Beitragsbelastung begrenzen – jetzt handeln!

BDA AGENDA 05/25 | KOMMENTAR DER WOCHE | 13. März 2025
Prof. Dr. Martin Werding, Mitglied des Sachverständigenrats für Wirtschaft
Die Sozialversicherungen stehen unter Druck. Die Beitragssätze steigen kontinuierlich – und das hat Folgen. Seit 2022 liegt die Beitragsbelastung über der 40-Prozent-Grenze. In diesem Jahr erreichen die Beitragssätze bereits 42 Prozent. Ohne entschlossene Reformen ist ein weiterer Anstieg unausweichlich. Das gefährdet nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, sondern auch den Arbeitsmarkt und langfristig die Finanzierbarkeit unseres Sozialstaats.
Dabei war es lange Konsens, dass die 40-Prozent-Grenze nicht überschritten werden darf. Frühere Regierungskoalitionen hatten sich dieses Ziel gesetzt – aber nur solange der demografische Wandel eine Atempause einlegte. Jetzt zeigt sich: Seit die Alterung mit den beginnenden Renteneintritten der Baby-Boomer wieder Fahrt aufnimmt, fehlt der Wille, die Beitragssätze zu begrenzen. Die Folge? Eine Dynamik nach oben, die sich immer weiter verstärkt.
Schon in den Jahren 2003 bis 2007 hatten wir eine ähnlich hohe Beitragsbelastung – und die Auswirkungen waren deutlich: Steigende Arbeitslosigkeit und sinkende wirtschaftliche Dynamik, was den Anstieg der Beitragssätze nochmals verstärkte. Entschlossene Reformen, vor allem am Arbeitsmarkt und bei der Rente, haben entscheidend dazu beigetragen, diese Situation zu überwinden. Heute stehen wir vor ähnlichen Problemen. Die Politik muss gegensteuern, bevor sich diese negativen Entwicklungen verfestigen.
Die BDA-Kommission hat ihren Bericht zur Zukunft der Sozialversicherungen aktualisiert und legt ihn erneut vor. Das Ziel: konkrete Reformvorschläge, die helfen, die Beitragssätze zu stabilisieren und den Schutz des Sozialstaats angemessen zu sichern. Der Kommissionsbericht zeigt auf, wie dies mit einer Reihe zielgenauer Maßnahmen in den einzelnen Sozialversicherungen gelingen kann.
Besonders deutlich ist der Reformbedarf in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass steigende Ausgaben dort ungebremst auf die Beitragssätze durchschlagen. Ohne ernsthafte Strukturreformen bleibt eine nachhaltige Begrenzung der Beitragsbelastung eine Illusion.
Die Lösung liegt auf dem Tisch. Nun ist der politische Wille zum Handeln gefragt. Ein weiteres Hinauszögern verbietet sich angesichts des enormen demografischen Drucks, der in den nächsten zehn Jahren rasch weiter steigt und danach langfristig nicht wieder zurückgeht.
Deutschland hat in der Vergangenheit bewiesen, dass mutige Reformen die Sozialversicherungen zukunftsfest machen können. Diese Entschlossenheit brauchen wir jetzt wieder. Die neue Bundesregierung hat die Chance, die Weichen dafür zu stellen. Die Sozialversicherungen dürfen nicht weiter auf Verschleiß gefahren werden – sonst drohen negativen Folgen für Beschäftigung, Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die Politik hat es in der Hand. Weiter abzuwarten lässt die Probleme aus dem Ruder laufen, ökonomisch und auch politisch!