Gesetzlicher Mindestlohn
Schutz der Tarifautonomie verlangt regelgebundene Anpassungen

Sozialpartner brauchen Vertrauen in die tarifautonome Lohngestaltung

Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist geprägt durch ein erfolgreiches Tarifvertragssystem. Sowohl die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015, als auch die Einmischung der Politik in die Arbeit der Mindestlohnkommission durch die außerordentliche gesetzliche Mindestlohnanhebung auf 12,00 Euro pro Stunde ab Oktober 2022 war und ist eine erhebliche Belastung dieser tarifautonomen Lohngestaltung. In beiden Fällen wurde und wird in eine Vielzahl von laufenden Tarifverträgen eingegriffen, die zuvor gemeinsam von Arbeitgebervertretern bzw. Unternehmen und Gewerkschaften vereinbart wurden. Die Anhebung 2022 ist ein besonders tiefer Vertrauensbruch gegenüber den Sozialpartnern in Deutschland.

Zwei verfassungsrechtliche Gutachten haben überzeugend dargelegt, dass es erhebliche Zweifel an dem Vorgehen der Politik gibt. Es wird nicht nur übermäßig in die Tarifautonomie eingegriffen, sondern auch das verfassungsrechtlich geschützte Vertrauen der Sozialpartner in die Fortgeltung wirksamer Tarifverträge und in die Systementscheidung des Gesetzgebers für eine quasi-tarifautonome Logik der Mindestlohnanpassung verletzt.

Unabhängige Mindestlohnkommission zum Schutz der Tarifautonomie

Mit der Einführung des Mindestlohngesetzes wurde eine unabhängige Mindestlohnkommission eingesetzt, die über die Höhe des Mindestlohns entscheidet. Die Kommission setzt sich paritätisch aus Vertretern von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften sowie zwei beratenden Mitgliedern aus der Wissenschaft zusammen. Sie entscheidet alle zwei Jahre über die Anpassung des Mindestlohns. Das ist und bleibt die zentrale Maßgabe zum Schutz der Tarifautonomie.

Gemäß der im Mindestlohngesetz festgeschrieben Kriterien, orientiert sich die Mindestlohnkommission bei der Festsetzung des Mindestlohns nachlaufend an der Tariflohnentwicklung. Zudem prüft sie im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. In den vergangenen Jahren hat die Mindestlohnkommission diese Aufgabe immer verantwortungsvoll umgesetzt. Ihre Anpassungsentscheidungen sind stets einstimmig erfolgt.

Anpassung des Mindestlohns weiterhin an Tarifentwicklung orientieren

Die Arbeitgeber appellieren daher eindringlich an den Gesetzgeber, in Zukunft von weiteren Eingriffen in die Mindestlohnfestsetzung abzusehen und in die Tarifautonomie zu vertrauen. Die Anpassungsentscheidungen durch die Mindestlohnkommission müssen künftig wieder nach der bewerten Systematik und den gesetzlich festgelegten Kriterien erfolgen. Der Tarifindex muss seine zentrale Rolle behalten bzw. wieder erlangen.

14. Oktober 2022

Mindestlohn