Psychische Gesundheit

Arbeitgeber setzen sich dafür ein, dass ihre Beschäftigten gesund, motiviert und leistungsfähig arbeiten können. Dazu gestalten sie die Arbeitsbedingungen so, dass sie körperlichen und psychischen Erkrankungen vorbeugen und die Gesundheit stärken.
Mehr Offenheit für psychische Gesundheit

Psychische Erkrankungen werden heute offener thematisiert als noch vor einigen Jahren – auch im beruflichen Umfeld. Zwar ist der Umgang mit psychischer Gesundheit noch nicht so selbstverständlich wie mit körperlichen Beschwerden, doch die gesellschaftliche Akzeptanz nimmt spürbar zu. Dazu trägt eine wachsende öffentliche Aufmerksamkeit bei, etwa durch Fachpublikationen, (soziale) Medien und Aufklärungskampagnen. Psychische Gesundheit wird enttabuisiert und rückt stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein. Auch in der Arbeitswelt wächst das Verständnis dafür, dass körperliche und seelische Gesundheit untrennbar zusammengehören.

Laut der europaweiten OSH Pulse-Befragung von 2022 gaben 58 % der Beschäftigten in Deutschland an, dass die Offenlegung einer psychischen Erkrankung keine negativen Auswirkungen auf ihre Karriere hätte – deutlich mehr als im EU-Durchschnitt (45 %). Das zeigt einen positiven Wandel, denn lange Zeit galt Offenheit in diesem Bereich vielfach als Tabu. Heute werden psychische Erkrankungen häufiger erkannt und früher behandelt.

Abbildung 1: OSH Pulse – Occupational safety and health in post-pandemic workplaces (2022)

"Die öffentliche Aufmerksamkeit für psychische Erkrankungen hat vor allem in den letzten Jahren einen enormen Zuwachs erfahren. Zum einen zeigen sich positive Auswirkungen dahingehend, dass es durch die breite öffentliche Diskussion zu einer stärkeren Sensibilisierung für das Thema kommt (…). Zum anderen verleitet dieser Zuwachs in den Kennzahlen der gesundheitlichen Versorgung aber leicht zu der Annahme, dass psychische und Verhaltensstörungen mittlerweile pandemische Ausmaße angenommen haben. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern konnten allerdings zahlreiche Studien zeigen, dass der Anteil der von psychischen Störungen Betroffenen seit mehr als einem Jahrzehnt stagniert bzw. teilweise sogar leicht rückläufig ist."

Prof. Knieps, Leiter der BKK (Vorwort BKK Gesundheitsreport, 2019)

Wie von Prof. Knieps beschrieben, zeigen viele Studien (u. a. vom Robert-Koch-Institut), dass psychische Erkrankungen in der Gesellschaft nicht zunehmen (z. B. Jacobi & Linden, 2018). Die Zahl der Diagnosen nähert sich jedoch der tatsäch­lichen Anzahl psychisch erkrankter Personen. Das Bundes­gesundheits­ministerium und die Sozial­versicherungs­träger sind daher dringend angehalten, dass Versorgungs­system weiter auszubauen, um psychisch Erkrankten besser und schneller zu helfen.

Psychische Erkrankungen können vielfältige Ursachen haben

Eine psychische Erkrankung (bzw. Störung) ist eine krankheitsbedingte Veränderung im Erleben und Verhalten mit Auswirkung auf Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Selbstwahrnehmung. Die Erkrankung muss klinisch diagnostiziert werden und ist meist verbunden mit Leiden und Behinderung des sozialen sowie beruflichen Lebens (siehe die Klassifikationssysteme für Krankheiten ICD-11 bzw. psychischer Störungen DSM-5). Arbeit ist niemals alleinige Ursache für eine psychische Erkrankung (Windemuth, 2014). 

Psychische Erkrankungen entstehen z. B. aus einem Zusammenspiel unserer Biologie wie unserer Veranlagung, sozialen Faktoren wie unser privates Umfeld und unseren Bewältigungsstrategien bei Konflikten. Typische Erkrankungen sind Depressionen, Angststörungen oder auch Alkoholabhängigkeit. Burnout ist keine psychische Erkrankung im Sinne der ICD-11, kann aber ein Vorläufer oder Begleitphänomen psychischer Störungen sein.

Welche Rolle spielt nun die Arbeit bei psychischen Erkrankungen?

Grundsätzlich hat Arbeit positive Auswirkungen auf die Gesundheit und persönliche Entwicklung. Sie bietet Sinn, Selbstvertrauen und Struktur im Alltag sowie soziale Kontakte und Anerkennung (Knieps & Pfaff, 2020; WHO, 2022). Fachgesellschaften und Patientenorganisationen (z. B. Stiftung Deutsche Depressionshilfe, 2020) bestätigen, dass Arbeit die Genesung von Depressionen fördern und vor Erkrankungen schützen kann. Allerdings können Fehlbelastungen bei der Arbeit (wie permanenter, hoher Zeitdruck oder Konflikte) Gesundheitsprobleme mitverursachen und das Risiko für das Entstehen psychischer Störungen erhöhen.

Der BKK Gesundheitsreport 2023 zeigt aber auch, dass Arbeitslose häufigere und längere krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgrund von psychischen Störungen aufweisen als Beschäftigte (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Arbeitsunfähigkeit – AU-Kennzahlen nach ausgewählten Versichertengruppen im Zeitverlauf (2012 – 2022) (Quelle: BKK Gesundheitsreport 2023)

Die Arbeitgeber nehmen die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten ernst

Psychische Gesundheit ist ein entscheidender Faktor für Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Arbeitszufriedenheit. Unternehmen haben daher ein hohes Interesse daran, psychische Belastungen frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren. Ein zentrales Instrument ist die Gefährdungsbeurteilung, bei der auch psychische Belastungsfaktoren systematisch berücksichtigt werden müssen – selbst wenn diese nicht alleinige Ursache für psychische Erkrankungen sind (siehe Abbildung 3). Mit Erfolg: Aktuelle Ergebnisse der Betriebs- und Beschäftigtenbefragung bei kleinen und mittelständischen Unternehmen zeigen einen deutlichen Anstieg der durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen, bei der auch psychische Belastung systematisch berücksichtigt wurde, auf nahezu 81 %. Allerdings besteht noch Verbesserungsbedarf etwa bei der Umsetzung von Maßnahmen (QUELLE folgt zeitnah, Veröffentlichung bald).  

Seit vielen Jahren engagieren sich die Arbeitgeber nicht nur bei der Entstigmatisierung psychischer Gesundheit, sondern auch um belastbare Kriterien für die Beurteilung psychischer Belastung bei der Arbeit zu entwickeln. Ein Meilenstein war dabei die gemeinsame Empfehlung zur Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA, siehe Abb. 3). – ein europaweit- einmaliges Bündnis von Sozialpartnern und Arbeitsschutzakteuren. Seit 2024 fließt die Empfehlung nun unter Mitwirkung der Arbeitgeber in die Erarbeitung einer staatlichen Regel zur psychischen Belastung durch den ASGA (BMAS-Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit) ein. Darüber hinaus engagieren sich Arbeitgeber in Projekten wie „Mitdenken 4.0“ der VBG, wo sie praxisnahe Informationen zu hybrider Arbeit und Erreichbarkeit erarbeiten. Die BDA unterstützt diesen Austausch durch Netzwerke und Plattformen, die den Dialog zwischen Unternehmen, Verbänden, Forschung und Praxis fördern.

Psychische Gesundheit stärken – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Psychische Gesundheit zu fördern, ist nicht Aufgabe einzelner, sondern erfordert gemeinsames Handeln. Arbeitgeber können wichtige Impulse setzen. Entscheidend für eine wirksame Unterstützung ist jedoch, dass Beschäftigte im Bedarfsfall schnell und unkompliziert professionelle Hilfe erhalten – etwa durch eine zügige Vermittlung von Therapieplätzen oder durch niedrigschwellige psychosoziale Angebote.

Es kommt auf ein gutes Zusammenspiel aller Beteiligten an: Gesundheitswesen, Betriebe, Sozialversicherung und Politik müssen Hand in Hand arbeiten. Dazu gehören eine bedarfsgerechte psychosoziale Versorgung, die Stärkung von Gesundheitskompetenz in allen Lebensbereichen und praxisnahe Unterstützungsangebote bei der Wiedereingliederung oder Rückkehr ins Berufsleben. Nur so gelingt es, psychische Gesundheit wirksam zu stärken und Teilhabe langfristig zu sichern.

Abbildung 3: Psychische Belastung, Beanspruchung und Beanspruchungsfolgen (Quelle: GDA - Arbeitsprogramm Psyche, 2022)


Zahlen und Fakten

Mit Arbeitslosigkeit gehen deutlich höhere Fehlzeiten aufgrund psychischer Störungen einher im Vergleich zur Berufstätigkeit. Arbeitslose im ALG-I-Bezug weisen im Mittel circa das 8-Fache der Fehltage für psychische Störungen der Beschäftigten auf. Quelle: BKK Gesundheitsreport 2019: Psychische Gesundheit und Arbeit.


10. Juni 2024

Psychische Gesundheit

Es ist ein zentrales Anliegen der Arbeitgeber, dass Beschäftigte motiviert und gesund in ihrem Job tätig sein können. Deshalb engagieren sich die Unternehmen, um Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie sowohl körperlichen als auch psychischen Erkrankungen vorbeugen und die Gesundheit erhalten.