Wettbewerbsfähigkeit – Europa braucht jetzt entschlossenes Handeln auf allen Ebenen!

BDA AGENDA 19/25 | KOMMENTAR DER WOCHE | 19. September 2025
Von Fredrik Persson, Präsident BusinessEurope
Wirtschaftsvertreter fordern mehr Anstrengungen für den Binnenmarkt und eine gemeinsame Wirtschaftsagenda, die nationale und europäische Kräfte bündelt.
Lage der Union: Der Fokus stimmt, aber die Umsetzung ist entscheidend.
Ob im Arbeitsprogramm der Kommission, in der kürzlich gehaltenen Rede zur Lage der Union von Präsidentin Ursula von der Leyen oder dem sogenannten „Draghi-Report“ dessen Veröffentlichung sich diesen Monat jährt – der Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit ist richtig und die Analyse klar: Europa befindet sich an einem Wendepunkt und muss wirtschaftlich und politisch stärker werden, um seinen Platz in einer sich wandelnden Welt behaupten und verteidigen zu können.
Die Lage ist ernst. Europa wächst zu langsam, investiert zu wenig und leidet unter hohen Energiekosten und einer Fragmentierung im Binnenmarkt. Während die USA und China massiv in Schlüsseltechnologien und Industrie investieren, droht Europa ins Hintertreffen zu geraten. Ein Blick auf die Zahlen macht das deutlich. In den letzten 30 Jahren wuchs das reale BIP der USA um 104 %, während das BIP der EU gerade einmal um 65 % anstieg.
Wenn Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede festhält: „Europas Unabhängigkeit wird davon abhängen, wie wettbewerbsfähig wir in stürmischen Zeiten sind.“ - kann man dem durchaus zustimmen. Allerdings wird die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in Europa, vor allem davon abhängen, wie entschlossen und schnell die europäischen Entscheidungsträger nun die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. Die kommenden Monate werden die Probe aufs Exempel bringen.
Europa muss sich auf sich selbst besinnen und seine Hausaufgaben erledigen.
Neben der dringenden Senkung der Energiekosten gilt es vor allem die regulatorische Belastung und Compliance-Kosten tatsächlich zu reduzieren und neue Belastungen zu vermeiden. In der Realität sind die angekündigten Erleichterungen noch nicht in den Betrieben angekommen. Auch würden etwa die von Präsidentin von der Leyen angekündigten, acht Milliarden Euro jährlichen Einsparungen an Bürokratiekosten gerade einmal 5 % der rund 150 Milliarden Euro von Eurostat geschätzten Compliance-Kosten eliminieren. Und die dänische Ratspräsidentschaft warnte kürzlich vor weiteren potenziellen Belastungen in Höhe von rund 124 Milliarden durch anstehende Gesetzesvorhaben. Der Handlungsbedarf ist also enorm.
Darüber hinaus gilt es auch Genehmigungsverfahren auf breiter Front zu beschleunigen, unsere Handelsbeziehungen zu diversifizieren und die seit langem bestehenden Hindernisse in unserem Binnenmarkt zu beseitigen. Allein die Hindernisse innerhalb des Binnenmarkt entsprechen etwa einem Zollsatz von 44 % auf Waren und einem Zollsatz von 110 % auf Dienstleistungen – ein enormes Potential, das es zu heben gilt.
Der Europäischen Kommission kommt hier eine gewichtige Rolle zu. Allerdings liegt es auch in der besonderen Verantwortung der Mitgliedsstaaten im Rat und am Europäischen Parlament, als europäische Gesetzgeber nun rasch, geeint und entschieden zu handeln. Der entscheidende Maßstab wird dabei sein, wie schnell Verbesserungen und spürbare Entlastungen bei den Betrieben ankommen.
Was die europäische Wirtschaft jetzt von den Entscheidungsträgern auf allen Ebenen erwartet, ist der Mut zu großen Schritten und eine ambitionierte Wettbewerbsagenda, die nationale und europäische Kräfte bündelt.
Denn eines ist klar: Nur wenn der Wirtschaftsstandort Europa deutlich gestärkt wird, können wir Wohlstand sichern und unseren Platz in der Welt behaupten.