Migrationsvorsorge
BDA AGENDA 21/23 | KOMMENTAR DER WOCHE | 5. Oktober 2023
Prof. Dr. med. Dagmar Braun, Geschäftsführerin Braun Beteiligungs GmbH, Projektmanagement CHEPLAPHARM Arzneimittel GmbH
Als Unternehmer-Familie steht man, wenn das Unternehmen erfolgreich am Markt agiert, auf der Sonnenseite des Lebens. Aber Glück bzw. Erfolg zu haben ist eine Einzahlung auf die „Aktiv-Seite“ des Lebens. Aber sollte jeder Mensch nicht beizeiten auch an die „Passiv-Seite“ seiner Lebensbilanz denken?
Unweigerlich kommt dann die Frage auf, welche Möglichkeiten es gibt, um sich nachhaltig sozial zu engagieren. Sehr schnell springt dabei die momentan wieder sehr akute Migrations-Problematik insbesondere aus Afrika ins Auge. Aber Flüchtlingen hier zu helfen, ist leider nur die Behandlung von Symptomen und kann nicht das Grundleiden – die Armut in den Herkunftsländern – verbessern. Solange ein Geflüchteter hier in Deutschland vom Existenz-Minimum lebt, kann er bis zu 300€ im Monat in die Heimat überweisen und mit diesem Geld einer ganzen Großfamilie das Überleben sichern. Einer der aktuellen politischen Reaktionen darauf ist der Plan, nur noch Sachleistungen an Geflüchtete auszuzahlen, um diesen Mechanismus zu unterlaufen. Aber - sollte man nicht, im Rahmen der „Passiv-Seite“ Maßnahmen ergreifen, um das Leben vor Ort in Afrika lebenswerter zu gestalten?
Als Familie aus dem Pharma-Bereich haben wir in der Savanne in Togo ein Krankenhaus gebaut. Das tägliche Einkommen in dieser Region beträgt ca. 1,5$ pro Tag. Der Klimawandel verschlechtert mit immer kürzerer Regenzeit diese Situation zunehmend. Neben der jetzt viel besseren Gesundheitsversorgung in einem Einzugsgebiet von 400.000 Menschen hat das Hospital den weiteren Effekt, dass es mit 70 Mitarbeiter*innen, die nun seit fast 3 Jahren ein stabiles verlässliches monatliches Einkommen beziehen, die Lebenssituation von ungefähr 500 Menschen stabilisiert. Nur ein kleiner Tropfen - aber ein Anfang.
Wer sich jetzt angesprochen fühlt, aber denkt, naja, das geht mit solch einer Hebelwirkung nur im Gesundheitsbereich, täuscht sich: Im Rahmen unserer Vereinsarbeit (DAZ eV in Stralsund) wurden in der Savanne in 99 Dörfern Kooperativen gegründet, die gemeinsam den Honig der Wildbienen sammeln. Durch Einrichtung einer Imkerei und den Vertrieb als „Honig der Savanne“ an die finanziell besser gestellte Bevölkerung in der Hauptstadt Lomé haben nun ca. 5.000 Personen im armen Norden Togos ein Einkommen. Auch in der Trockenzeit, gerade dann, wenn sie als Bauernfamilien nichts ernten und somit kein Geld verdienen können.
Ein weiteres Beispiel: Durch das Bohren eines Brunnens, dessen Pumpe mit Solarenergie betrieben wird, kann ein Dorf mit Trinkwasser versorgt werden. Zuvor musste das Wasser, meist von den Frauen, mühsam aus dem nächsten Wasserloch über weite Strecken transportiert werden. Und auch hier gibt es wieder einen Zusatznutzen: Unter einer großen Solarlampe entsteht der neue Dorfmittelpunkt! Wenn um 19 Uhr Dunkelheit herrscht, haben die Dorfbewohner*innen in der Regel kein Licht: Das wenige Holz wird zum Kochen benötigt, für ein Lagerfeuer gibt es in der holzarmen Savanne schon lange keine Ressourcen mehr. An der großen Solarlampe haben jetzt alle einen abendlichen Treffpunkt - und die Kinder bringen ihre Schulbücher mit und tauschen sich noch einmal aus.
Auf diese Weise kann man mit überschaubaren Finanzmitteln, aber viel Herzblut und Effizienz, einen kleinen Beitrag für die Verbesserung der Lebenssituation in Afrika leisten – und auf seine individuelle „Passivseite“ einzahlen. Vielleicht wird auf diese Weise die Welt für die nächste Generation ein wenig besser. Über Mitstreiter*innen oder Nachahmer*innen wäre ich ausgesprochen dankbar, Interessierte können gern die bestehenden Projekte unterstützen oder wir können auch gern gemeinsam neue Ideen generieren. Nähere Informationen unter https://www.daz-eu.de.