Haushaltstricks verschleppen dringende Reformen bei der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik


BDA AGENDA 16/24 | KOMMENTAR DER WOCHE | 15. August 2024

Dr. Ottilie Klein, MdB, CDU, Abgeordnete des Wahlkreises Berlin-Mitte

Als „Kunstwerk“ bezeichnete Olaf Scholz den aktuellen Haushaltsentwurf, SPD-Fraktionschef Mützenich sprach von notwendigen „Kunstgriffen“. Beim genaueren Hinsehen wird schnell klar, dass es sich wohl eher um „Zaubertricks“ handelt: So stellt die Ampel das hehre Ziel auf, im nächsten Jahr 5,5 Milliarden Euro am Bürgergeld zu sparen. Statt 50,5 Milliarden, sollen nur noch 44,95 Milliarden in die steuerfinanzierte Stütze für Arbeitslose fließen. Der Löwenanteil, nämlich 4,7 der 5,5, Milliarden soll dadurch eingespart werden, dass Menschen aus dem Bürgergeld in Arbeit kommen.

Soweit zum „Zauber“, kommen wir nun zu den „Tricks“: Um 4,7 Milliarden an Bürgergeldleistungen einzusparen, müsste die Ampel – das zeigt eine Anfrage meines Kollegen Jens Spahn – nächstes Jahr 700 000 Menschen in Arbeit vermitteln. Das letzte Mal, dass so viele Arbeitsvermittlungen stattfanden, war 2007 nach der Einführung von Hartz IV. Heute sehen wir einen gegenteiligen Trend: Die Arbeitslosigkeit wächst deutlich. Verglichen mit dem Vorjahr lag die Zahl der Arbeitslosen im Juli 2024 um 192.000 und damit ganze 7 Prozent höher. Grund dafür ist nicht nur die schlechte wirtschaftliche Lage, sondern auch das völlig fehlgeleitete Ampel-Bürgergeld. So hat Enzo Weber vom arbeitnehmernahen IAB errechnet, dass infolge der Bürgergeldreform 5,7 Prozent weniger Menschen in der Grundsicherung einen Job aufgenommen haben.

Daran werden auch die jüngsten Ankündigungen der Ampel, im Bürgergeld neue Scheinmaßnahmen in Form von längeren Pendelwegen, monatlicher Mitwirkung und härteren Sanktionen einzuführen, nichts ändern: So stellt in Zeiten des Arbeitskräftemangels gewiss nicht die örtliche Verfügbarkeit von offenen Stellen die ausschlaggebende Hürde bei der Arbeitsaufnahme dar. Auch fehlt das Personal in den Jobcentern, um mit allen Klienten monatliche Beratungsgespräche durchzuführen. Zudem wurde bereits im März von Bundesminister Heil eine „Totalsanktion“ für „Totalverweigerer“ im Bürgergeld eingeführt, welche aber bisher nicht ein einziges Mal Anwendung fand, da sie – womöglich mit Absicht – völlig impraktikabel ausgestaltet ist. Die Maßnahmen, die laut Ampel die massenhafte Arbeitsaufnahme bringen sollen, entpuppen sich somit als realitätsfremde Symbolpolitik.

Fazit: Statt echte Reformen beim Bürgergeld anzugehen, präsentiert die chronisch zerstrittene Ampel in ihrem Haushaltsentwurf Fantasiezahlen, um die fehlenden Milliarden nächstes Jahr durch einen Nachtragshaushalt wieder einzusammeln. Die Einsparungen bleiben damit Wunschdenken, die Maßnahmen Tricksereien.

Als CDU halten wir es hingegen mit Konrad Adenauers “Wir können nicht zaubern, aber arbeiten“: Mit unserer „Neuen Grundsicherung“ haben wir ein Konzept entwickelt, das das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abschafft und zu einem strengen System von Fördern und Fordern zurückkehrt. Denn für uns ist klar: Hilfe soll jenen zugutekommen, die wirklich bedürftig sind. Wer jedoch im Bürgergeld ist und arbeiten kann, muss auch arbeiten gehen.