Füße fällt. Die ausgebliebenen Reformen der Sozialversicherungssysteme werden für weitere Belastungen in den kommenden Jahren sorgen. Der Fachkräftemangel wird von der Politik immer noch nicht so bekämpft, wie es sein sollte. Längst Zeit sich mit der Frage zu beschäftigen, von was wir in Zukunft leben wollen. Höchste Zeit, um zu analysieren, wo unsere Stärken und Schwächen liegen. Brauchen wir ein neues Geschäftsmodell Deutschland?

Das „Geschäftsmodell Deutschland“ basiert auf einem überdurchschnittlichen Anteil der ex-portorientierten Industrie an Wertschöpfung und Beschäftigung. Es gibt ein enges Zusammenspiel von leistungsfähigen Klein-, Mittel- und Großbetrieben, häufig familiengeführt mit dezentralen Standorten und Weltmarktführerschaften in nicht wenigen Marktsegmenten. Die Wertschöpfungsketten sind tief gestaffelt und die Unternehmen durch enge Kooperationen, die alle wichtigen Branchen aus Industrie, industrienahen Dienstleistungen und produzierendem Handwerk umfassen, miteinander verbunden. Sie sind konsequent auf die Weltmärkte ausgerichtet und intensiv in die Weltwirtschaft eingebunden. Hoch qualifizierte Belegschaften sind eine wesentliche Erfolgsbedingung, die berufliche Ausbildung ist ein wichtiger Eckpfeiler dafür.

Zwar haben sich Unternehmen in der Vergangenheit als anpassungsfähig und innovativ erwiesen und nehmen den Strukturwandel als ihre unternehmerische Aufgabe wahr. Allerdings ist eine wertschöpfungsunterstützende und standortpflegende Flankierung durch die Politik nötig. Unternehmen benötigen mehr Flexibilität im Veränderungsprozess und ein Belastungsmoratorium sowie eine Neubewertung und Re-Priorisierung politischer Rahmensetzungen, auch mit Blick auf den Koalitionsvertrag und laufende europäische Initiativen. Es bedarf einer Vorfahrtsregel für Wertschöpfungsprozesse und die dafür erforderlichen Weichen für flexible und schnelle Anpassungen der Unternehmen und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellt.

Der Arbeitskreis Strukturwandel der BDA hat neben den Fragen „Was hat uns stark gemacht?“ und „Wo verlieren wir an Boden?“ Handlungsfelder definiert und konkrete Anregungen für die Politik zusammengestellt. Wichtig ist, dass wir neben dem Krisenmanagement auch die langfristigen Strukturfragen anpacken. Wir müssen beide Themen angehen.

Wenn die Politik die Rahmenbedingungen richtig gestaltet, kann der Strukturwandel sogar eine Chance auf mehr sein. Denn Innovationen und neue Technologien können zu profitablen Geschäftsmodellen führen, mit denen deutsche Unternehmen weltweit erfolgreich sein können.