Mitbestimmung im Aufsichtsrat kann dem Wohl des Unternehmens und seiner Beschäftigten dienen. Sie muss im europäischen und internationalen Kontext zukunfstfähig gemacht werden.
Die Mitbestimmung in Deutschland basiert ursprünglich auf der Annahme eines Widerspruchs von Arbeit und Kapital, den es zumindest heute nicht mehr gibt. Das vertrauensvolle Miteinander von Arbeitgebern und Belegschaften, aber auch von Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern hat sich gerade in den letzten Jahren besonders bewährt und in vielen Bereichen hat sich eine Vertrauenspartnerschaft der Sozialpartner entwickelt. Die gesetzlichen Regeln der Mitbestimmung verharren demgegenüber in einem Rechtskorsett, das in den 1920er Jahren in Deutschland geschaffen und in den 1950er und 1970er Jahren immer fester geschnürt worden ist. Die deutsche Unternehmensmitbestimmung nimmt außerdem international eine Sonderstellung ein: Keine andere Rechtsordnung kennt so weitgehende Mitwirkungsrechte.
Mitbestimmung in Europa vielfach nicht bekannt
In den europäischen Partnerstaaten ist die Mitbestimmung auf Unternehmensebene vielfach nicht bekannt. Einige Staaten sehen alternative Formen der Mitwirkung im Aufsichtsrat oder im Verwaltungsrat der Gesellschaften vor. Das dualistische System (zwei Führungsorgane: Vorstand und Aufsichtsrat) und das in Europa weiter verbreitete monistische System (ein Führungsorgan: Verwaltungsrat) machen solche unterschiedlichen Systeme notwendig. Unabhängig von der Struktur der Leitungsorgane kennt aber keine Rechtsordnung so weitgehende Mitwirkungsmöglichkeiten und so große Anteile von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat wie das deutsche Recht. Dies hat bei der Entwicklung eines einheitlichen europäischen Kapitalgesellschaftsrechts zu großen zeitlichen Verzögerungen geführt. In Staaten in denen Mitbestimmung bekannt ist, liegt sie höchstens bei einem Drittel der Vertreter der Arbeitnehmer im Kontrollgremium der Gesellschaft. Insofern erweist sich die deutsche Mitbestimmung auch regelmäßig als Hindernis für einheitliche europäische Regelungen im Gesellschaftsrecht.
Unternehmensmitbestimmung für Vereinbarungen öffnen
Die Mitbestimmungsgesetze regeln die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat von Kapitalgesellschaften. Je nach Unternehmensgröße wird ein Drittel bis zur Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder von den Arbeitnehmern bestimmt. Europäische Regelungen zur Mitbestimmung stellen diesen Regelungen ein Verhandlungsmodell gegenüber: In der Europäischen Aktiengesellschaft kann z.B. von den Arbeitnehmern und den Unternehmen ein passgenaues Mitbestimmungsmodell ausgehandelt werden. Die Akzeptanz der Mitbestimmung auch bei ausländischen Investoren könnte durch ein solches Verhandlungsmodell gesteigert werden. Können sich Unternehmen und Arbeitnehmer nicht auf eine individuelle Lösung einigen, behält das gesetzliche Modell Geltung.
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