Zwischen Umsatzverlust und Imagegewinn - ein ambivalenter Blick auf die Pandemie


BDA AGENDA 02/21 | KOMMENTAR DER WOCHE
Thomas Dietrich, Bundesinnungsmeister, Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks 

Berlin, 20. Januar 2021. Licht und Schatten – so lässt sich der Blick unseres beschäftigungsstärksten deutschen Handwerks auf die Pandemie zusammenfassen. Die wirtschaftliche Betroffenheit ist enorm: Jedes vierte Unternehmen musste unserer Konjunktur-Umfrage zufolge seit Krisenbeginn Beschäftigte entlassen, zwei Drittel melden Umsatzeinbußen. Für Optimismus sorgt auch nicht der Jahresbeginn, der untermauert, dass die Lage angespannt bleibt. 

Die Formel für unser industrienahes Dienstleistungshandwerk lautet: Wo nicht gearbeitet wird, wird auch nicht gereinigt. Wenn ganze Wirtschaftspfeiler wie Gastgewerbe, Tourismus oder Messe wegbrechen, der Industriemotor stottert und die Home-Office-Regeln Büros leerfegen, trifft all das unser Handwerk in seinem Tätigkeitskern.  

Auf der anderen Seite hat Corona unserem Handwerk ein hohes Maß an gesellschaftlicher Wertschätzung eingebracht. Unsere Branche ist vom Gesetzgeber als systemrelevant eingestuft worden, Sauberkeit, Hygiene und Desinfektion haben dadurch Auftrieb. Unternehmen und öffentliche Hand haben verstanden, dass gute Reinigung zum Gesundheitsschutz der MitarbeiterInnen beiträgt. Gerade in sensiblen Bereichen, in Kliniken, Pflegeheimen und auf Intensivstationen haben unsere Auftraggeber verantwortlich gehandelt und Reinigungsintervalle erhöht. Schulträger und Unternehmen haben Extra-Schichten auch während des laufenden Betriebs bestellt. Für diese sog. Tagesreinigung und damit für mehr Sichtbarkeit unserer Branche kämpfen wir seit Jahren. Die Pandemie hat hier zu einem ersten Umdenken geführt.  

Zur Wertschätzung gehört Respekt für die Beschäftigten, gehören aber auch ordentliche Konditionen. Seit 2019 hat unser Handwerk einen neuen und allseits anerkannten allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag. Mitten in der Krise haben wir uns mit der IG BAU zudem auf einen dreijährigen Lohn- und Mindestlohnabschluss geeinigt. Fazit: Lohnfindung ist Angelegenheit der Arbeitgeber und Gewerkschaften – die Politik möge sich bitte raushalten! 

Was sind unsere Wünsche? Dass der Imagegewinn für unser Handwerk länger anhält als die Pandemie, dass die Impfungen konsequent vorangehen und dass die Große Koalition ihre unterm Strich vernünftige Corona-Politik fortsetzt. Was wir brauchen, ist weiterhin nicht Wahlkampf-, sondern Krisenmodus.