Weckruf für eine neue Wirtschaftspolitik


BDA AGENDA 25/23 | KOMMENTAR DER WOCHE |30. November 2023

Folkmar Ukena, NORDMETALL-Präsident und Geschäftsführender Gesellschafter der LEDA Werk GmbH & Co. KG aus Leer

Das war heftig: Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht der Ampel-Koalition einen mindestens 60-Milliarden-Euro dicken Strich durch ihre Energie- und Klimarechnung gemacht. Das sollte ein Weckruf sein, Wirtschaftspolitik neu zu denken. Erwägt doch mittlerweile jeder fünfte Betrieb der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie, seine Produktion ins Ausland zu verlagern. Ein trauriger Höchststand in den regelmäßigen Konjunkturumfragen des Arbeitgeberverbandes NORDMETALL.

Bundeskanzler Olaf Scholz, der das Verschiebe-Manöver der Corona-Milliarden in den Klima- und Transformationsfonds noch als Finanzminister ersonnen haben soll, hat nun ein massives Problem: Für Fördermaßnahmen zur Gebäudesanierung und zum Heizungstausch oder zur Entlastung der Unternehmen in einem gewaltigen Transformationsprozess wird bald das Geld fehlen. Das könnte dramatische Folgen für unsere Industrie haben, die insbesondere auf niedrigere Energiepreise angewiesen ist.

Was also in Zeiten einer Haushaltssperre tun? Grundsätzlich gibt es in dieser Situation fünf Optionen:

  • Die 60 Milliarden Euro anderswo kürzen – hierfür bräuchte es eine mutige Überprüfung vieler Ausgaben, Subventionen und Sozialleistungen, doch bringt die Ampel dafür die politische Kraft auf?
  • Die Steuern erhöhen – in der derzeitigen Konjunkturlage wäre das Gift für die Unternehmen;
  • eine Notlage erklären und dadurch die Schuldenbremse ein weiteres Mal aushebeln – das wäre juristisch mindestens so fragwürdig wie die Umwidmung der Corona-Mittel;
  • die Schuldenbremse wieder abschaffen – dazu bräuchte es die Mitwirkung der Union. Die kämpft jedoch gerade für das Gegenteil, nämlich für Haushaltsdisziplin
  • oder neue Nebenhaushalte einrichten, sprich: Sondervermögen, wie es die Bundesregierung schon einmal mit dem 100-Milliarden-Topf für die Bundeswehr getan hat.

Vor der Frage, wo der Rotstift ansetzen sollte, muss die Frage stehen, ob der Staat überhaupt so große Summen benötigt. Hätte die Regierung die Energiekosten zuvor nicht mutwillig in die Höhe getrieben, bräuchte sie später keine Milliardenhilfen, um sie wieder künstlich zu verbilligen. Und so lange zugesagte Fördermittel gar nicht abfließen, weil die Verfahren zu bürokratisch und schwerfällig sind, brauchen die Töpfe auch nicht so stark gefüllt zu werden.

Nur einige Lösungsideen:

  • Warum nicht das Energieangebot erhöhen und den Ausbau der erneuerbaren Energien endlich massiv beschleunigen – bei den LNG-Terminals ist es ja auch geglückt?
  • Warum braucht es ein höchst umstrittenes Heizungsgesetz, wenn man durch den Emissionshandel den gleichen CO2-Einspareffekt zu einem Bruchteil der Kosten erzielt?
  • Warum nicht in Wissenschaft und Forschung investieren – in der Corona-Krise hat das schon einmal funktioniert und in kürzester Zeit einen wirksamen Impfstoff hervorgebracht?

Das Karlsruher Urteil bietet die Chance, das Klima zu schützen, ohne gleichzeitig eine Staatsschuldenkrise auszulösen. Dazu muss die Ampel-Regierung aber dem Weckruf des Verfassungsgerichts folgen und ihre falsche Wirtschaftspolitik beenden.

 

NORDMETALL ist der Arbeitgeberverband für 270 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und im nordwestlichen Niedersachsen. Dazu gehören Maschinen- und Schiffbauer, Luftfahrt- und Automobilindustrie, Stahlproduzenten oder Spezialisten aus Medizin- und Elektrotechnik. NORDMETALL spricht für eine Schlüsselindustrie des Nordens mit rund 130.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.