Für eine leistungsfähige und finanzierbare Soziale Pflegeversicherung
Vorschläge der Arbeitgeber für eine „Pflegereform 2026“
Juli 2025
Zusammenfassung
Die Soziale Pflegeversicherung muss umfassend reformiert werden, damit sie dauerhaft leistungsfähig und finanzierbar bleibt. Ohne eine grundlegende und nachhaltige Strukturreform, die auch eine Weiterentwicklung der Pflegefinanzierung und der Pflegeinfrastruktur umfassen muss, droht die Belastung der Arbeitskosten durch Pflegeversicherungsbeiträge in den kommenden Jahren erheblich weiter zu steigen.
Die Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamts zeigt, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland aufgrund der zunehmenden Alterung und aufgrund des weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich um ein Viertel steigen wird (von 5,8 Mio. 2025 auf 7,2 Mio. 2045)[1]. Diese Entwicklung hat auch deutliche Auswirkungen auf die Ausgaben und den Beitragssatz: Nach Studien ist bereits in den nächsten zehn Jahren ein Anstieg des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung auf 4,5 % im Jahr 2035 wahrscheinlich[2]. Zusammen mit der ebenfalls steigenden Beitragsbelastung in den anderen Sozialversicherungszweigen droht dann ein Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz von knapp 49 %[3].
Eine solche Steigerung der Abgabenbelastung ist nicht generationengerecht, weil sie die jüngeren Generationen massiv belastet, während die älteren Generationen, die selbst sehr viel weniger Beiträge geleistet haben, massiv profitieren. Untersuchungen zeigen, dass die Soziale Pflegeversicherung den stärksten relativen Anstieg der Belastung mit Beiträgen aufweist: Während 1940 Geborene im Laufe ihrer Erwerbsphase nur mit einem durchschnittlichen Beitrag in der Pflegeversicherung von 0,4 % belastet werden, sind 1990 Geborene schon mit 4,2 % und 2020 Geborene mit 5,6 % belastet[4]. Damit ist die Soziale Pflegeversicherung alles andere als „enkelfit“. Zudem schwächen höhere Lohnzusatzkosten die Wettbewerbschancen von Arbeitgebern in Deutschland und gefährden damit Investitionen, Wachstumschancen und Arbeitsplätze.
Folgende Maßnahmen können zur Stabilisierung der Pflegefinanzen und zur Sicherung der Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit der Sozialen Pflegeversicherung beitragen:
- Versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln finanzieren: Aufgaben, die nicht der Absicherung des Pflegerisikos dienen, wie die rentenrechtliche Sicherung pflegender Angehöriger, Ausbildungskosten oder pandemiebedingte Sonderausgaben, müssen vollständig aus Steuermitteln finanziert werden. Zudem müssen die Länder vollumfänglich ihren Investitionsverpflichtungen nachkommen.
- Nachhaltigkeitsfaktor einführen: Zur Aufteilung der Lasten des demografischen Wandels zwischen Beitragszahlenden und Leistungsbeziehenden in der Pflegeversicherung sollte wie in der gesetzlichen Rentenversicherung auch in der Sozialen Pflegeversicherung ein „Nachhaltigkeitsfaktor“ eingeführt werden.
- Subsidiarität stärken: Um die Soziale Pflegeversicherung auf jene Pflegefälle zu konzentrieren, die aufgrund einer langen Pflegebedürftigkeit sehr hohe Kosten tragen müssen, sollte zu Beginn der Pflegebedürftigkeit gestaffelt nach Pflegegraden kein Leistungsanspruch aus der Pflegeversicherung bestehen (Karenzzeit), der Entlastungsbetrag gestrichen und die Leistungszuschläge zur Begrenzung des Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen im Pflegeheim auf die Personengruppen mit sehr langen Aufenthalten (2 Jahre und mehr) begrenzt werden. Gleichzeitig muss die Eigenverantwortung der Versicherten ausgebaut werden – sowohl in Bezug auf die aktive Mitwirkung an der Verhinderung bzw. Verminderung von Pflegebedürftigkeit als auch in Bezug auf die finanzielle Vorsorge.
Weitere Reformvorschläge finden sich im BDA-Konzept zur Neuordnung der sozialen Pflegeversicherung[5].
Fußnoten:
[1] DESTATIS (2023): Pflegevorausberechnung Deutschland und Bundesländer, Berichtszeitraum 2022 bis 2070, V2 – Modell weitere Einführung des Pflegebedürftigkeitsbegriff. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/Publikationen/Downloads-Vorausberechnung/statistischer-bericht-pflegevorausberechnung-5124209229005.xlsx?__blob=publicationFile&v=4 [Letzter Abruf 6. Juni 2025].
[2] Ochmann et al. (2025): Beitragsentwicklung in der Sozialversicherung - Update der szenarienbasierten Projektion bis zum Jahr 2035. https://caas.content.dak.de/caas/v1/media/88672/data/a57e74372daa9edc30149d9b452e96f0/beitragsentwicklung-analyse-update-2025-kurzbericht.pdf [Letzter Abruf: 6. Juni 2025].
[3] Ochmann et al. (2025): a.a.O.
[4] Werding (2025): Sozialversicherung in demografischer Schieflage: Steigende Beitragsbelastungen für die junge Generation. https://www.wip-pkv.de/fileadmin/DATEN/Dokumente/Studien_in_Buchform/WIP-2025-Sozialversicherungen_in_demografischer_Schieflage_Werding.pdf [Letzter Abruf: 6. Juni 2025].
[5] BDA (2016): Pflegeversicherung dauerhaft leistungsfähig und finanzierbar halten - BDA-Konzept zur Neuordnung der sozialen Pflegeversicherung. https://die.arbeitgeber.de/soziale-selbstverwaltung/wp-content/uploads/sites/4/2022/05/2016-10-POPA_SPV.pdf [Letzter Abruf 6. Juni 2025].
Das vollständige Positionspapier steht Ihnen in der rechten Marginalie zum Download zur Verfügung.
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