Berufliche Weiterbildung ist ein Schlüssel für die Beschäftigungsfähigkeit jeder und jedes Einzelnen und für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Weiterbildung wird immer wichtiger, um mit den sich ständig ändernden Anforderungen – sowohl technologisch als auch organisatorisch – Schritt halten zu können. Unternehmen und Beschäftigte haben dies bereits erkannt. Mit 46,4 Milliarden Euro haben Unternehmen 2023 mehr als das Doppelte des BMBF-Haushaltes in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert. Aber auch jede und jeder Einzelne muss Verantwortung für die eigene berufliche Zukunft übernehmen. Je nach Nutzen und Interessen müssen dann Aufwand und Kosten geteilt werden. Entscheidend ist die individuelle Situation. Beschäftigte können zum Beispiel Zeit einbringen, Unternehmen Kosten übernehmen oder für die Zeit der Weiterbildung freistellen. Pauschale Regelungen, etwa in Form von gesetzlichen Weiterbildungsansprüchen oder Freistellungsregelungen, werden dem nicht gerecht.
Weiterbildungsangebote müssen praxisnah, bedarfsgerecht und anpassungsfähig sein
Berufliche Weiterbildung muss sich am konkreten Bedarf orientieren, der individuell und betriebsspezifisch sehr unterschiedlich ausfallen kann. Je praxisnäher desto erfolgversprechender sind Weiterbildungsangebote. Weiterbildungsanbieter müssen dies berücksichtigen und nah an der Praxis agieren. Zunehmend setzen sich Weiterbildungsformen durch, die unmittelbar am Arbeitsplatz ansetzen und in den Prozess der Arbeit eingebettet sind. Die fortschreitende Digitalisierung bietet hier völlig neue Optionen und flexible Lösungen. Diese Vielfalt und Flexibilität sind erforderlich, um schnell und bedarfsgerecht auf veränderte Qualifizierungserfordernisse reagieren zu können. Standardisierte Lösungen stoßen vielfach an Grenzen. Jede Form der stärkeren Regulierung und Systematisierung schränkt daher den Weiterbildungsmarkt ein. Entscheidend sind gute und praxisnahe Beratungsangebote. Diese Aufgabe können z. B. Verbundmanager im Rahmen von regionalen Weiterbildungsverbünden übernehmen, die insbesondere KMU unterstützen. Sie vernetzen regionale Akteure, identifizieren Bedarfe und entwickeln Angebote. Auch Hochschulen sind gefordert, ihr Angebot an wissenschaftlicher Weiterbildung auszubauen und konsequent an den Anforderungen der Unternehmen und Arbeitnehmer auszurichten, insbesondere auch berufsbegleitend.
Mit flexiblen Teilqualifizierungen neue Beschäftigungsperspektiven bieten
Beschäftigungsperspektiven von formal Geringqualifizierten sind deutlich eingeschränkter als von qualifizierten Fachkräften. Deshalb müssen die Anstrengungen zur abschlussorientierten Qualifizierung im Miteinander der Akteure auf dem Arbeitsmarkt fortgesetzt werden. Vor allem Teilqualifizierungen bieten einen niedrigschwelligen Zugang zu Nachqualifizierungsmaßnahmen, die konzeptionell auf einen Ausbildungsberuf ausgerichtet sind. Sie sind sowohl berufsanschlussfähig als auch abschlussorientiert. Für die Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt müssen sie anerkannten Qualitätsstandards entsprechen und bundesweiten Wiedererkennungswert besitzen. Mit der Arbeitgeberinitiative “Eine TQ besser!“ wollen die Arbeitgeberverbände Teilqualifizierungen mit hohem Qualitätsstandard entwickeln und ein bundeseinheitliches Angebot schaffen. In dem vom BMBF geförderten Projekten “ETAPP” der Bildungswerke der Wirtschaft und weiteren Projekten sollen gemeinsam bundeseinheitliche Standards für Teilqualifikationen entwickelt werden.
Starkes System der Aufstiegsfortbildung bietet Karriereweg auch außerhalb der Hochschulen
Das von den Sozialpartnern mitgestaltete Aufstiegsfortbildungssystem bietet standardisierte Qualifizierungswege, die den Bedarfen der jeweiligen Branchen entsprechen. Aufstiegsfortbildungen bieten damit auch ohne eine akademische Qualifizierung hervorragende Karriereperspektiven. Die Durchlässigkeit im Bildungssystem muss aber noch weiter verbessert werden, damit auf Abschlüsse neue Anschlüsse folgen. Dies gilt insbesondere zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung. Hierzu gehört speziell ein offener und transparenter Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte, aber auch die gegenseitige Anerkennung von im jeweils anderen System erworbenen Kompetenzen. Aber auch innerhalb der Systeme muss Anerkennung erleichtert werden z. B. mit flexiblen, niederschwelligen und berufsanschlussfähigen Weiterbildungsangeboten für An- und Ungelernte.
Rahmenbedingungen für Weiterbildung weiter verbessern
Die Verantwortung der Politik für Weiterbildung liegt vor allem in lernförderlichen Rahmenbedingungen. Dazu gehört insbesondere eine messbare Qualitätsverbesserung in der frühkindlichen Bildung und Schule sowie die Verankerung einer soliden Studien- und Berufsorientierung an allen Schulformen. Lernfähigkeit und -motivation müssen gestärkt und damit die Basis für das lebenslange Lernen gelegt werden. Defizite in der Grundbildung (Lesen, Schreiben, Rechnen und digitale Kompetenzen) wirken sich nachteilig auf den gesamten weiteren Bildungsweg aus. Arbeitgeber engagieren sich bereits im Rahmen von Projekten zur arbeitsplatzorientierten Grundbildung, um entsprechende Defizite im Nachhinein aufzufangen. Die 2019 gestartete und 2022 fortgesetzte „Nationale Weiterbildungsstrategie“ von Politik und Wirtschaft legt ihren Schwerpunkt auf die Herausforderungen der Digitalisierung und unterrepräsentierte Zielgruppen in der Weiterbildung wie z. B. Geringqualifizierte und Beschäftigte in KMU. Staatliche Regulierungsansätze mit neuen verbindlichen Qualitätsstandards, Anerkennungs- oder Mitbestimmungsorganen sowie unkonditionierte Weiterbildungsansprüche sind nicht zielführend, da sie nicht den tatsächlichen Bedarf adressieren, sondern die Innovationskraft und Flexibilität des freien und pluralen Weiterbildungsmarkt beschränken.