Pfändung von Arbeitseinkommen – Geringere Belastung für den Arbeitgeber, mehr Transparenz für den Schuldner

Der Arbeitgeber ist in besonderer Weise von Pfändungen betroffen, weil er regelmäßig über das einzig pfändbare Einkommen des Schuldners verfügt. Die Vorschriften, die die Pfändungen regeln, sind teilweise überholt und kompliziert. Auch wenn erste Reformschritte in die richtige Richtung gehen, steht eine grundlegende Vereinfachung des Pfändungsrechts weiterhin aus.

Der Arbeitgeber ist Adressat der Mehrheit aller Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse. In Großunternehmen ist es üblich, dass monatlich bis zu 2.000 Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse anfallen. Durch die Stellung als Drittschuldner treffen den Arbeitgeber Pflichten, die er erfüllen muss, obwohl er keinen Einfluss auf die Vermögensverhältnisse des Schuldners (Arbeitnehmer) hat. Die Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen ist derzeit eine komplexe und zeitintensive Aufgabe, die in der betrieblichen Praxis von Lohnabrechnungsexperten ausgeführt wird. Trotz der EDV-technischen Unterstützung müssen die Berechnungen und weitere Arbeitsschritte manuell erfolgen. Nachdem bereits in einem ersten Schritt der Kontopfändungsschutz umgestaltet wurde, steht eine Reform der übrigen Pfändungsschutzvorschriften weiterhin aus.
 
Seit dem 1. Januar 2012 ist der Kontopfändungsschutz ausschließlich über das so genannte P-Konto möglich. Jeder Kontoinhaber kann von seiner Bank verlangen, dass sein Girokonto künftig als P-Konto geführt wird. Dieses bietet dann einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe des Pfändungsfreibetrags. Der früher notwendige Weg über das Vollstreckungsgericht ist damit obsolet geworden. Diese Vereinfachung kann auch für Unternehmen einen positiven Effekt bewirken, falls Gläubiger künftig vermehrt auf eine Lohnpfändung beim Arbeitgeber verzichten und sich stattdessen direkt an den Arbeitnehmer richten.
 
Reform des Pfändungsrechts versäumt
Mit dem Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG), das im Laufe des Jahres 2021 in Kraft treten wird, sollen Praxisprobleme des Pfändungsschutzes behoben werden. Die Arbeitgeber werde durch die Gesetzesreform nicht entlastet, sondern mit neuen Nachweispflichten belastet. Durch den neuen § 903 Abs. 1 Nr. 2 ZPO werden die Arbeitgeber verpflichtet, eine Bescheinigung über die Erhöhungsbeträge des P-Kontos auszustellen. Daraus folgen weitere administrative Aufgaben sowie Haftungsrisiken, die gesetzessystematisch nicht zu begründen sind.
 
Pfändungsvorschriften modernisieren und vereinfachen
Darüber hinaus sind weitere Reformschritte notwendig: Erforderlich ist eine gesetzliche Grundlage für die Kostentragung bei Erfüllung von Drittschuldnerpflichten. Die Bearbeitung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kostet ca. 30 € pro Monat und Pfändung. Diese Kosten werden derzeit überwiegend vom Arbeitgeber getragen. Denkbar wäre eine Regelung, angelehnt an die entsprechenden Vorschriften in Österreich, nach denen ein bestimmter Prozentsatz des Pfändungsfreibetrages pauschal vom Schuldner (Arbeitnehmer) durch den Drittschuldner (Arbeitgeber) gefordert werden kann.
 
Soweit der Arbeitgeber bei der Bearbeitung einer Pfändung auf Angaben angewiesen ist, die sich aus der Lohnsteuerkarte ergeben, sollte klargestellt werden, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, die Angaben zu überprüfen, sondern dass er auf diese Angaben zurückgreifen kann.
19. November 2020

Insolvenz