Grundrente - Geht’s auch einfach?
BDA AGENDA 2/23 | Thema der Woche | 26. Januar 2023
Die Forderung nach Bürokratieabbau ist fester Bestandteil von Parteitagsbeschlüssen und Grundsatzprogrammen. Bei der Gesetzgebung findet oftmals das Gegenteil statt, wie das Beispiel der Grundrente zeigt.
Alle Warnungen vor Bürokratie-GAU ignoriert
Es fehlte wahrlich nicht an Warnungen. Von Anfang an haben die Deutsche Rentenversicherung, der Normenkontrollrat und Fachleute, wie die der BDA, prophezeit, dass die Umsetzung der Grundrente zu einem Bürokratiewahnsinn führen würde. Dennoch haben das Bundesarbeitsministerium und ihm folgend der Gesetzgeber das Vorhaben durchgezogen.
Jetzt zeigt sich, dass alle Warnungen berechtigt waren und im negativen Sinne sogar noch übertroffen wurden. Es hat volle zwei Jahre gedauert, bis bei den mehr als 26 Mio. laufenden Renten geprüft war, ob ein Anspruch auf Grundrente besteht. Das lag nicht an den Rentenversicherungsträgern, die dies exakt so vorhergesagt hatten und sogar extra noch tausende zusätzliche Beschäftigte für dieses Vorhaben neu einstellen mussten. Schuld daran waren vielmehr die komplizierten gesetzlichen Vorgaben, die jedes Verständnis für effiziente Verwaltungsstrukturen vermissen ließen, so dass eine von Anfang an vollständig digitale Umsetzung nicht möglich war.
Knapp 20% Verwaltungskostenanteil!
Inzwischen lässt sich der Bürokratie-GAU der Grundrente auch in Zahlen messen: Die erwarteten Verwaltungskosten von rund 400 Mio. € im Einführungsjahr und 200 Mio. € in den Folgejahren sind tatsächlich angefallen – und dies, um Grundrentenzahlungen in Höhe von rund 1,1 Mrd. € zu leisten. Mit anderen Worten: Der laufende Verwaltungskostenanteil liegt bei der Grundrente bei knapp 20 %! Bei den üblichen Renten liegt dieser Anteil dagegen nur bei 1,3%. Es dürfte kaum eine andere staatliche Geldleistung geben, die einen so hohen Bürokratiekostenanteil hat.
Zu Recht hat der Bundesrechnungshof jetzt sehr deutliche Worte gefunden: Das Ziel einer unbürokratischen Umsetzung sei – wörtlich – „gescheitert“ und es habe keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Bedenken der Fachleute gegeben.
Bei der Grundrente lässt sich das Rad nicht mehr zurückdrehen. Wichtig ist aber jetzt, dass das Bundesarbeitsministerium aus seinem – amtlich festgestellten – Scheitern zumindest für andere Projekte lernt.
Expertenrat ernst nehmen
Das gilt gerade für die angekündigten Gesetzesvorhaben zur Arbeitszeiterfassung und zur mobilen Arbeit. In beiden Fällen kann mit falscher Regulierung dringend benötigte Flexibilität in den Betrieben zerstört werden. Der Bundesrechnungshof hat das Bundesarbeitsministerium bezogen auf den Fall der Grundrente explizit aufgefordert, Fachleuten eine angemessene Zeit für die Prüfung seiner Pläne zu lassen und Bedenken dann auch ernst zu nehmen. Dieser Rat sollte vom Bundesarbeitsministerium nun bei den anstehenden Vorhaben beherzigt werden.