Gesetzliche Krankenversicherung strukturell reformieren und langfristig finanzierbar machen
Damit die Krankenversicherung – gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung und den medizinisch-technischen Fortschritt auch in Zukunft leistungsfähig und finanzierbar bleibt, brauchen wir durchgreifende und nachhaltige Strukturreformen, die sowohl auf der Finanzierungs- als auch auf der Leistungsseite ansetzen. Die in den letzten Jahren beschlossenen gesetzlichen Änderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung haben sich regelmäßig auf Einzelbereiche beschränkt und die ohnehin steigende Kostenbelastung zum Teil sogar noch verschärft. Statt langfristiger Strukturreformen hat vor allem Kurzfristdenken die Gesundheitspolitik geprägt. Dieses Stückwerk darf nicht weiter fortgesetzt werden.
Kurzfristige Maßnahmen zur Überbrückung notwendig
- Zahlung kostendeckender Beiträge für Bürgergeld-Beziehende durch den Bund
- Dynamisierung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen
- Einführung einer Beitragspflicht für mitversicherte Ehegatten
- Ausbau der Eigenbeteiligung, z. B. Eigenbeteiligung beim Arztbesuch und Dynamisierung der bisherigen Zuzahlungssätze
Kein sinnvoller Weg zur Verbesserung der Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung wäre dagegen, die Beitragsbemessungsgrenze außerordentlich anzuheben. Hierdurch würde die ohnehin schon hohe Beitragslast noch weiter erhöht und das Solidarprinzip in der Krankenversicherung überstrapaziert. Ebenso wenig sinnvoll wäre, die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung – über die Abdeckung nicht beitragsgedeckter Leistungen hinaus – durch Bundeszuschüsse zu finanzieren. Hierdurch würde die Notwendigkeit von nachhaltigen Strukturreformen der gesetzlichen Krankversicherung nur verschleiert.
Ausgabenseite
- Absenkung der Mehrwertsteuer auf 7 % für alle Krankenversicherungsleistungen
- Abschaffung der Überprüfungsbegrenzungen (Prüfquote) für Krankenhausabrechnungen
- Schließung der Investitionslücke in den Krankenhäusern durch Bund und Länder, damit dies nicht weiter über die Betriebsmittelfinanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeglichen wird
Strukturreformen in der gesetzlichen Krankenversicherung lange überfällig
Die aktuellen Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung sind hausgemacht: Anstatt dringend notwendige Strukturreformen anzugehen, hat die Politik für teure Kostensteigerungen gesorgt. Deutschland hat das teuerste Gesundheitssystem der EU, ohne dafür auch eine Spitzengesundheitsversorgung zu haben.
Dabei besteht bezüglich der notwendigen Maßnahmen kein Erkenntnisproblem. Wissenschaftler und der Sachverständigenrat Gesundheit machen seit Jahrzehnten Vorschläge für mehr Wettbewerb in der Versorgung, für eine Krankenhausreform, für die Überwindung der Sektorengrenzen sowie für die Digitalisierung im Gesundheitswesen, um so die Versorgung zu verbessern und die Effizienz im Gesundheitswesen zu steigern. Deshalb ist jetzt das Bundesgesundheitsministerium gefordert, nachhaltige und kostensenkende Strukturreformen auf den Weg zu bringen, um die vorhandenen Einsparpotenziale auszuschöpfen.
Neben Sozialbeiträgen ist die Entgeltfortzahlung ein gewaltiger Kostenpunkt für die Arbeitgeber
Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist nach wie vor die mit weitem Abstand teuerste ausschließlich vom Arbeitgeber finanzierte Sozialleistung. Nach dem aktuellen Sozialbudget beliefen sich die Entgeltfortzahlungskosten 2022 auf 58,4 Mrd. €. Hinzu kommen insbesondere noch die hierauf fälligen Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Hieraus resultieren zusätzliche Kosten von etwa 12,7 Mrd. €. Allein die Kosten für die Entgeltfortzahlung von insgesamt 71,2 Mrd. € entsprächen 4,5 Beitragssatzpunkten in der Krankenversicherung. Daneben finanzieren die Betriebe die Krankengeldzahlungen der Krankenkassen anteilig mit.