Eingriffe in die Beitragskasse sind keine Modernisierung der Arbeitslosenversicherung
Stellungnahme der BDA zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsförderung (SGB III – Modernisierungsgesetz)
24. Juli 2024
Zusammenfassung
Der Referentenentwurf enthält erneut systemwidrige Eingriffe in die Beitragskasse der Arbeitslosenversicherung:
- Es ist systemwidrig, die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu übertragen. Damit greift das Bundesarbeitsministerium wieder in die Kassen der Arbeitslosenversicherung. Ein dauerhaftes und leicht zugängliches Beratungsangebot zu etablieren, ist Aufgabe der für die Anerkennung zuständigen Länder und Kammern. Diese verfügen, anders als die BA, auch über die notwendige Expertise im Anerkennungsverfahren. Ein solches Beratungsangebot sollte gesetzlich verankert und aus Steuermitteln finanziert werden. Die BA kann allenfalls Verweisberatung zu den zuständigen Stellen übernehmen. Dies erfolgt bereits in den Arbeitsagenturen. Dafür muss der BA keine neue Aufgabe mit neuen Stellen und zusätzlichen Kosten übertragen werden. Wenn es zu dieser Verschiebung der Aufgabe kommt, müssen die Grenzen der Beratung durch die BA klar festgelegt werden.
- Die Entwicklung und Betrieb eines IT-Systems zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit mit den zugelassenen kommunalen Trägern darf nicht allein durch Beitragsmittel erfolgen. Von dem IT-System profitieren die zugelassenen kommunalen Träger auch. Deshalb ist zumindest eine anteilige Finanzierung aus Haushaltsmitteln des Bundes notwendig, weil sonst Beitragsmittel zweckwidrig verwendet werden.
Bei anderen Regelungen ist zwar in Teilen die damit verbundene Zielsetzung richtig. Das gilt jedoch nicht für die konkrete Umsetzung im Referentenentwurf. Dabei handelt es sich um folgende Regelungen:
Es ist ein wichtiges Anliegen, die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure zu verbessern, die junge Menschen fördern und unterstützen. Das Ziel teilen die Arbeitgeber uneingeschränkt. Ob die vorgesehenen Regelungen allerdings dazu beitragen, sollte noch einmal mit den beteiligten Akteuren reflektiert werden. Eine stärkere Zuweisung der Verantwortung für die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit und Kooperation an die BA kann auch das Gegenteil dessen bewirken, was beabsichtigt ist und dazu führen, dass sich die anderen Akteure aus der Verantwortung zurückziehen. Mit der expliziten Regelung eines Fallmanagements wird im Gesetz operatives Verwaltungshandeln
- Das ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers. Insbesondere diese Regelung scheint vorrangig zum Ziel zu haben, einen Personalaufwuchs bei der BA zu befördern. Damit wird in das Haushaltsrecht des Verwaltungsrates eingegriffen.
- Auch wenn dadurch die Arbeitslosenversicherung belastet wird, sind die vorgesehenen Instrumente für junge Menschen eine sinnvolle Ergänzung. Eine bedarfsorientierte Förderung ist auch im Interesse der Arbeitgeber. Den Arbeitsagenturen kann aber nicht die alleinige Informationsverantwortung für die vorhandenen Unterstützungsangebote der anderen Akteure zugeschrieben werden. Diese müssen weiterhin in enger Abstimmung untereinander ihrer Verantwortung nachkommen.
- Es ist wichtig, in der BA deutlich mehr zu digitalisieren und zu automatisieren. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Zahl demografiebedingter Personalabgänge in der BA in den nächsten Jahren. Die neu eingeführte Programmnorm ist allerdings zu operativ. Entscheidungen zur strategischen Ausrichtung sind vom Vorstand gemeinsam mit dem Verwaltungsrat zu treffen. Die Programmnorm muss so gestaltet werden, dass sie nicht in das Selbstverwaltungsrecht der BA eingreift und nicht die Gestaltungsspielräume der BA einschränkt.
- Gründungen zu fördern ist nicht vorrangige Aufgabe der Arbeitslosenversicherung. Die Ausweitung beim Gründungszuschuss ist teuer und mit den Änderungen besteht die Gefahr, dass nicht tragfähige Geschäftstätigkeiten gefördert werden.
- Die Eingliederungsvereinbarung sollte nicht abgeschafft werden. Weniger Verbindlichkeit im Vermittlungsprozess trägt nicht zu einer erfolgreichen Arbeitsmarktintegration bei. Dies hat sich im SGB II mit der Einführung des Bürgergelds schon nicht bewährt und wird daher zu Recht gerade wieder rückabgewickelt. Den Fehler, Eigenverantwortung der Arbeitslosen bei der Vermittlung zu vermindern, sollte der Gesetzgeber nicht im SGB III wiederholen.
Sinnvoll sind hingegen:
- Die Regelungen zur Berechnung von Geldleistungen und der Verzicht auf die Einbringung von Erholungsurlaub zur Vermeidung von Kurzarbeit inkl. der weiteren Klarstellungen bei Krankengeld und Mutterschaftsgeld schaffen Vereinfachungen und mehr Klarheit bei komplizierten Anwendungsfällen in der Praxis.
- Die vorgesehene Lockerung bei der Erreichbarkeit verbessert die Möglichkeiten zur Nutzung von Videotelefonie.
- Da die Weiterbildungsförderung während Kurzarbeit in § 106a SGB III nicht praxisgerecht war, wurde die Regelung kaum genutzt. Eine nicht praktikable Regelung beizubehalten, ergibt keinen Sinn, wenn man sie nicht praxisgerecht anpassen will.
Im Übrigen fehlen Anpassungen bei der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes, welche wieder einheitlich und auf 12 Monate festgesetzt werden sollte.
Im Einzelnen
Anerkennungsberatung gehört nicht in die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung (§ 30 a SGB III-E)
Die Anerkennungsberatung auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu übertragen, ist systemwidrig (§ 30a SGB III–E). Im Sinne ihres Vermittlungsauftrages, der darauf abzielt, Arbeitslosigkeit zu verringern, hat die BA keine Zuständigkeit im Bereich der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Eine Finanzierung aus Beitragsmitteln überschreitet die engen Grenzen, in denen der Gesetzgeber Aufgaben auf die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung übertragen kann.
Mit der Schaffung des Anerkennungsgesetzes wurde die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung aus Steuermitteln über das IQ-Netzwerk aufgebaut. Dabei wurde klargestellt, dass Aufgabe der BA – entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag in § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB III - ausschließlich die arbeitsmarktbezogene Beratung ist. Dabei muss es bleiben. Die BA hat auch kein Fachwissen beim Thema Anerkennung, was der Referentenentwurf in der Übergangsvorschrift § 421 g SGB III-E sogar explizit benennt. Es reicht aus, wenn die BA im Sinne einer reinen Verweisberatung auf die zuständigen Beratungsstellen der Länder und Kammern sowie mittlerweile gut ausgebauten Informationsportale wie das BQ-Portal verweist. Da die Beratung zu arbeitsmarktbezogenen Qualifizierungsmöglichkeiten bereits jetzt zum Aufgabenkatalog der BA gehört, muss sie nicht als Annex einer Anerkennungsberatung neu in den Aufgabenkatalog aufgenommen werden.
Allein die Tatsache, dass die BA bundesweit aufgestellt ist, rechtfertigt nicht, immer mehr neue und versicherungsfremde Aufgaben auf sie zu übertragen. Deswegen darf zukünftig auch die Aufgabe, Menschen, die sich noch im Ausland befinden und keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung geleistet haben, zum Thema Anerkennung zu beraten, nicht auf die BA übergehen. Sie kann daher nicht als Argument für eine Übertragung der Anerkennungsberatung an die BA herangezogen werden. Die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) wird aktuell zwar durch die BA umgesetzt, aber bisher modellhaft und richtigerweise aus Steuermitteln finanziert.
Ein dauerhaftes und leicht zugängliches Beratungsangebot für Fachkräfte mit ausländischen Abschlüssen ist Aufgabe der Länder und Kammern, die für die Anerkennung überwiegend zuständig sind. Ein solches Beratungsangebot sollte gesetzlich verankert und aus Steuermitteln finanziert werden. Dabei ist wichtig, dass die Beratungsstellen sich untereinander vernetzen und zusammenarbeiten. Insbesondere gilt das für die Beratungsstellen von „Faire Mobilität“ und „Faire Integration“. Letzteres ist ein positives Beispiel dafür, dass eine aus ESF-Mitteln finanzierte Projektstruktur in eine Regelfinanzierung aus Steuermitteln überführt werden kann, wenn der politische Wille vorhanden ist. So könnte auch die Expertise der IQ-Beratungsstellen erhalten bleiben.
Die Argumentation in der Gesetzesbegründung hinsichtlich des Mehrwerts der Anerkennung verkennt die derzeitige Realität auf dem Arbeitsmarkt. In vielen Fällen ist die Anerkennung für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Fachkräften nicht erforderlich. Unternehmen stellen im nicht reglementierten Bereich bereits heute Personen ein, die keinen Gleichwertigkeitsbescheid haben oder noch nicht das erforderliche Qualifikationsniveau in voller Ausprägung erfüllen. Zudem orientieren sich Tarifverträge in Deutschland überwiegend an Tätigkeitsprofilen und gerade nicht an Qualifikationsnachweisen. Ungeachtet dessen ist bei einer Arbeitsaufnahme das gesamte deutsche Arbeitsrecht anwendbar. Die Annahme, dass Fachkräfte in Deutschland ohne Anerkennung aus diesem Grund nicht qualifikationsadäquat beschäftigt und entlohnt werden, ist deshalb unbegründet.
Dass viele Fachkräfte mit ausländischen Abschlüssen in reglementierten Berufsbereichen wie z. B. Gesundheits-, Erziehungs- Lehr- und Sozialberufen unterhalb ihres Qualifikationsniveaus bzw. in anderen Berufen arbeiten, liegt in der Praxis an den langwierigen Anerkennungsverfahren, die sie nicht absolvieren können oder wollen. Die komplizierten Strukturen und bürokratischen Verfahren sind das eigentliche Problem, das es zu beheben gilt.
Entwicklung und Betrieb eines IT-Systems zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit mit den zugelassenen kommunalen Trägern darf nicht allein durch Beitragsmittel erfolgen
Der rechtswidrige Eingriff in die Beitragskasse durch die Übertragung der Förderung der beruflichen Weiterbildung und Rehabilitation von den Jobcentern auf die Arbeitsagenturen setzt sich in der Regelung des § 368 Abs. 2c SGB III-E fort. Auch die zugelassenen kommunalen Träger profitieren von einem IT-System zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit. Zumindest eine anteilige Finanzierung aus dem Haushalt des Bundesarbeitsministeriums ist zwingend geboten. Es kann nicht sein, dass die Arbeitslosenversicherung ständig dafür missbraucht wird, Finanzierungsverpflichtungen aus dem SGB II zu übernehmen. Damit werden Beitragsmittel zweckwidrig verwendet.
Stärkung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit zum Wohle junger Menschen wichtig – konkrete Umsetzung wirft aber Fragen auf (§§ 9b, 10, 28b SGB III-E)
Die Regelungen in §§ 9b, 10 und 28b SGB III-E zur Stärkung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit bei der Förderung und Unterstützung junger Menschen verfolgen zwar grundsätzlich einen legitimen und wichtigen Zweck. Ob das damit verbundene Ziel einer Stärkung der Zusammenarbeit insbesondere der Jugendberufsagenturen wirklich erreicht werden kann, ist aber zu bezweifeln. Ohne Frage ist eine gute und gelebte rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit und Kooperation ein wichtiger Erfolgsgarant für eine nachhaltige Förderung und Integration von jungen Menschen. Unterschiedliche Zuständigkeiten dürfen nicht zu ihren Lasten gehen. Die Jugendberufsagenturen haben hier eine wichtige Rolle und ihre Stärkung ist daher sinnvoll.
Allerdings steht und fällt eine nachhaltige Zusammenarbeit und Kooperation mit dem Engagement, Umsetzungswillen und Umsetzungsstärke der handelnden Akteure vor Ort. Eine solche Umsetzungskompetenz kann durch kein Gesetz erzwungen werden. Vereinbarungen zur Sicherstellung geeigneter kommunaler Angebote für junge Menschen können nicht einseitig geschlossen und verordnet werden. Alle Beteiligten haben die Verantwortung zu rechtskreisübergreifender Zusammenarbeit. Wenn die Hauptverantwortung der Kooperationsarbeit den Agenturen für Arbeit zugeschrieben wird, kann das das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt ist: nämlich ein Zurückziehen der anderen Akteure aus der Verantwortung.
Eine umfassende Beratung wie sie in § 28b SGB III-E normiert wird, gehört schon zum Kerngeschäft der BA. Die Agenturen für Arbeit gehen auch bereits jetzt aktiv auf ihre Kooperationspartner zu. Warum das jetzt nochmal explizit geregelt werden soll, erschließt sich nicht. Wenn Fallmanagement als Aufgabe der BA explizit festgeschrieben wird, werden hier operative Umsetzungsfragen gesetzlich geregelt. Das ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Regelungen zum Ziel haben, Erfüllungsaufwände für die BA zu begründen. Für den neuen § 28b SGB III-E werden – neben einem einmaligen Erfüllungsaufwand in Höhe von 2,8 Mio. € - jährlich 25,9 Mio. € veranschlagt. Für die Umsetzung des § 10 SGB III-E werden im Referentenentwurf sogar konkrete Stellenbedarfe von 126 zusätzlichen Koordinatorinnen und Koordinatoren mit jeweils 0,5 Vollzeitäquivalenten genannt, die neben einem einmaligen Erfüllungsaufwand für Schulungen jährliche Kosten von 4,6 Mio. € verursachen. Damit wird in das Haushaltsrecht der Selbstverwaltung der BA eingegriffen.
Junge Menschen passgenau fördern, ohne Verantwortung abzuwälzen (§§ 31a, b, 48a, 76 SGB III-E)
Die Ergänzung des Instrumentenkastens für junge Menschen im SGB III durch § 31b SGB III-E ist - obwohl damit Mehrbelastungen der Arbeitslosenversicherung verbunden sind - richtig, da auch junge Menschen im Zuständigkeitsbereich SGB III multiple Problemlagen haben und zu den sog. schwer erreichbaren Jugendlichen zählen können. Die Anzahl junger Menschen, die durch die vielen bestehenden Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten noch nicht ausreichend erreicht werden, ist zu hoch. Damit wird den jungen Menschen der weitere berufliche Lebensweg erschwert und dem Arbeitsmarkt gehen wichtige Potenziale verloren.
Die Arbeitsagenturen müssen die jungen Menschen insbesondere zu den von ihnen angebotenen Leistungen informieren. Wenn sie auch über die Leistungen der anderen relevanten Akteure wie z. B. Jugendhilfe, Kommunen, Schulen informieren sollen (§ 31a SGB III-E), kann und sollte dies nicht die Information durch die eigentlichen Verantwortlichen ersetzen. Es darf nicht sein, dass zukünftig den Agenturen für Arbeit allein die Informationsverantwortung zugeschrieben wird. Vielmehr müssen stärkere Bemühungen der BA auch in den Strukturen der anderen Akteure gespiegelt werden.
Das neue Instrument der Berufsorientierungspraktika ist eine attraktive Möglichkeit für junge Menschen, sich einen authentischen Eindruck von beruflichen Tätigkeiten zu verschaffen und Praxisluft zu schnuppern. Da nicht in allen Regionen alle Berufsbilder in der Praxis vorhanden sind, ist ein auswärtiges Praktikum sinnvoll. Die Angleichung der Tagessätze bei einer notwendigen Unterbringung an die bestehenden Tagessätze in der Arbeitsförderung ist nachvollziehbar (§ 48a SGB III-E), auch wenn noch keine praktischen Erfahrungen mit dem Instrument bestehen.
Dasselbe gilt für die Ermöglichung der Nachbetreuung nach Abschluss der Ausbildung, wenn zuvor ein Wechsel aus einer außerbetrieblichen in eine betriebliche Ausbildung erfolgt ist und dabei die Unterstützung durch den Bildungsträger weitergeführt wurde (§ 76 Absatz 2 Satz 8 SGB III – E). Gerade am Übergang von Ausbildung in Beschäftigung kann es wichtig sein, stabile Unterstützungsstrukturen beizubehalten.
Programmnorm zur Automatisierung und Digitalisierung darf nicht in Selbstverwaltungsrecht der BA eingreifen (§ 11 SGB III-E)
Das Ziel, Digitalisierung und Automatisierung auch in der BA voranzutreiben, ist richtig und wird von der BDA unterstützt, auch in ihrer Rolle als Mitglied in der Selbstverwaltung der BA. Die Programmnorm soll allerdings laut Gesetzesbegründung einen strategischen Impuls und strategische Zielmarken setzen. Die Festlegung der IT-Strategie als ein Teil der strategischen Gesamtausrichtung der BA ist wesentliche Aufgabe des Vorstandes der BA gemeinsam mit dem Verwaltungsrat und der Regelungskompetenz des Gesetzgebers entzogen. Dies betrifft insbesondere die Entscheidung zur Entwicklung und zum Betrieb informationstechnischer Infrastruktur (§ 11 Nr. 3 SGB III-E) verbunden mit dem Thema „Make or Buy“. Sofern Investitionsentscheidungen in informationstechnische Infrastrukturen notwendig sind, geschieht dies im Rahmen der Haushaltsaufstellung durch den Verwaltungsrat.
Die Programmnorm muss so gestaltet werden, dass sie nicht in das Selbstverwaltungsrecht der BA eingreift und Gestaltungsspielräume der BA nicht einschränkt. Die Klarstellung, dass die
Norm keine Anordnung bestimmter Rechtsfolgen oder die Begründung subjektiv-öffentlicher Rechte enthält, ist insoweit nicht ausreichend.
Eingliederungsvereinbarung nicht abschaffen – Eigenverantwortung und Verbindlichkeit im Vermittlungsprozess beibehalten (§§ 37, 38 SGB III-E)
Die Abschaffung der Eingliederungsvereinbarung und Übertragung des Kooperationsplans aus dem SGB II in das SGB III ist nicht sinnvoll. Weniger Verbindlichkeit im Vermittlungsprozess hat sich mit Einführung des Bürgergelds im SGB II gerade nicht bewährt und wird daher zu Recht gerade wieder rückabgewickelt. Ein rechtlich unverbindlicher Kooperationsplan ist im SGB II genauso wenig sinnvoll wie im SGB III.
Wenn bei jungen Menschen zukünftig bei Pflichtverletzungen keine Einstellung der Vermittlungstätigkeit mehr erfolgen und die Vermittlungssperre für die Ausbildungssuche aufgehoben werden soll, so ist dies richtig, wenn damit weiterhin konsequent das Ziel der Integration in Arbeit bzw. Ausbildung verbunden bleibt. Umso wichtiger bleibt dann aber, an der Eingliederungsvereinbarung festzuhalten.
Gründungszuschuss nicht ausweiten (§§ 93, 94 SGB III-E)
Gründungen zu fördern ist wichtig. Allerdings ist dies nicht vorrangige Aufgabe der Arbeitslosenversicherung. Sie ist allenfalls vertretbar, sofern noch eine Verknüpfung zur Arbeitslosenversicherung besteht. Diese wird durch die Reduzierung der Restanspruchsdauer weiter aufgelöst. Der § 93 SGB III-E sieht bei der Gewährung kein Ermessen mehr vor, da die Förderphasen zusammengelegt werden. Ein Nachweis der Geschäftstätigkeit ist nach den ersten Förderphase von sechs Monaten nicht mehr erforderlich, da § 94 Abs. 3 SGB III gestrichen werden soll. Es besteht dadurch die Gefahr, dass nicht tragfähige Geschäftsmodelle weiter gefördert werden. Durch die kürzere Restanspruchsdauer von 150 auf 90 Tage wird es mehr Anspruchsberechtigte geben. Der Referentenentwurf kalkuliert mit einer Steigerung der Förderanträge um ca. 10 %. Es entstehen Mehrausgaben ab 2025 in Höhe von 59 Mio. € jährlich. So viel wie für keine andere Regelung im Referentenentwurf.
Vereinfachungen und Klarstellungen bei Entgeltersatzleistungen sinnvoll (§§ 98, 153 SGB III-E)
Die vorgesehenen Vereinfachungen bei Berechnung des Arbeitslosengeldes, Qualifizierungsgeldes sowie Kurzarbeitergeldes sind sinnvoll und mindern den Bearbeitungsaufwand (§ 153 SGB III-E).
Der künftige Verzicht auf die Einbringung von Erholungsurlaub zur Vermeidung von Kurzarbeitergeld vermeidet in Zukunft Aufwände sowohl bei den Arbeitgebern als auch Arbeitsagenturen. Die Klarstellungen zum Verhältnis von Kurzarbeitergeld und Krankengeld sowie Mutterschaftsgeld sind ebenfalls sinnvoll, da sie in der Praxis immer wieder zu Fragen geführt haben.
Die Klarstellung, dass bei Aufnahme einer Beschäftigung im Anschluss an die Beendigung eines Studiums Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann (§ 98 Abs. 1 Nr. 1c SGB III-E), knüpft an die bereits bestehende Regelung für Ausbildungsbetriebe an und kann den Einstieg vom Studium in den Beruf fördern.
Von der Finanzverwaltung muss sichergestellt werden, dass rückwirkende Änderungen an Lohnsteuer-Programmablaufplänen unterbleiben bzw. Lohnsteuer-Programmablaufpläne nicht rückwirkend freigegeben werden. Die dadurch verursachten Massenrückrechnungen und Änderungen bei den KUG-Anträgen führen zu deutlichen bürokratischen Aufwänden bei den Arbeitgebern die vermeiden werden können und müssen. Ziel muss es sein, dass Arbeitgeber verlässlich den im jeweiligen Monat gültigen Lohnsteuer Programmablaufplan verwenden können und keine Rückrechnungen vornehmen müssen. Nur dies stellt eine sichere und bürokratiearme Lösung dar. So lange es aber - wie aktuell leider der Fall - bei der Freigabe neuer Lohnsteuer-Programmablaufpläne zu Verzögerungen und damit zu rückwirkenden Freigaben neuer Lohnsteuer-Programmablaufpläne kommen kann, ist die Beibehaltung des bisherigen Vorgehens, nach dem in einem Abrechnungsmonat zwei verschiedene Lohnsteuer-Programmablaufpläne parallel verwendet werden, hilfsweise notwendig um die bürokratischen Folgen bei den Arbeitgebern abzumildern.
Verstärkte Nutzung von Videotelefonie richtig – Digitalisierungsrenditen für Demografielücke nutzen
Die Änderungen beim Erreichbarkeitsrecht in Bezug auf persönliche Gespräche in den Räumen der BA in § 141 Abs. 4 SGB III-E sind sinnvoll. Die Anwendung von Videotelefonie in geeigneten Fällen ist ein wichtiger und notwendiger Schritt für mehr Digitalisierung und Automatisierung in der Arbeitslosenversicherung. Digitalisierungsrenditen müssen insbesondere für die Schließung der Demografielücke innerhalb der BA genutzt werden. Die Arbeitslosenversicherung verliert in den nächsten zehn Jahren aus demografischen Gründen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Präsenzpflicht für persönliche Gespräche ist folglich nicht zwanghaft aufrechtzuerhalten.
Streichung der Weiterbildungsförderung während Kurzarbeit vertretbar (§ 106a SGB III-E)
Die Aufhebung der Weiterbildungsförderung während Kurzarbeit (§ 106a SGB III-E) wurde in der Praxis kaum genutzt, da die Regelung zu unflexibel und in der Folge nicht praktikabel für Unternehmen ist. Der fehlende Zuschnitt auf die Weiterbildungsbedürfnisse von Unternehmen während Kurzarbeit durch langfristige Planung im Zusammenhang mit dem Mindeststundenerfordernis von mehr als 120 Stunden und der benötigten AZAV-Maßnahmezulassung machten die Nutzung dieser Möglichkeit unpraktikabel. Eine solche Regelung beizubehalten, ergibt keinen Sinn, wenn man sie offenbar nicht praxisgerecht anpassen will.
Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes einheitlich festlegen
Der Entwurf enthält keine Änderung des § 147 SGB III. Die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeldes muss wieder einheitlich auf 12 Monate festgelegt werden. Längere Bezugsdauern von Leistungen wie dem ALG I verschlechtern die Beschäftigungschancen und reduzieren Anstrengungen zur Jobsuche nachweislich.
Ansprechpartnerin:
BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Abteilung Arbeitsmarkt
T +49 30 2033-1400
arbeitsmarkt@arbeitgeber.de
Die BDA organisiert als Spitzenverband die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der gesamten deutschen Wirtschaft. Wir bündeln die Interessen von einer Million Betrieben mit rund 30,5 Millionen Beschäftigten. Diese Betriebe sind der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden verbunden.